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Deichbauer wollen genaues Bild Weserufer in der Bremer Neustadt wird durchleuchtet

Der Neubau des Deichs am Neustädter Weserufer wirft seine Schatten voraus. Aktuell wird das Gewirr von Leitungen im Untergrund mit Suchschächten durchleuchtet.
10.06.2024, 05:34 Uhr
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Weserufer in der Bremer Neustadt wird durchleuchtet
Von Jürgen Theiner

Beginnt die Umweltbehörde schon mit ersten Maßnahmen für die Neugestaltung des Deiches auf der linken Weserseite? Spaziergänger, die an der Uferstraße „Am Deich“ unterwegs sind, könnten diesen Eindruck gewinnen. Über eine Strecke von mehreren Hundert Metern haben Bauarbeiter zwischen der Platanenreihe und der Straße diverse Schächte ausgehoben, in denen man nun eine Vielzahl von Leitungen erkennen kann. Geht es also bald schon los mit der Fällung der Bäume und dem Neubau des Deiches zwischen Eisenbahnbrücke und Piepe?

Nein. So weit sind die Planer noch gar nicht, und auch die rechtlichen Grundlagen müssen erst noch geschaffen werden. Vor 2028 tut sich da nichts. Gleichwohl erkundet die Umweltbehörde im Vorfeld, wie das Erdreich im Bereich des Deichs beschaffen ist und was im Untergrund schlummert. Was jetzt passiert, sind also gewissermaßen erst die Vorbereitungen der Vorbereitungen.

Was hat es mit den Schächten auf sich?

Bauarbeiter haben in den vergangenen Wochen sogenannte Suchschachtungen vorgenommen. Sie gelten den diversen Leitungen, die im Boden verlaufen. Und das sind mehr, als man denkt. Am Deich verlaufen unter anderem diverse Kabel von Telekommunikationsunternehmen, eine Stromleitung, Gas- und Wasserrohre, eine Datenleitung des Wasser- und Schifffahrtsamtes und eine Brauwasser-Pipeline von Beck’s. Theoretisch müssten die Verläufe alle fein säuberlich in irgendwelchen vergilbten Plänen oder – im günstigsten Fall – auch schon in digitalen Katastern verzeichnet sein. Doch in der Praxis kommt es zu teils erheblichen Abweichungen, weil die Tiefbauer in früheren Jahrzehnten auch mal Fünfe gerade sein ließen und die Leitungen anders verlegten, als es in den Zeichnungen vorgesehen war. Bevor der Deich gegen Ende des Jahrzehnts komplett neu gebaut wird, brauchen die Planer deshalb Klarheit. „Wir wollen vor einem Bauvorhaben dieser Größenordnung nicht vor solchen Unwägbarkeiten stehen“, sagt Hauke Krebs von der Stabsstelle Deichbau Stadtstrecke in der Umweltbehörde.

Gibt es weitere Erkenntnisse?

Aus Sicht der Umweltbehörde haben die Suchschachtungen die Mängel des bisherigen Deiches, der eher ein historisches Hochufer darstellt als eine Deichanlage im heutigen Sinne, nochmals bestätigt. Die Bodenbeschaffenheit ist nicht gut. Der Untergrund besteht überwiegend aus zusammengeschobenem Schutt, der schnell durchspült wird, was sich im Fall eines außergewöhnlichen Hochwassers entsprechend auf die Standfestigkeit der Platanen auswirken kann. Zutage kamen auch röhrenartige Gebilde im Erdreich. Sie haben sich offenbar aus verrotteten Baumwurzeln gebildet. In Verbindung mit dem verdichteten und verklebten Boden formten die Rinden dieser Wurzeln stabile Röhren im Untergrund. Würde Wasser in sie eindringen, könnte dies zu einem noch schnelleren Durchspülen des Deichs führen.

Wie sieht der Zeitplan für den Deichbau aus?

Nachdem der Bremische Staatsgerichtshof im März das von der Bürgerinitiative „Platanen am Deich“ angestrebte Volksbegehren für ein alternatives Hochwasserschutzkonzept samt Erhalt der Platanen verwarf, kann die Umweltbehörde ihre Umbaupläne nun vorantreiben. Sie sehen vor, den vorhandenen Deich mit der Baumreihe durch eine Konstruktion aus zwei unterschiedlich hohen Hochwasserschutzwänden zu ersetzen. Dadurch würde eine terrassenartige Anlage mit eingefügten Stufen und einer Promenade auf der oberen Ebene entstehen. Neue Bäume sollen die Platanen ersetzen. Aktuell entstehen eine Entwurfsplanung und weitere Gutachten für das Projekt. Eine genehmigungsreife Planung soll Anfang 2026 vorliegen. Daran würde sich das Planfeststellungsverfahren anschließen. Ende: voraussichtlich Mitte 2027. Teilweise parallel zum Planfeststellungsverfahren wird die Umweltbehörde bereits die Auftragsvergabe vorbereiten. Der in drei Abschnitte untergliederte Bau der neuen Deichanlage könnte dann Anfang 2028 beginnen. 2034 soll sie fertig sein. Nicht auszuschließen ist allerdings, dass Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss das Vorhaben zeitlich zurückwerfen.

Was kostet das Projekt?

Der Neubau der 1766 Meter langen Stadtstrecke ist ein Mammutprojekt, das in jedem Fall einen hohen zweistelligen Millionenbetrag verschlingen wird. 2017 war das finanzielle Volumen auf rund 36 Millionen Euro geschätzt worden. Zwischenzeitlich hat sich allerdings bei den Baukosten eine Menge getan, ihre Entwicklung lag sogar oberhalb der ohnehin hohen allgemeinen Inflationsrate. „Wir werden Ende des Jahres unsere Kostenschätzung überarbeiten“, kündigt Hauke Krebs an. Bremen wird die Mittel nicht allein aufbringen müssen. Die Stadtstrecke ist ein Teil des Generalplans Küstenschutz, der eine Erhöhung der Deichlinie entlang der gesamten Küste und der Unterläufe der großen Flüsse vorsieht. Der Bund beteiligt sich deshalb mit 70 Prozent der Kosten.

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