Der Paritätische Wohlfahrtsverband, die Diakonie und die Arbeiterwohlfahrt (Awo) warnen angesichts der geplanten Kürzungen im nächsten Bundeshaushalt vor einem Zusammenbruch sozialer Infrastrukturen. Das betrifft soziale Angebote wie Beratungsstellen der Familien- und Jugendhilfe, die Schuldnerberatungen und Wohnungslosenhilfen, aber auch Pflegeeinrichtungen, Eingliederungshilfen oder die Unterstützung von Migranten.
Die Warnung der drei Verbände ist die Konsequenz aus dem, wie es heißt, „erschütternden Befund“ einer gemeinsamen bundesweiten Umfrage. Deutschlandweit haben sich mehr als 2700 gemeinnützige Organisationen und Einrichtungen aus dem gesamten Spektrum sozialer Arbeit daran beteiligt, im Land Bremen waren es 44 gemeinnützige Organisationen. Demnach mussten vielerorts jetzt schon Angebote und Hilfen eingeschränkt oder ganz eingestellt werden.
Das betrifft laut der Erhebung allein im Bundesland Bremen bereits fast 40 Prozent der befragten Organisationen und Einrichtungen. In der Beratung gebe es nun eingeschränkte Öffnungszeiten, erstmalig mussten einige Angebote sogar Schließtage einführen. Auch für die Zukunft befürchten rund zwei Drittel der Befragten in Bremen deutliche Einschnitte. Werden Zuwendungen gekürzt und Kassenleistungen reduziert, fallen in vielen sozialen Bereichen wichtige Angebote für Kinder, ältere oder behinderte Menschen und bedürftige Personen weg. Hauptgrund sei zumeist fehlendes Personal, weil es durch die Mittelkürzungen nicht mehr marktüblich bezahlt werden könne.
Schlechte Zahlungsmoral der Sozialämter
Eine gemeinnützige Pflegeorganisation beklagt zudem die schlechte Zahlungsmoral der Kostenträger, insbesondere der Sozialämter. Außerdem würden bei Begutachtungen durch das Gesundheitsamt immer weniger Umfänge genehmigt oder Kostenübernahmen radikal gekürzt. „Zusammen mit den Lohnsteigerungen durch den Tarifvertrag steuern wir auf defizitäre Strukturen hin“, lautet das Fazit. Mehrere paritätische Kita-Träger befürchten, dass sie komplette Gruppen schließen müssen, was sich direkt auf zahlreiche Familien auswirken würde.
Da Systeme oft ineinandergreifen, rechnet eine Organisation mit „massiven Engpässen in der Versorgung von Menschen mit besonderen Hilfebedarfen“. Das System werde „platzen“ und Mitarbeiter sowie Hilfesuchende würden die Leidtragenden sein. Einige der Befragten bezeichnen die Sozialkürzungen als akute Bedrohung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Das sei alles Wasser auf die Mühlen rechtsradikaler und populistischer Parteien. „Wer in Zeiten großer Unsicherheit unseren ohnehin schon durch Pandemie, Inflation und Fachkräftemangel geplagten sozialen Organisationen die Gelder kürzt, handelt nicht nur unsozial, sondern auch unwirtschaftlich. Armut und Ungleichheit werden zunehmen, politische Konflikte befördert und am Ende werden die Summen ungleich höher sein, um die Folgen aufzufangen“, kommentiert Birgit Pfeiffer, Vorständin des Paritätischen in Bremen.