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Trendsport Bouldern "Angst zu haben ist normal"

Der Kletterer Linus Lüderitz über den Sport Bouldern und die Risiken des Absturzes.
02.07.2018, 14:35 Uhr
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Von Serena Bilanceri
Herr Lüderitz, was genau ist Bouldern und wie unterscheidet es sich vom Klettern?

Linus Lüderitz: Bouldern ist in Frankreich als Trainingsmethode für Seilklettern entstanden, eine eigene Szene hat sich erst später entwickelt. Vom Outdoor ist die Sportart dann in die Hallen gewandert. Hier klettert man ohne Seil auf eine maximal 4,5 Meter hohe Wand, an der Griffe unterschiedlicher Form eingebracht sind. Früher waren sie sehr klein, mittlerweile ist alles viel athletischer geworden.

4,5 Meter sind schon eine beachtliche Höhe, wenn man stürzt. Ist diese Sportart gefährlich?

Am Boden liegen gepolsterte Matten, daher gibt es weniger Risiken, dass man sich ernsthaft verletzt. Trotzdem ist ein gewisses Risiko immer da. Vor allem, wenn man nicht weiß, wie man fällt.

Und wie fällt man am besten?

Es ist nicht so einfach, aber man kann das lernen. Die Extremitäten sollten nicht ausgestreckt werden, am besten bildet man mit dem Körper eine kleine Kugel. Die Person sollte sich aus der Wand herausstoßen und nicht komisch verdreht landen. Das erfordert aber eine gewisse Körperbeherrschung.

Wie bekommt ein Anfänger die Angst vor dem Stürzen oder der Höhe in den Griff?

Es ist normal, vor allem am Anfang, Angst zu haben. Hilfreich ist es zu merken, was passiert, wenn man stürzt und wie man am besten fallen sollte. Anfänger können auf die anderen schauen – wie schaffen sie das? Wenn man oben ist und nicht weiterkommt, kann man die Griffe anderer Routen benutzen, um hinabzusteigen. Am Felsen ist es hingegen wichtig, dass Helfer – sogenannte Spotter – immer in der Nähe sind.

In der Halle sind die verschiedenen Parcours und deren Schwierigkeitsgrad durch unterschiedliche Farben gekennzeichnet. Draußen hat man nur natürliche Felsen. Gibt es weitere Unterschiede?

Die Halle ist etwas anfängerfreundlicher. Draußen ist die Umgebung anspruchsvoller – und auch etwas riskanter. Die Leute bringen aber auch dort ihre Matten mit. Außer beim sogenannten Highball, bei dem bis zu zehn Meter Höhe geklettert wird. Dort darf man sich nicht leisten, zu fallen.

Das klingt sehr stressig. Ist Bouldern gut oder schlecht für die geistige Fitness?

Beides. Es kann schon gruselige Momente geben, wenn ich aus meiner eigenen Komfortzone herausgehe und an meine Grenze komme. Wenn man noch nicht weiß, was daraus wird. Aber, psychologisch gesehen, kann Bouldern auch einen sehr positiven Effekt haben. Wenn ich Fortschritte mache oder eine Route schaffe: Das ist eine Erfüllung, ein sehr gutes Gefühl.

Ist es das, was Sie an dieser Sportart mögen?

Bouldern ist sehr facettenreich, das gefällt mir. Und die Tatsache, dass es so körperlich anspruchsvoll ist. Mehrere Komponenten sind involviert: Kraft, Balance, Verständnis, Beweglichkeit. Außerdem ist es ein Einzelsport, der aber sehr sozial sein kann. Man trainiert mit vielen Leuten in der Halle oder am Felsen, es kann sich schnell eine schöne Gemeinschaft bilden.

Was würden Sie jemandem raten, der damit anfangen möchte?

Anfänger und etwas ältere Sportler – zum Beispiel jemand, der mit 23 beginnt – sollten aufpassen, dass sie es mit dem Arbeitspensum nicht übertreiben. Bouldern führt nicht so schnell zur Erschöpfung des Sportlers, aber dafür kann man schnell in die Überlastung rutschen. Also, am Anfang nicht zu oft trainieren. Für die Sehnen kann es dann sehr belastend werden.

Moment: 23-Jährige gelten beim Bouldern schon als "etwas älter"?

Na ja, wenn man mit zwölf anfängt, ist der Regenerationsprozess ein ganz anderer. Auch das niedrigere Gewicht schont eher die Sehnen.

Welche Körperteile werden am meisten beansprucht?

Eigentlich alle. Aber vor allem die Hauptklettermuskeln, wie die Unterarme oder der Latissimus. Im Grunde jedoch spielen alle Muskeln eine Rolle. Ich bewege dabei meinen ganzen Körper. Das finde ich sehr schön.

Das Gespräch führte Serena Bilanceri.

Zur Person

Zur Person

Linus Lüderitz

ist Chefroutenbauer im Boulderquartier Hamburg und gehört zu den Spitzenboulderern in Deutschland. Während des Studiums in Bremen lernte er die Sportart kennen. 2017 wurde der heute 27-Jährige Vierter in der Boulder-Bundesliga.

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