Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Reportage über die DRF Luftrettung Rettung im Anflug

Das Team der DRF Luftrettung fliegt vom Flughafen aus zu Einsätzen in Bremen und dem Umland. Unsere Fotoreportage begleitet die Luftretter bei ihrer Arbeit.
09.04.2017, 00:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Michael Galian (Fotos) und Alice Echtermann (Text)

Das Team der DRF Luftrettung fliegt vom Flughafen aus zu Einsätzen in Bremen und dem Umland. Unsere Fotoreportage begleitet die Luftretter bei ihrer Arbeit.

Drei kleine Funkgeräte beginnen zu piepen, und plötzlich geht alles ganz schnell. Jonas Boelsen, Adriana Langer und Michael Schwarz unterbrechen ihr Gespräch mitten im Satz. Ein Notfall beim Einkaufszentrum Weserpark; eine Person ist nicht ansprechbar, bewusstlos. Das Team der DRF Luftrettung braucht in einem solchen Fall kaum Worte. Alles ist vorbereitet, einstudiert, in Hunderten Einsätzen geübt. Der rot-weiße Hubschrauber steht startklar auf dem Rollfeld. Pilotin Adriana Langer lässt den Motor an. Während die Rotorblätter dröhnend Fahrt aufnehmen, prüft Notarzt Jonas Boelsen seine Ausrüstung und schnallt sich in der engen Kabine an. Dann vibriert die Maschine und steigt senkrecht in den Himmel.

Den Wechsel vom entspannten Plaudern zu höchster Konzentration beherrschen Boelsen, Langer und Schwarz perfekt. Seit acht Uhr morgens haben sie im Büro der DRF Luftrettung am Flughafen Bremen gesessen und gewartet, dass sie gebraucht werden. Ihr Hubschrauber „Christoph Weser“ ist eine fliegende Intensivstation, wie Jonas Boelsen sagt. Die Luftretter kommen zum Einsatz, wenn es besonders schnell gehen muss – bei schweren Unfällen, Herzinfarkten, Lebensgefahr.

Die DRF Luftrettung Bremen beschäftigt feste Piloten und Rettungsassistenten. Die Notärzte arbeiten hauptberuflich im Klinikum Links der Weser. Dort ist auch der zweite Rettungshubschrauber in Bremen stationiert – eine gelbe Maschine namens „Christoph 6“, betrieben vom ADAC. Die verschiedenen Rettungsdienste arbeiten Hand in Hand: Über die Leitstelle der Feuerwehr wird das Team gerufen, das am schnellsten vor Ort sein kann. Die DRF Luftrettung erreicht alle Ziele im Umkreis von 60 Kilometern nach eigenen Angaben innerhalb von 15 Minuten. Unterstützt wird diese Arbeit durch Spenden und Fördergelder.

„Christoph Weser“ wird vor allem für Krankentransporte eingesetzt. Manchmal heißt das, dass die Luftretter mit einem Patienten durch ganz Deutschland fliegen müssen. „Wir wissen nie, was kommt“, sagt Jonas Boelsen und lacht. Marburg, Schweinfurt, Dresden, das sei alles schon vorgekommen. Am selben Tag zurückzufliegen ist dann meist nicht möglich. Deshalb gehört immer ein Notfallbeutel mit Unterwäsche und Zahnbürste zur Ausrüstung.

An der Wand im Büro hängt eine große Landkarte, auf der sich mit Schnüren die Strecken markieren lassen. Wenn kein Notruf eingeht, erledigt das Team Papierkram. Pilotin Adriana Langer prüft die Wetterkarte, Jonas Boelsen schreibt E-Mails, Michael Schwarz tippt auf seinem Smartphone, die Füße auf dem Schreibtisch. Nach dem gemeinsamen Frühstück ist die Stimmung schläfrig. „Ich bin nicht mehr nervös“, sagt Boelsen. „Am Anfang ja, da hat man so ein kribbeliges Gefühl.“ Der 34-Jährige macht seit 16 Jahren Rettungsdienste.

Adriana Langer, die Leiterin der Station, fliegt erst seit 2010 für die DRF Luftrettung. Die 40-Jährige wollte früher Ärztin werden, entschied sich dann aber für die zivile Ausbildung zur Pilotin. Ihre erste Landung auf der Autobahn, bei einem Verkehrsunfall, sei schwer gewesen, erinnert sie sich. „Aber das Team nimmt es einem nicht übel, wenn man am Anfang manche Dinge nicht ansehen kann.“

2016 war der rot-weiße Hubschrauber aus Bremen 1040 Mal im Einsatz, und die Zahl steigt jedes Jahr. Auch, weil die Menschen immer häufiger wegen Kleinigkeiten den Notruf wählen, sagt Jonas Boelsen. Im Sommer sei generell mehr zu tun, wegen der Badeunfälle und Motorradfahrer. In der kalten Jahreszeit kann das Warten lang werden. Aber das Team würde sich darüber nie beschweren. „Wenn wir arbeiten, geht es jemandem nicht gut“, erklärt Boelsen, und Langer ergänzt: „Wir sind also nicht traurig, wenn wir nicht raus müssen.“

Als gegen Mittag die Funkgeräte losgehen, haben die drei kaum noch damit gerechnet. Der Flug zum Weserpark dauert nur zwei Minuten. Der Helikopter landet auf einer Wiese. Jonas Boelsen springt heraus und läuft zu einem wartenden Streifenwagen der Polizei, der ihn zum Einkaufszentrum fährt. Die bewusstlose Person, ein junger Mann, ist bereits wieder wach. Sein Gesicht ist mit Schweiß bedeckt und so bleich, dass es grau wirkt. Boelsen misst seine Kreislaufwerte. Er rät dem Jugendlichen, mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus zu fahren und sich gründlich durchchecken zu lassen.

Dieser Notfall ist glimpflich verlaufen. Die Luftretter kehren zurück zum Flughafen und warten weiter – auf das Piepen des Funkgeräts, auf den nächsten Einsatz.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)