Hinter der Ladentür steht eine Kleiderstange. Daran aufgehängt sind 15 Kleiderbügel mit Einkaufsbeuteln. Dazu der Hinweis, dass sich die Kunden bei Betreten des Geschäfts doch bitte einen dieser Beutel nehmen sollen. Keiner mehr da? Dann bitte draußen warten.
Wie viele andere Läden nutzt das Bekleidungsgeschäft Kauf dich glücklich im Viertel dieses Zählsystem, um den Überblick darüber zu behalten, wie viele Menschen gleichzeitig in der Filiale sind. Andere Geschäfte haben sich von diesem oder ähnlichen Systemen, die Ende April, als die ersten Geschäfte nach dem Lockdown wiedereröffnet hatten, häufig genutzt wurden, längst wieder verabschiedet. Auch die Sicherheitsmänner und -frauen, die anfangs noch dafür gesorgt haben, dass in den Läden Abstände eingehalten oder Masken getragen werden, sind heute ein selten gewordenes Bild.
Dass der Einzelhandel unterschiedliche Ansätze verfolgt, ist durch die derzeit gültige Corona-Verordnung gedeckt. Demnach müssen Betriebe in Bremen ein Hygienekonzept vorliegen haben. Wie genau dieses aussehe, entschieden die Händler in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt, sagt Kersten Artus, Sprecherin des Gesundheitsressorts. Eine maximale Personenzahl pro Quadratmeter Verkaufsfläche, wie zur Zeit der Wiedereröffnung, ist jedenfalls nicht mehr Teil der Verordnung. Vor allem kleinere Läden orientierten sich aber noch an den früheren Fassungen, sagt Artus.
Mehr als 50 Kontrollen
„Die Geschäfte haben selbst darauf zu achten, dass sie sich an ihre Hygienekonzepte halten“, sagt die Sprecherin weiter. „Es ist in ihrem eigenen Interesse, damit sie nicht geschlossen werden.“ Auch das Ordnungsamt gibt darauf Acht: Nach Angaben der Behörde gab es bis Anfang September 349 Kontrollen zur Einhaltung der Corona-Maßnahmen, 54 davon im Handel. „Nach unserer Wahrnehmung läuft es problemfrei“, sagt Artus.
Die stellvertretende Filialleiterin bei Kauf dich glücklich, Marielle Dutheil, sieht bei ihren Kunden einen Gewöhnungseffekt: „Die Mehrheit macht richtig gut mit.“ Vor allem an das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung hätten sich die Besucher im Laden gewöhnt. „Es wird immer routinierter.“ An anderer Stelle werden die Menschen offenbar aber nachlässiger: „Es gibt Personen, die halten einfach keinen Abstand – egal wie voll oder leer der Laden ist“, sagt Dutheil.
Diese Erfahrung macht auch Alexandra Rempe, Inhaberin der Buchhandlung Storm: „Besonders im Gespräch vergessen die Kunden den Abstand oft.“ Auch an den Mund-Nasen-Schutz müssten Rempe und ihre Angestellten erinnern – aber nicht oft. „90 Prozent der Kunden halten sich an unsere Vorgaben.“ Es gebe aber auch eine Gruppe von Menschen, die zwar eine Maske dabei habe, diese aber nicht tragen würde. Vergessen oder Absicht – Rempe ist sich nicht sicher. „Aber wenn man sie darauf hinweist, reagieren die Kunden in den meisten Fällen positiv.“
Zwölf Kunden dürfen sich nach dem Hygienekonzept der Buchhandlung derzeit zur gleichen Zeit im Geschäft aufhalten. „Wir orientieren uns an den Landesgesetzen“, sagt Rempe. „Wahrscheinlich dürften es aber auch noch mehr Kunden sein.“ Die Inhaberin legt die Corona-Richtlinien nach eigenen Angaben lieber großzügig aus – zum Schutze aller.
Auch bei der Buchhandlung Storm stand bei der Wiedereröffnung noch ein Ständer mit zwölf Tüten für die maximale Kundenzahl. Das habe sich aber als nicht notwendig herausgestellt, sagt Rempe. „Es ist sehr selten, dass sich so viele Kunden auf einmal in der Buchhandlung befinden.“ Darum sei es ausreichend durchzuzählen. Spätestens zum Weihnachtsgeschäft werde sich das aber wieder ändern. „Wenn wir zu Weihnachten mehr in Kundengesprächen sind, können wir keinen Überblick darüber behalten, wie viele Kunden im Laden sind“, sagt die Buchhändlerin. Dann werde der Ständer mit den zwölf Tüten wieder vor die Tür gestellt.
Karsten Nowak, der bei der Handelskammer Bremen den Geschäftsbereich Einzelhandel leitet, sieht große Bemühung im Handel, sich an die Hygienekonzepte zu halten. „Wir wollen händeringend einen zweiten Lockdown vermeiden“, sagt er. Aber auch die Kunden trügen eine eigene Verantwortung. „Der Handel kann nicht gewährleisten, dass flächendeckend ständig alles kontrolliert wird.“ Einzelhändler und Kunden dürften nicht nachlässig im Umgang mit den Abstands- und Hygienemaßnahmen werden. Nowak: „Wir müssen uns nur daran erinnern, wie es war, als weite Teile des Handels geschlossen waren.“