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Zukunft der Bremer Landesbank „Unruhe tut dem Geschäft nicht gut“

Mit der bevorstehenden Übernahme durch die NordLB droht die BLB die Zuständigkeit für Geschäftsbereiche wie Schiffsfinanzierung zu verlieren. Das sagt Niedersachsens Finanzminister im Interview.
07.12.2016, 22:28 Uhr
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„Unruhe tut dem Geschäft nicht gut“
Von Peter Mlodoch

Mit der bevorstehenden Übernahme durch die NordLB droht die BLB die Zuständigkeit für Geschäftsbereiche wie Schiffsfinanzierung zu verlieren. Das jedenfalls sagt Niedersachsens Finanzminister — und NordLB-Aufsichtsratschef — Peter-Jürgen Schneider im Interview.

Herr Schneider, am Freitag tagt der Aufsichtsrat der Norddeutschen Landesbank. Wenn die NordLB die Bremer Landesbank komplett übernimmt, übernehmen Sie als NordLB-Aufsichtsratschef dann auch den Vorsitz im Kontrollgremium der BLB?

Schneider: Nein. Die NordLB ist schon bisher der stärkste Träger der BLB; nun soll zum Januar die Trägerschaft zu 100 Prozent übernommen werden. Die volle Verantwortung liegt dann beim Vorstand der NordLB, der dort also auch die entscheidenden Posten im Aufsichtsrat besetzen wird – so wie dies bei Tochtergesellschaften üblich ist.

Und wie sieht das Gremium dann konkret aus?

Es ist vereinbart, dass das Land Bremen einen Sitz im Aufsichtsrat besetzen, also einen entsprechenden Vorschlag machen wird. Und es ist vereinbart, dass dies auch für die beiden großen Träger der NordLB, also für den Sparkassenverband und das Land Niedersachsen, gilt. Insgesamt soll der BLB-Aufsichtsrat von jetzt 18 auf zwölf Mitglieder verkleinert werden. Vier davon sind Arbeitnehmervertreter. Von den verbleibenden acht sind drei Sitze wie eben erläutert zu besetzen. Die anderen fünf Mitglieder wird die NordLB bestimmen.

Es ist demnach ausgeschlossen, dass Sie selbst Vorsitzender werden.

So ist es.

Und der Vorsitz geht auch nicht nach Bremen.

Das ist ebenfalls ausgeschlossen. Die Entscheidung über den Vorsitz muss beim Vorstand der NordLB liegen. Denn der hat die Verantwortung.

Vor diesen Personalfragen steht noch der Staatsvertrag zwischen den Ländern Bremen und Niedersachsen. Wie weit ist dieser gediehen?

Der Staatsvertrag wird in der nächsten Woche sowohl in Bremen als auch in Niedersachsen mit ganz hoher Wahrscheinlichkeit in der Bürgerschaft beziehungsweise im Landtag bestätigt werden. Die zuständigen Ausschüsse in beiden Parlamenten haben bereits positiv votiert.

Es wurde immer und insbesondere in Bremen kritisiert, dass dieser Staatsvertrag keine Klausel zur Beschäftigungssicherung enthält.

Das ist ein falsches Verständnis dessen, was Staatsverträge regeln können. Die Frage der Beschäftigungssicherung ist Sache des Konzerns NordLB, aber nicht der Länder. Wir sind gar nicht in der Lage, entsprechende Garantien auszusprechen.

Wie viele der Jobs bei der BLB stehen dann auf der Kippe. Sind es die befürchteten 20 Prozent?

Es gibt noch keine genauen Zahlen über einen möglichen Abbau bei den rund 800 BLB-Arbeitsplätzen in Bremen und den rund 300 in Oldenburg. Aber der relativ hohe Kaufpreis, den die NordLB jetzt nach harten Verhandlungen für die BLB-Anteile zu zahlen bereit ist, lässt sich überhaupt nur rechtfertigen, wenn entsprechende Synergien gehoben, also Kosten eingespart werden.

Hoher Kaufpreis? Das ist sicher die niedersächsische Sicht. In Bremen fühlt sich dagegen doch so mancher über den Tisch gezogen.

Die Bremer Finanzsenatorin hat gut verhandelt, was den Preis angeht.

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Wirklich?

Ja, gemessen am aktuellen Zustand und den künftigen Aussichten ist der Preis an der Grenze und nur durch die beabsichtigten Kostensenkungen zu vertreten.

Noch mal zu den Arbeitsplätzen. Die jüngsten Zahlen bei den faulen Schiffskrediten zeichnen ein noch düstereres Bild. Sind die in der Vergangenheit genannten 15 bis 20 Prozent überhaupt noch realistisch, droht nicht ein noch viel größerer Jobverlust?

Noch mal: Das waren sehr grobe Schätzungen. Genaue Festlegungen gibt es derzeit nicht. Es existiert bereits ein Plan des Vorstandes der BLB aus der Vergangenheit, wonach rund 100 Vollzeitstellen wegfallen sollen. Dieser Plan muss nun überarbeitet werden.

Gilt denn noch die Absichtserklärung, dass betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sind?

