Bremen nimmt bei der Armutsquote im Bundesländervergleich weiterhin eine Spitzenstellung ein, auch wenn die Zahlen zuletzt leicht rückläufig waren. Das geht aus einer Senatsantwort auf eine Anfrage der FDP-Bürgerschaftsfraktion hervor. Demnach hatten im vergangenen Jahr 28,8 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung im Zwei-Städte-Staat weniger als 60 Prozent des mittleren Nettoeinkommens zur Verfügung (aktuell 2.079 Euro), galten also als arm. Das entspricht einem Rückgang um 0,3 Prozentpunkte gegenüber 2022.
Auch im Bund ging die Armutsquote zuletzt zurück, nämlich von 16,8 auf 16,6 Prozent. Bremen liegt also weit oberhalb dieses Niveaus, und auch im Stadtstaatenvergleich markiert das kleinste Bundesland das Tabellenende. Berlin weist eine Armutsquote von 20 Prozent auf, Hamburg von 18,8. Am niedrigsten war der Anteil armer Menschen in Bayern. Über alle Altersgruppen hinweg lag der Prozentsatz dort bei 12,8.
Zwischen Bremen und Bremerhaven gibt es weiterhin ein beachtliches Wohlstandsgefälle. Während für Bremen 2023 eine Armutsquote von 27,4 Prozent ausgewiesen wird, stehen für die Seestadt 35,6 Prozent zu Buche. In den vergangenen Jahren schwankte der Abstand immer mal um zwei, drei Prozentpunkte, blieb aber beachtlich. Die aktuellen 35,6 Prozent für Bremerhaven sind ein historischer Höchststand.
Auch im Stadtstaatenvergleich hinten
Besonders ausgeprägt ist die Armut bei Kindern und Jugendlichen. Für diese Altersgruppe liegen keine nach Bremen und Bremerhaven differenzierten Zahlen vor. 2023 lebten im gesamten Bundesland 41,4 Prozent der Unter-18-Jährigen in armen Haushalten. Die gute Botschaft: Dieser Anteil ist seit 2019 Jahr für Jahr geringfügig zurückgegangen. Die schlechte: Bremen führt die Kinderarmutsstatistik trotzdem mit weitem Abstand an. In keinem anderen Bundesland ballt sich dieses Problem derartig. Berlin und Hamburg folgen mit weitem Abstand, sie liegen bei 24 Prozent.
Was unternimmt der Senat gegen das Problem? In ihrer Antwort auf die FDP-Anfrage beschreibt die Landesregierung die Instrumente, die sie seit Jahren mit überschaubarem Erfolg anwendet. Ziel sei es, die "Zukunfts- und Entwicklungschancen" von Kindern zu verbessern. Dabei spielten der Zugang zu Bildung – gerade auch im frühkindlichen Bereich – und soziale Teilhabe eine entscheidende Rolle. "Dies gelingt am besten im Sozialraum, weshalb zahlreiche Maßnahmen und Angebote in den Quartieren der beiden Stadtgemeinden unterstützt und gefördert werden", hält sich der Senat zugute. Aufgezählt werden Förderprogramme wie "Lebendige Quartiere", "Wohnen in Nachbarschaften" und das speziell auf Flüchtlingsfamilien zugeschnittene "Ankommen im Quartier". Dieses Projekt dient der Erstberatung, um Integration, Spracherwerb und Wege in Ausbildung und Arbeit aufzuzeigen.
Der Sprecher der Sozialbehörde, Bernd Schneider, benennt eine Reihe von Faktoren, die zu Bremens negativer Spitzenstellung beitragen. So leben in beiden Städten des Landes besonders viele Alleinerziehende, was an sich schon ein Armutsrisiko darstellt. Auch der Anteil an Teilzeit- und Minijobbern sowie an Zuwanderern, die noch nicht auf dem Arbeitsmarkt Fuß gefasst haben, ist deutlich überdurchschnittlich. Zugleich gibt es weiterhin eine Abwanderung einkommenstärkerer Haushalte in niedersächsische Umlandgemeinden. Die Einpendlerquote – also der Anteil auswärtiger Arbeitnehmer an der Gesamtzahl der Beschäftigten – ist über die Jahre gewachsen und liegt über 40 Prozent. In Hamburg und Berlin ist die Quote deutlich niedriger.