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Platzmangel und marode Technik Warum die Bremer Uni ein Sanierungsfall ist

Die Universität Bremen genießt einen guten Ruf, die jüngsten Erfolge in der Exzellenzinitiative zeigen das. Doch den Alltag der Studenten prägen Platzmangel und eine desolate technische Infrastruktur.
28.06.2025, 05:00 Uhr
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Warum die Bremer Uni ein Sanierungsfall ist
Von Jürgen Theiner

Die Universität Bremen soll vieles sein: wissenschaftliches Aushängeschild der Hansestadt, Fachkräftereservoir für die regionale Wirtschaft, Motor des Wandels. Gemessen an anderen deutschen Hochschulstandorten waren die finanziellen Möglichkeiten immer schon gering und die Resultate umso beachtlicher, wie sich erst vor wenigen Wochen wieder bei der Exzellenzinitiative gezeigt hat. Doch immer deutlicher zeigt sich: Die bauliche und technische Substanz der Uni bröckelt bedenklich, und das Land Bremen kommt bei Sanierungsprojekten und beim Bau dringend benötigter neuer Räumlichkeiten nicht hinterher.

Woran es besonders mangelt, sind Hörsaal- und Veranstaltungsflächen. „Unsere Kapazitäten reichen kaum für den regulären Vorlesungsbetrieb. Für kleinere Kongresse oder wissenschaftliche Kolloquien fehlt uns jeglicher Platz. Wir müssen damit teilweise in die Semesterferien gehen, was alles andere als ideal ist“, sagt Kanzlerin Frauke Meyer, die Verwaltungschefin der Uni.

Dieser Mangel sollte eigentlich längst behoben sein. 2013/14 hatte man mit der Planung eines neuen Hörsaal- und Veranstaltungszentrums (HVZ) begonnen. 2020 erhielt ein Schweizer Architektenbüro den Zuschlag. Doch dann kamen nacheinander Corona und die Ukraine-Krise und in ihrem Gefolge eine Kostenexplosion bei Baustoffen. Als das ursprünglich mit 68 Millionen Euro kalkulierte Gebäude in der konkreten Ausführungsplanung die 100-Millionen-Grenze riss, zog das Wissenschaftsressort 2023 die Notbremse. Das Projekt wurde verworfen.

Auf der Suche nach Alternativen gab die Uni eine Machbarkeitsstudie zur Umgestaltung von Flächen des ehemaligen Sport-Studiengangs in Auftrag. Das Gutachten liegt inzwischen vor. Demnach erscheint eine Umnutzung des Sportturms, der alten Sporthallen und des Unibades machbar. In der Hülle dieser Siebzigerjahre-Bauten könnten Hörsäle und Veranstaltungsflächen entstehen, die „graue Energie“ der vorhandenen Substanz bliebe erhalten.

Kostenpunkt nach heutigem Stand: rund 108 Millionen Euro. Ergänzt um ein sogenanntes Studierenden-Servicecenter, das ebenfalls dringend gebraucht wird, wären für das Gesamtprojekt rund 142 Millionen Euro zu veranschlagen. Auf der Basis der Machbarkeitsstudie könnte man nach Frauke Meyers Einschätzung sofort in die Planung neuer Veranstaltungsflächen einsteigen. Allerdings nur in der Theorie. „Ich sehe überhaupt nicht, dass wir dafür eine Finanzierung bekämen“, seufzt die Kanzlerin. Der reguläre Wissenschaftsetat des Landes für die nächsten Jahre gebe eine solche Investition nicht her. Dort ist 2026/27 zwar Mehrbedarf im zweistelligen Millionenbereich berücksichtigt. Doch diese Mittel werden überwiegend in Zuschüsse an Forschungsinstitute und Aufwendungen für die Exzellenzbereiche fließen.

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Vor diesem Hintergrund ist man in der Wissenschaftsbehörde schon länger überzeugt: Für eine grundlegende Instandsetzung des Gebäudebestandes und notwendige Neubauten braucht es einen Sondertopf. Anfang des Jahres schienen sich Pläne für eine kreditgespeiste Hochschulbaugesellschaft zu konkretisieren, die Sanierungsprojekte und strategische Neubauten in Angriff nimmt.

Doch davon ist nicht mehr viel zu hören. Stattdessen richtet sich der Blick jetzt auf das vom Bund geplante Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität. Auch die Länder sollen von diesem Milliardenpaket profitieren. Bis allerdings klar ist, wie hoch der Bremer Anteil ausfällt und wann er haushaltswirksam zur Verfügung steht, dürfte noch einige Zeit vergehen. Zeit, die Frauke Meyer nicht hat, denn sie steht im bundesweiten und auch internationalen Wettbewerb um Studenten und Wissenschaftler, die anderswo bessere Bedingungen vorfinden.

Das gilt insbesondere für die technische Infrastruktur auf dem Campus. Sie ist in großen Teilen regelrecht museal. „Wir haben jeden Monat eine Havarie, die Schaltschränke klappen regelrecht zusammen“, sagt die Kanzlerin. Die Folgen tragen Wissenschaftlerinnen wie Petra Swiderek. Die Chemie-Professorin betreibt mit ihrer Forschungsgruppe mehrere Apparaturen mit extremen Vakuumbedingungen. Bei Stromausfällen, wie sie immer wieder vorkommen, werden die Geräte belüftet. Dann dauere es Wochen, bis restliches Wasser aus der Luftfeuchtigkeit so weit abgepumpt ist, dass es die Untersuchungen nicht mehr stört, berichtet die Wissenschaftlerin.

Zudem beschädigen Spannungsabfälle oder -spitzen immer wieder Komponenten von Anlagen, deren Ersatzbeschaffung dann Wochen oder gar Monate dauert. In der Folge verzögern sich Forschungsarbeiten oder Promotionen, „Abschlussarbeiten müssen verschoben oder spontan umdisponiert werden“, beklagt die Professorin.

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