Nach der Entscheidung des Arcelor-Mittal-Konzerns gegen den klimaneutralen Umbau der Produktion am Bremer Standort will die Werksleitung den Dialog mit der Politik offenbar nicht abreißen lassen. Hüttenchef Rainer Böse hat für Donnerstag die Vorsitzenden der Bürgerschaftsfraktionen von SPD, Grünen, Linken, CDU und FDP zu einem Gespräch in der Hauptverwaltung an der Carl-Benz-Straße eingeladen. Böse und weitere Unternehmensvertreter wollen sich mit den Parlamentariern "über die aktuelle Situation und die daraus entstehenden Herausforderungen" austauschen, wie es in dem Einladungsschreiben heißt, das dem WESER-KURIER vorliegt. Man werde dabei deutlich machen, dass die vorläufige Absage an milliardenschwere Dekarbonisierungsprojekte keinen Stillstand für das Bremer Werk bedeutet. Es werde weiter "in erheblichem Umfang" investiert.
Unterdessen hat sich am Dienstag der Klima-Controllingausschuss der Bürgerschaft mit den Folgen der Absage der Arcelor-Konzernspitze an die Zukunftsinvestitionen beschäftigt. Das Gremium überwacht die Fortschritte bei der Umsetzung der Bremer Klimaschutzstrategie, deren Ziel es ist, die Treibhausgasemissionen bis 2038 nahezu auf null abzusenken. Die Hütte steht gegenwärtig für rund die Hälfte der klimabelastenden Emissionen im Land Bremen. Die Entscheidung von Arcelor gegen einen umweltgerechten Umbau der Produktion bleibe natürlich nicht ohne Konsequenzen auf die Bremer Klimaziele, machte Umwelt-Staatsrat Jan Fries deutlich. Zusätzliche CO2-Einsparungen in anderen Bereichen wie Verkehr oder Gebäudeemissionen könnten die Stagnation bei Arcelor nicht kompensieren. Trotzdem gelte: "Jede Tonne eingespartes CO2 ist gut." Der Senat stelle seine Klimaschutzbemühungen nicht ein, nur weil der Beitrag des Stahlwerks fraglich geworden ist.
Klimaschutz-Aktionsplan vom Senat beschlossen
In der Diskussion forderte Piet Leidreiter (Bündnis Deutschland) den Senat und die rot-grün-rote Koalition auf, dem Erhalt der Arbeitsplätze auf der Hütte Vorrang vor klimapolitischen Belangen zu geben. Wirtschaftsstaatsrätin Maike Frese trat dieser Vorstellung entgegen. Die konventionelle Produktion von Stahl werde ökonomisch bald an ihre Grenzen stoßen – dann nämlich, wenn die europäisch geregelte CO2-Bepreisung den Ausstoß von Treibhausgas im Produktionsprozess so teuer macht, dass der erzeugte Stahl nicht mehr konkurrenzfähig ist. Das Stahlwerk brauche also die ökologische Transformation, gerade weil dies der Weg zu langfristig sicheren Arbeitsplätzen sei.
Ökologische Transformation ist auch das Stichwort beim Aktionsplan Klimaschutz, den der Senat am Dienstag in einer überarbeiteten Form beschlossen hat. Die Zahl der ursprünglich über 400 Projekte wurde auf 245 reduziert. Substanziell gebe es keine Abstriche, einige Maßnahmen seien neu gebündelt worden, hieß es von der Verwaltung im Klima-Controllingausschuss. Insgesamt bleibt es bei den vier ursprünglichen inhaltlichen Schwerpunkten Wärmewende, klimafreundliche Mobilität, Sanierung öffentlicher Gebäude und Wirtschaft ohne fossile Brennstoffe. So sieht der Aktionsplan im Sektor Verkehr beispielsweise den Ausbau der E-Mobilität vor. Der öffentliche Nahverkehr soll gestärkt, das Radwegenetz ausgebaut werden.
Bei der umweltfreundlichen Wärmeversorgung setzt der Senat auf die eingeleitete kommunale Wärmeplanung, die den Ausbau von Fernwärmeleitungen, aber auch die Förderung sogenannter kalter Nahwärmenetze – etwa auf der Basis von Geothermie – vorsieht. Alle Maßnahmen zum Umsetzungsstand des Aktionsplans Klimaschutz sind online abrufbar unter aktionsplanklima.bremen.de. Aus Sicht von Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf (Grüne) geht der Senat mit dem Aktionsplan "auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft konsequent voran". Die CDU-Bürgerschaftsfraktion teilt diesen Eindruck nicht. Der Plan sei eine Mogelpackung, sagt ihr stellvertretender Vorsitzender Martin Michalik. So würden bereits abgeschlossene Projekte wie der Ausstieg aus der Kohleverstromung "wieder aufgewärmt und als neue Errungenschaft verkauft", kritisiert der Christdemokrat.