Es ist erklärt worden, dass ein Arbeitsplatzabbau sozial verträglich erfolgen soll. Und dabei bleibt es auch. Wir reden hier im Übrigen über die gesamte Gruppe, also nicht nur über Bremen und Oldenburg, sondern auch über Hannover, wo ebenfalls Jobs betroffen sein könnten. Jetzt steht zunächst eine Neuorganisation an. Wir haben mit der NordLB eine große und mit der BLB eine kleine Landesbank jeweils mit einem vergleichbaren Aufgabenspektrum. Die gilt es so umzubauen, dass wir die vorhandenen Überschneidungen weitgehend abbauen.

Sie legen also die doppelten Bereiche zusammen. Welche Geschäftsfelder bleiben in Bremen, welche gehen nach Hannover?

Die NordLB und die BLB haben eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich paritätisch aus Mitarbeitern beider Banken zusammensetzt. Diese muss viele Detailfragen erörtern. Die Bremer Landesbank verfügt beispielsweise über eine sehr gute regionale Stellung – sowohl bei Unternehmen als auch im Privatkundengeschäft. Dieser gute Ruf und die guten Kontakte sollen ausgebaut werden. Für die bisherigen Kunden in Bremen ändert sich hier nichts. Auf der anderen Seite liegt es nahe, die Verantwortung für Spezialfinanzierungen wie Schiffe, insbesondere wenn es um internationale Geschäfte geht, bei der NordLB zu konzentrieren. In diese grobe Richtung könnte es gehen. Daran wird jetzt mit Hochdruck zu arbeiten sein.

Das heißt, das extrem schwierige Geschäft der Schiffsfinanzierungen übernimmt voll die NordLB?

Die Mitarbeiter würden dann weitgehend dortbleiben, wo sie sind. Es wird aber die Entscheidungsebene jeweils an den einzelnen Standorten konzentriert. Das ist die Grundidee.

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Zählen zu den Spezialfinanzierungen, die Hannover übernimmt, auch die erneuerbaren Energien? Hier ist doch die BLB ganz gut aufgestellt.

Es macht einen Unterschied, ob ich über Standard-Windparks onshore rede oder über die milliardenschweren Offshore-Parks. Und es macht auch einen Unterschied, ob ich über Windparks in Kanada rede oder in Ostfriesland. Grundsätzlich wird das internationale Geschäft wohl eher bei der NordLB zu konzentrieren sein. Das gehört aber noch zu den zu klärenden Detailfragen.

Der in der vergangenen Woche abgeschlossene Beherrschungsvertrag hat in Bremen noch mal für Aufregung gesorgt. Regiert Hannover jetzt in die Hansestadt durch?

Das ganze Vorhaben zielt darauf, die Bremer Landesbank unter den Kapitalschirm der NordLB-Gesamtgruppe zu bringen. Dazu wird ein sogenannter Waiver beantragt werden. Das geht erst nach der Übernahme. Dieser Waiver, mit dem die Europäische Zentralbank gewisse Erleichterungen bei den Eigenkapitalanforderungen einräumt, ist aber an bestimmte Voraussetzungen gekoppelt, nämlich daran, dass die NordLB eine sogenannte harte Patronatserklärung abgibt. Also ihre Bereitschaft erklärt, vollständig für die Verbindlichkeiten der BLB einzutreten. Und daraus ergibt sich praktisch zwangsläufig, dass der Vorstand der NordLB auch ein Weisungsrecht erhält. Das ist der sogenannte Beherrschungsvertrag – ein auch in anderen Konzernen völlig übliches Verfahren. In einfachen Worten: Wenn ich für Verbindlichkeiten geradestehen muss, muss ich doch auch ein entscheidendes Wörtchen mitreden können – das ist doch logisch. Waiver, Patronatserklärung und Beherrschungsvertrag sind notwendige Teile des Vorgangs. Dies war und ist den Kennern der Materie seit Monaten bekannt, ist also auch keine Überraschung.

Ist das gewählte Konstrukt angesichts neuer finanzieller Hiobsbotschaften denn ein Modell für die Ewigkeit oder wenigstens für die nächsten 20 Jahre?

Das kann natürlich keiner garantieren. Die vollständige Integration der BLB in den NordLB-Konzern ist aber notwendig, um Synergien in erheblichem Umfang zu erzielen. Dafür machen wir uns auf den Weg. Wir stehen aber ganz am Anfang. Die jetzt eingesetzte Arbeitsgruppe muss aus meiner Sicht im Frühjahr sagen, wohin die Reise geht. Wir können da nicht weiter Unruhe in Bremen und in der Belegschaft gebrauchen. Das tut niemanden gut. Und das tut dem Geschäft nicht gut.

Sind die Ängste vor einer Bad Bank, einem wertlosen Institut für Schrottfinanzen, vom Tisch?

Eine solche Lösung sollte ja gerade verhindert werden. Darum haben wir diese Rettungsaktion, die keineswegs eine feindliche Übernahme ist, gestartet. Jetzt müssen wir sie auch gemeinsam zum Erfolg führen.

Das Interview führte Peter Mlodoch.

Zur Person

Peter-Jürgen Schneider wurde 1947 in Salzgitter geboren. Der SPD-Politiker ist ausgebildeter Elektromechaniker und seit 1966 Parteimitglied. Seit Februar 2013 ist Schneider Finanzminister im Kabinett von Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.
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