Fragt man Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), wie es um die Bekämpfung der Kriminalität in Bremen und den hohen Anteil von Tatverdächtigen ausländischer Herkunft aussieht, fällt die Antwort ernüchternd aus: Natürlich werde man weiter konsequent und mit allen Kräften der Polizei gegen Kriminelle vorgehen. Und ja, auch die Sonderkommission "Junge Räuber" werde es weiterhin geben, trotz der 29 bereits erwirkten Haftbefehle. Am Ende aber bekämpfe man trotzdem nur Symptome, nicht die Ursachen, so Mäurer am Montag im Gespräch mit dem WESER-KURIER. Es spreche viel dafür, dass sich die derzeitige Kriminalitätsentwicklung 2024 fortsetzen, wenn nicht sogar verschärfen werde.
Mäurer kennt natürlich die Zahlen der unlängst veröffentlichen polizeilichen Kriminalstatistiken auf Ebene von Bund und Ländern. Weiß etwa um den überdurchschnittlichen Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger bei der Gewaltkriminalität, der im vergangenen Jahr in der Stadt Bremen bei 51 Prozent lag, gegenüber 41,5 Prozent im Bundesgebiet. Oder um den Anteil von nichtdeutschen Tatverdächtigen beim Diebstahl (55 Prozent) und Raub (60 Prozent).
"Programm für die nächsten 100 Jahre"
Doch von markigen Forderungen nach mehr Abschiebungen hält er nichts. "Das wir dieses Problem durch Rückführungen lösen, ist doch nur Legende", sagt Mäurer. "Jedes Jahr wandern Hunderttausende nach Deutschland ein. 2023 wurden aber nur 16.000 Personen aus der Bundesrepublik abgeschoben. Wenn man also in diesem Tempo weiterarbeitet, hat man ein Programm für die nächsten 100 Jahre."
Für Bremens Innensenator tragen vor allem zwei Faktoren zu dem jüngsten Anstieg von Kriminalität bei. Einerseits die sozioökonomischen Bedingungen, unter denen die Menschen lebten. Es gebe einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Wirtschaftslage und Kriminalität. "Fast 50 Prozent aller Straftaten sind Eigentums- und Vermögensdelikte." Bremen verzeichne im Zeitraum von 2021 auf 2022 einen Anstieg der Armutsquote von 28,2 auf 29,1 Prozent, während sie bundesweit im selben Zeitraum von 16,9 auf 16,8 Prozent sank.
Anderseits die hohe Zahl an Zuwanderung, verbunden mit mangelhafter Integration und den sich daraus ergebenden Faktoren wie einer hohen Zahl jungen Menschen ohne Schulabschluss und anschließend ohne geregelte Arbeit. Hier seien auch die Gründe für den überdurchschnittlichen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in der Kriminalitätsstatistik zu finden, Mäurer spricht von "schlichten Fakten": "Kriminalität ist überwiegend männlich – 75 Prozent der Tatverdächtigen sind männlich, 82 Prozent der Verurteilten und 94 Prozent deren, die am Ende im Gefängnis landen." Hinzu käme der Faktor Alter: Bezogen auf ihren Bevölkerungsanteil seien junge Männer in den Kriminalitätsstatistiken überrepräsentiert. Ab 14 Jahren steige ihr Anteil steil an, erreiche bei den Heranwachsenden (18 bis 21 Jahre) den Gipfel und falle danach wieder ab. "Ab dem 35. Lebensjahr läuft das dann in der Regel aus."
Laut Bundeskriminalamt kann Migration generell ein Einflussfaktor auf die Gesamtkriminalität sein. Nicht aus kriminologischer Sicht, betont die Behörde. Weder aus der Staatszugehörigkeit noch aus Zugewanderten-Eigenschaften ließen sich unmittelbare ursächliche Zusammenhänge mit der Entstehung von Kriminalität ableiten. Sondern schlicht aus demografischer und sozioökonomischer Perspektive: Die in Deutschland aufhaltenden Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft sind im Vergleich zur deutschen Bevölkerung im Durchschnitt jünger und häufiger männlichen Geschlechts. Sie leben eher in Großstädten, gehören zu einem größeren Anteil unteren Einkommens- und Bildungsschichten an und sind häufiger arbeitslos. In Bremens Bevölkerung sinkt derzeit der Anteil der Deutschen in allen Altersklassen außer bei den über 60-Jährigen, während der Anteil der Nichtdeutschen in allen Altersklassen zunimmt.
Es gehe um ein gesellschaftliches Problem, betont Bremens Innensenator. "Die Vorstellung, dass wir jede Zuwanderung so wegstecken, ist eine völlige Illusion. Wir können das Ganze nicht allein mit polizeilichen Maßnahmen bekämpfen." Ohne grundsätzliche Veränderungen bei den Rahmenbedingungen, ohne eine bessere Grenzsicherung und insbesondere ohne die "Beseitigung der ungesteuerten Zuwanderung" werde sich an den derzeit zu beobachtenden Entwicklungen in der Kriminalstatistik kaum etwas ändern.
Wie die Bremische Bürgerschaft dies sieht, ist am Mittwoch im Rahmen einer Aktuellen Stunde im Parlament zu hören. Diskutiert wird ab 10 Uhr ein Antrag der CDU: "Steigende Kriminalität in Bremen – Ursachen, Auswirkungen, Auswege."