Es gibt in Bremen eine erfolgreiche Online-Petition gegen unerwünschte Graffitis, ein Senatskonzept gegen diese Form von Vandalismus und ein Pilotprojekt in Vegesack. "Viel Bohei, aber passiert ist kaum etwas", konstatiert Ingmar Vergau, Geschäftsführer des Eigentümervereins Haus & Grund. In dieser Woche soll deshalb ein neuer Versuch gestartet werden, dagegen vorzugehen. Michael Berthold vom Bündnis gegen Farbvandalismus knüpft daran vor allem eine Forderung: "Wir erwarten ein klares Bekenntnis der politisch Verantwortlichen, dass Bremen diese Farbschmierereien nicht will."
Bei der Polizei werden diese unter "Sachbeschädigung durch Graffiti" erfasst. Die Zahl der registrierten Straftaten schwankte in den vergangenen Jahren. Von 2018 bis 2020 stieg sie von 548 auf 844 an, sank dann bis 2022 auf 626. Für 2023 ist wieder mit einem Anstieg zu rechnen und dies "im hohen dreistelligen Bereich", gibt Polizeisprecherin Kerstin Fischer einen Ausblick auf die Polizeiliche Kriminalstatistik, die Mitte März veröffentlicht wird. Gesunken ist die Aufklärungsquote – von 20,6 Prozent (2019) auf unter zehn Prozent im vergangenen Jahr. In knapp zehn Prozent der Fälle 2023 hat der Staatsschutz ermittelt, weil es sich um Graffitis mit politischem Inhalt handelte.
Aufklärungsquote unter zehn Prozent
Dass die Aufklärung dieser Taten und deren Beseitigung Probleme bereitet, räumen Haus & Grund und das Bündnis gegen Farbvandalismus ein. "Aber dahinter darf man sich nicht verstecken", sagt Berthold. Andere große europäische Städte wie Amsterdam, Liverpool und Valencia hätten dieses Problem auch in den Griff bekommen. Ebenso Städte in Deutschland wie Freiburg, Bonn oder Braunschweig. Die hätten aber nicht nur entschieden, Farbvandalismus nicht mehr zuzulassen, sondern dies dann auch konsequent umgesetzt, berichtet Vergau. Eben diese Bereitschaft fehle in Bremen. "Wir brauchen ein städtetragendes Bündnis", fordert Vergau. Darauf würden viele Menschen in Bremen warten und die seien auch bereit, dafür Geld locker zu machen. "Aber es fehlt der sichtbare Wille des Senats."
- Dieses Graffito war erwünscht: Wie das Riesen-Graffito beim "Hidden-Treasure-Festival" 2023 entstand
Mit einer öffentlichen Podiumsdiskussion am Mittwoch, 6. März, im Haus der Handwerkskammer wollen das Bündnis gegen Farbvandalismus und der Verein Haus & Grund nun einen erneuten Impuls für konkrete Schritte gegen Farbschmierereien setzen. Zugesagt haben hierfür unter anderem Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), der Präses der Handwerkskammer, Thomas Kurzke, und der Geschäftsführer der Handelskammer, Karsten Nowak. "Die relevanten Player zusammenbringen", nennt dies Berthold.
Es gebe für dieses Problem nicht "die eine Lösung", sagt er. Vielmehr gehe es darum, viele mögliche Mosaiksteine zusammenzusetzen. Ansätze dafür gebe es reichlich, von der Einrichtung fester Ansprechpartner und einer Optimierung des Meldewesens über ganz praktische Ansätze zur Beseitigung von Farbschmierereien (Vergau: "Wir haben dafür Spezialisten in Bremen") bis hin zur Frage, wie man Gelder generieren könne, "um der klammen Stadt hierbei unter die Arme zu greifen". Nachzudenken wäre in diesem Zusammenhang auch darüber, ob und wie man Shops in Bremen einen Riegel vorschieben könnte, junge Leute geschäftsmäßig zum Sprayen zu animieren. Noch dazu mit extra schwer zu beseitigender Farbe. "Noch einmal", betont Berthold: "Andere Städte zeigen, dass es geht, statt sich hinter angeblichen Zwängen und fehlenden Finanzen zu verkriechen."
Was die Innenbehörde so nicht gelten lassen will. Im Rahmen des Konzeptes gegen Farbvandalismus seien längst Maßnahmen umgesetzt worden, sagt Behördensprecherin Karen Stroink. So habe Immobilien Bremen einen Vertrag mit einer Firma geschlossen, die sich dazu verpflichtet hat, illegale Farbschmierereien an Gebäuden und Anlagen im Eigentum von Stadt oder Landes zeitnah zu beseitigen. Auch die großen Bremer Wohnungsbaugesellschaften sorgten inzwischen dafür, Schmierereien an ihren Objekten im Bremer Westen innerhalb von zwei Wochen zu entfernen und brächten Schmierereien konsequent zur Anzeige. Die Polizei sensibilisiere und ermuntere Bürger, den Notruf zu wählen, wenn sie Sprayer beobachteten. Zudem sei die Möglichkeit, "ohne großen Aufwand" Anzeige wegen Sachbeschädigung zu erstatten, vereinfacht worden.
Auch andere Ressorts arbeiteten an diesem Thema, so Stroink weiter. So seien beispielsweise pädagogische Maßnahmen entwickelt worden, die bei Jugendstrafverfahren begleitete Arbeitsstunden zum Entfernen von Farbvandalismus ermöglichen. Und im Rahmen der Straffälligenhilfe des Vereins Hoppenbank sei es gelungen, Straffällige dafür zu gewinnen, illegale Graffiti zu entfernten.