Fahrradstraßen sind beliebt. Dass die Scharnhorststraße nun zu einer umgebaut werden soll, sorgte indes für Diskussionen im Beirat.
In der Scharnhorststraße herrscht ein rücksichtsvolles Miteinander zwischen Auto- und Radfahrern. Zumindest in diesem Punkt waren sich der Beirat Schwachhausen und Antje Späder auf der jüngsten Sitzung des Stadtteilparlaments einig. Da die Zahl der Radfahrer hier etwa doppelt so hoch sei wie die der Autofahrer, stellte die Mitarbeiterin des Amtes für Straßen und Verkehr (ASV) nun einen Plan vor, nach dem die Scharnhorststraße zur Fahrradstraße ausgebaut wird.
Um grünes Licht des Beirats ging es dabei nicht, wie sich im Laufe der Diskussion herausstellte. Verkehrssenator Joachim Lohse (Grüne) habe die Maßnahme bereits angeordnet – schließlich handele es sich um eine stadtteilübergreifende Maßnahme, da die Straße schon jetzt Teil des Fahrradnetzes sei. Das kam beim Beirat nicht gut an. „Welches Netz?“, erkundigte sich Dietrich Heck (Grüne). „Seien wir doch mal ehrlich: Bei den Fahrradstraßen handelt es sich um einen Flickenteppich von Einzelmaßnahmen, deren Verbindungen oft chaotisch sind.“
Sorge vor „Taxi-Rennstrecke“
Doch nicht nur ums Prinzip ging es dem Beirat, auch inhaltlich hatte er allerhand an den Planungen auszusetzen – wenngleich Fahrradstraßen sich grundsätzlich durchaus großer Beliebtheit erfreuen, wie mehrere Mitglieder betonten. Die Planungen für die Scharnhorststraße aber sehen unter anderem vor, die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ außer Kraft zu setzen. Welche Verbesserung man sich beim ASV von dieser Änderung verspricht, blieb weitestgehend offen.
Die Nachteile hingegen lagen für die Ortspolitiker klar auf der Hand. „Das bedeutet, dass sich der Verkehr auf der Strecke beschleunigen wird“, prophezeite Beiratssprecherin Barbara Schneider (Grüne). „Und nachts wird die Straße dann zur Taxi-Rennstrecke“, ergänzte ihr Parteikollege York Golinski. Shantha Chaudhuri (SPD) äußerte ebenfalls Bedenken in diese Richtung, insbesondere unter dem Aspekt, dass die Straße an vielen Stellen von Schulkindern überquert werde.
Ein weiterer Kritikpunkt bezog sich auf die sogenannten Nasen – Bürgersteigabschnitte, die derzeit zur Verkehrsberuhigung weit in die Fahrbahn ragen. Die will das ASV um rund einen Meter zurückbauen, damit die für Fahrradstraßen vorgeschriebene Durchfahrtsbreite von 4,50 Metern eingehalten werden kann. „Diese Nasen werden von den Schulkindern als Überweg genutzt“, gab Schneider zu bedenken. Sie zu verkleinern, sei keine gute Idee. Der Meinung war auch Johann-Detloff von Cossel (CDU). Sowohl Nasen als auch die Rechts-vor-links-Regel dienten der Entschleunigung und seien damit unbedingt beizubehalten.
Späder sah indes keinen Grund zur Beunruhigung. Angesichts der vielen Radfahrer sei den Autos keine Möglichkeit gegeben, ihr Tempo zu erhöhen. Zudem blieben die Nasen ja erhalten, nur eben kleiner. Dass die Straße nachts zur Taxi-Rennstrecke werde, glaubte sie auch nicht.
Plötzlich Geld da
Von Cossel bilanzierte wie weitere Beiratskollegen: „Die Scharnhorststraße funktioniert gut so, wie sie ist!“ Sein Rat: Man solle das Geld für den Umbau lieber sparen und stattdessen damit an anderer Stelle Fahrradwege sanieren. Einzig Wolfgang Schober erklärte die Pläne des ASV für „sympathisch“. Sorge bereite ihm lediglich, dass auswärtige Autofahrer mit den Regeln einer Fahrradstraße oft nicht vertraut seien und den Radverkehr mitunter gefährdeten.
Irritation herrschte auch hinsichtlich der Finanzierung. „In der Regel bekommen wir zu hören, dass für Maßnahmen, die der Beirat fordert, kein Geld da ist. Warum dann auf einmal für diese Fahrradstraße?“, erkundigte sich Schneider. Der Kostenaufwand sei überschaubar, entgegnete Späder. Im Zuge der geplanten Kanalbaumaßnahme zwischen Kirchbach- und Bordenauer Straße könne man beispielsweise die Parkstreifen kostengünstig herrichten und die Straße von den derzeit sehr großzügigen 6,20 auf 5,50 Meter verengen, um ein besseres Parken zu ermöglichen.
Kanalbaumaßnahme? Davon hörten Beirat als auch Ortsamt in diesem Moment zum ersten Mal. Die sei für kommenden März geplant, teilte Späder mit. Das sorgte für Verwunderung, zumal der Maßnahme noch eine Einwohnerversammlung vorgeschaltet werden müsse, wie es vom Beirat hieß. Außerdem sei nicht nachvollziehbar, dass der Beirat darüber bislang noch nicht in Kenntnis gesetzt worden sei. „Ich weiß davon auch erst seit zwei Wochen“, sagte Späder.
Hans-Peter Volkmann (CDU) hätte gerne direkt nach der Diskussion einen Beschluss zur geplanten Fahrradstraße gefasst, in dem Wunsch, dass das Projekt frühzeitig wieder begraben wird. Der Beirat beschloss hingegen mehrheitlich, das Thema in den Verkehrsausschuss zu überweisen und es dort nach entsprechender Überarbeitung des ASV weiter zu behandeln.