Um in Zukunft effizienter und kostensparender zu arbeiten, will die ARD einzelne Bereiche ihrer neun Sendeanstalten an einem zentralen Ort bündeln. So sieht es der Bericht zur Strukturreform vor, den die ARD jetzt vorgelegt hat. Bei Radio Bremen wären davon Bereiche aus der Verwaltung und im Archiv betroffen. Wie viele Stellen dadurch wegfallen könnten, vermag Radio-Bremen-Intendant Jan Metzger momentan noch nicht sagen. „Fragen Sie mich das in zwei Jahren nochmal“, sagte er dem WESER-KURIER. Dann ab 2019 sollen die Pläne konkreter werden. Es geht um alles in Verwaltung und Technik, was im Zuge der Digitalisierung nicht mehr unbedingt an die Standorte vor Ort in den einzelnen Sendeanstalten gebunden ist.
Bis 2028 peilt die ARD bundesweit ein Einsparvolumen in Höhe von 951 Millionen Euro an. Wie stark Radio Bremen betroffen ist, geht aus dem Bericht nicht hervor. Metzger sagte jedoch: „In diesem Punkt sind vor allem die größeren ARD-Anstalten gefordert, weil die kleineren Anstalten wie wir als Radio Bremen oder auch der Saarländische Rundfunk da bereits in den vergangenen Jahren unsere Hausaufgaben gemacht haben.“ Der Bericht wird jetzt erstmal den Ministerpräsidenten der Länder am 18. Oktober auf ihrer Konferenz in Saarbrücken vorgelegt und geht anschließend in die Medienkommissionen der einzelnen Länder. Voraussichtlich im kommenden April soll es dann zu einem Beschluss kommen. Von da an soll es an die Umsetzung gehen.
Strukturreform nimmt Druck vom Rundfunkbeitrag
Die Strukturreform soll dazu dienen, den Kostendruck auf den Rundfunkbeitrag – derzeit 17,50 Euro pro Monat – zu senken, damit dieser auch nach 2020 einigermaßen stabil bleibt. Bis dahin muss die sogenannte Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, kurz KEF, den Ländern einen Vorschlag machen, wie der Rundfunkbeitrag ab 2021 ausgestaltet sein sollte. Jedes Bundesland muss darüber dann abstimmen. Intendant Metzger: „Die Strukturreform nimmt erheblich Druck vom Rundfunkbeitrag. Er wird also lange nicht so sehr steigen müssen, wie einmal vorhergesagt. Ab 2021 hätten wir allerdings gerne einen Ausgleich der Teuerung, also 17,50 Euro plus x.“ Auf Grundlage des KEF-Berichts zahlt jeder Haushalt seit 2015 pro Monat 17,50 Euro. Zuvor waren es 17,98 Euro im Monat. In Zukunft könnte die KEF auch seltener als alle zwei Jahre ihren Bericht vorlegen.
Einsparpotenzial sehen die Sendeanstalten vor allem bei der Technik im Zuge der Digitalisierung. Ein Beispiel bei Radio Bremen ist, dass ab 2019 das Fernsehprogramm nur noch in HD-Qualität und nicht mehr in der verminderten sogenannten SD-Qualität gesendet wird. Um die Technik entsprechend zu modernisieren, werde demnächst auch das Studio von Buten & Binnen umgebaut, sagte Metzger. Aber auch die Deko soll dabei etwas aufgefrischt werden. Durch die Abschaltung des SD-Signals ab 2019 spare der Sender pro Jahr 700.000 Euro. Das wiederum entspreche dem halben Etat des jungen Programms Bremen Next. Ziel sei es außerdem, dass alle ARD-Anstalten ihre Programme harmonisieren und in Zukunft auch den Einkauf zentralisieren.
Die ARD-Vorsitzende Karola Wille sagte: "Die Strukturen hinter dem Programm werden durch unseren tiefgreifenden Reformprozess schlanker und moderner. Bei elf der 20 Strukturprojekte arbeiten wir mit dem ZDF zusammen, bei 15 mit Deutschlandradio.“ So werde es der Fußball-WM 2018 ein gemeinsames Studio geben, auch hinter der Kamera werde stärker zusammengearbeitet. Wille betonte im Hinblick auf die Reform, die föderale Verwurzelung, also die regionale Nähe zu den Nutzern, bleibe erhalten. „Was wir dazu brauchen, sind alle Möglichkeiten, die Menschen dort zu erreichen, wo sie heute kommunizieren – dazu gehört auch klar das Internet“, so Wille.
Rechtsstreit mit Radio Bremen
Die Intendanten hoffen hier, dass der Telemedienauftrag innerhalb des Rundfunkstaatsvertrags zu ihren Gunsten modernisiert wird. Schließlich sei die junge Zielgruppe vor allem im Internet unterwegs, und ein öffentlich-rechtlicher Sender mache Programm für Menschen jeden Alters. Hier spielt allerdings auch der Rechtsstreit zwischen den norddeutschen Zeitungsverlagen, darunter die Bremer Tageszeitungen AG, und Radio Bremen hinein. Die Verlage werfen Radio Bremen einen presseähnlichen Auftritt vor. Intendant Jan Metzger sagte hierzu: „Unsere Angebote im Internet sind inzwischen nur noch sendungsbezogen entsprechend des Urteils vom Kölner Oberlandesgericht bezüglich der Tagesschau-App.“ Im September 2016 hatte das Gericht geurteilt, dass die Tagesschau-App in ihrer Form, wie sie am 15. Juni 2011 existierte, presseähnlich war. Demnach müssen die Inhalte dort einen Sendungsbezug haben.
Metzger bemühte sich bei diesem Thema um versöhnliche Töne: „Wenn wir es hinkriegen würden, die gemeinsame gesellschaftliche Verantwortung, die die Medien haben, so zu interpretieren, dass wir im Internet möglichst gut aneinander vorbeikommen, dann lasst uns kooperieren, zum Beispiels was Videos angeht, und gemeinsam dort auftreten, wo es möglich ist. Dann kann es funktionieren.“ Er ergänzte: "Wir brauchen zur Erfüllung unseres gesellschaftlichen Auftrags aber die Freiheit, am Bedürfnis unseres Publikums entlang das zu produzieren, was die Menschen auch nutzen – und das wird in Zukunft mehr Video sein.“ Denn der Trend im Internet gehe immer mehr in Richtung Video und mobiler Nutzung, dafür werde es weniger Textzusammenfassungen geben.
Einsparpotenzial besteht auch bei der Verbreitung des Sendesignals der Radiowellen analog auf UKW. In Norwegen werden beispielsweise die analogen UKW-Frequenzen bis zum Jahresende abgeschaltet zugunsten der digital verbreiteten Frequenzen. Lediglich einige Lokalradios dürfen dort noch bis 2022 senden. Davon hält Metzger jedoch nichts: „Wir forcieren kein Abschalt-Datum für UKW, weil es den Hörern schwer vermittelbar ist, wenn sie sich plötzlich ein neues Radio kaufen müssten.“ Hier verwies Metzger auf die geplante EU-Regelung, dass jedes Neugerät einen Chip eingebaut haben muss, der den Empfang von Digitalradio für die Zukunft ermöglichen soll.