Die Wortwahl unterscheidet sich, aber wenn es um die Beurteilung der Zustände am Hauptbahnhof geht, sind sich Regierungskoalition und Opposition im Grunde einig. "Kriminalität, offener Drogenhandel, Dreck, aggressive Bettelei, pures Elend ...", zählte Heiko Strohmann (CDU) in der von seiner Partei anberaumten Aktuellen Stunde zum Hauptbahnhof am Donnerstag im Landtag auf. Das Elend habe sich verfestigt, ziehe seine Kreise bis hin zum Wall, ergänzte Birgit Bergmann (FDP), von einem "Schandfleck Bremens" sprach Jan Timke (BIW).
Auch die Linke betrachte die aktuelle Lage am Bahnhof als Problem und den Zustand als schlecht, betonte Nelson Janßen (Linke). Björn Fecker (Grüne) setzte seitens der Regierungskoalitionäre sogar noch einen drauf: "Inakzeptabel, mit diesen Zuständen kann niemand zufrieden sein." Das ist auch Kevin Lenkeit (SPD) nicht, der eine Erklärung dafür lieferte, dass die Zustände am Bahnhof noch so sind, wie sie sind. Die Polizei sei dort alleine gelassen worden, "weil die begleitenden Maßnahmen aus anderen Ressorts nicht umgesetzt wurden". Und für die, die diese Spitze nicht verstanden hatten, legte Lenkeit noch einmal nach: Vor einem Jahr sei eine Reihe sozial- und gesundheitspolitischer Maßnahmen beschlossen und auch finanziert worden. Umgesetzt worden seien aber lediglich die repressiven Maßnahmen der Polizei. Das Sozialressort liegt in den Händen der Grünen, das Gesundheitsressort führt eine Linke, das Innenressort die SPD.
Darüber, dass die Polizei die Misere nicht alleine beheben könne, herrschte wiederum Einigkeit im Plenum. Und auch die Forderung, dass Projekte wie der Drogenkonsumraum an der Friedrich-Rauers-Straße schneller umgesetzt werden müssten als derzeit geplant, war mehrfach zu hören.
Die Kritik an der angeblich schleppenden Umsetzung flankierender Maßnahmen im sozialen und gesundheitspolitischen Bereich wies Nelson Janßen zurück. Keine Regierungskoalition habe in dieser Hinsicht so viele Initiativen auf den Weg gebracht wie die jetzige, betonte er. "Wir haben das Thema angepackt, auch wenn das an der derzeitigen Situation zu wenig ändert." Die zunehmende Zahl von Obdachlosen und Süchtigen am Bahnhof sei aber auch ein Ausdruck von Armut und dem Versagen der Sicherungssysteme, sagte Janßen. Auch deshalb reiche es nicht, allein auf Recht und Ordnung zu setzen. "Wir müssen alternative Toleranzflächen und Konsumräume schaffen."