Als die rot-grün-rote Regierungskoalition 2020 im Bremischen Polizeigesetz die Pflicht der Polizei verankerte, bei Kontrollen auf Verlangen des Kontrollierten eine Quittung auszustellen, schlugen bei der Opposition und in den Reihen der Polizei die Wellen hoch. Von "unerträglichem Misstrauen" gegenüber der Polizei war die Rede und von "vollkommen überflüssigem Mehraufwand". Inzwischen kann Polizeipräsident Dirk Fasse dem Quittungssystem einen "entscheidenden Mehrwert" abgewinnen. Aus dem Blickwinkel "Digitalisierung der Polizei" schreibe man gerade sogar ein wenig Polizeigeschichte.
Was Fasse so freut, ist die Digitalisierung des Quittungssystems, die Einzug gehalten hat bei der Bremer Polizei. Vorbei die Zeiten, in denen bei Kontrollen der Notizblock gezückt werden musste. Diese Aufgabe übernimmt jetzt das Smartphone, ausgestattet mit einer eigens von der Bremer Polizei mit einem Softwareunternehmen entwickelten App. Die persönlichen Daten des Kontrollierten können mit einem Scanner von seinem Ausweis abgelesen werden, wo die Kontrolle stattfindet, wird per GPS ermittelt, der Grund der Kontrolle per Klick auf eines von mehreren Auswahlfeldern hinzugefügt – "erkennbar konspiratives Verhalten", "Verdecken eigener Handlungen", "Verhalten entgegen der üblichen Verhaltensweise".
"Wie an der Supermarktkasse"
Das Smartphone wird anschließend kurz an einen separaten kleinen Drucker angelegt, und schon werden alle diese Daten auf einer Quittung ausgedruckt. Die mobilen Drucker seien eine Sonderanfertigung, erläutert Lür Neske, Projektleiter bei der Polizei. Aus Sicherheitsgründen: "Das System funktioniert wie an der Supermarktkasse, wo Sie ihre EC-Karte auch nur kurz auflegen müssen." Die Übertragung per Bluetooth wäre angesichts der sensiblen Daten, um die es geht, zu durchlässig gewesen. "Unser System hat nur eine Reichweite von fünf bis zehn Zentimetern und ist komplett verschlüsselt." Alternativ zur Quittung in Papierform kann der Kontrollierte sich die Quittung auch per QR-Code auf sein Handy übertragen lassen.
Fasse legt die Kontroverse über die Notwendigkeit von Kontrollquittungen damit ad acta. Die Polizei hat den Bürgern an sogenannten besonderen Kontrollorten wie im Bereich des Hauptbahnhofes oder an der Discomeile die Quittungen anzubieten. So will es das Polizeigesetz in Bremen. Wichtig sei ihm aber gewesen, dass dies auf modernem, zeitgemäßem Wege geschehe. "Und das ist gelungen, da ist eine runde Geschichte draus geworden."
"Einstieg in digitale Polizeiarbeit"
Für den Polizeipräsidenten ist das neue System gleichsam der "Einstieg in die digitale Polizeiarbeit". Denn bislang gehörte ein Smartphone in Bremen keineswegs zur Grundausstattung eines Polizisten. Mit der Einführung der elektronischen Quittungen ging die Anschaffung von 440 Smartphones einher, bis zum Jahresende sollen es rund 1000 sein. Die Kosten für die Entwicklung der "ersten Bremer Polizei-App" beziffert die Behörde auf rund 100.000 Euro. Die damit erhobenen Daten werden – unabhängig von der Frage, ob der Kontrollierte eine Quittung verlangt – drei Monate gespeichert. "Zur Dokumentation des polizeilichen Handelns", erklärt Projektleiter Neske.
Genau hier liegt für Dirk Fasse ein weiterer Pluspunkt der Kontrollquittungen, hier sieht er den Mehrwert zur bisherigen Arbeit: "Bei Beschwerden haben wir jetzt die Möglichkeit, in eine qualifizierte Diskussion mit dem Kontrollierten zu kommen", sagt der Polizeichef und erinnert an den Ausgangspunkt für die Diskussion um die Quittungen: Die Vorwürfe gegenüber Polizisten, sie würden anlasslos Menschen vor allem nach ihrem Aussehen kontrollieren, das sogenannte "Racial profiling". Jetzt ist der Grund der Kontrolle auf der "Bescheinigung über eine Personenkontrolle", wie die Quittungen offiziell heißen, nachvollziehbar vermerkt. Für Fasse ein "weiterer Baustein für eine gute Kontrolle".
Der bislang mengenmäßig allerdings noch recht übersichtlich von Kontrollierten genutzt wird. Auch wenn die Quittungen bislang mit der Hand ausgefüllt wurden, angeboten werden sie allen Kontrollierte an den besonderen Kontrollorten bereits seit September 2021. Davon Gebrauch gemacht haben Betroffene in den vergangenen neun Monaten laut Polizei exakt achtmal.