Die Pferde stehen schon bereit am Rande des Spielfelds. Ein Pfleger sitzt im Sattel und lässt eine der Stuten im langsamen Galopp hin und her laufen. Das Tier bebt vor Aufregung, wird aber von seinem Reiter gebremst. Der Schwanz schlägt aus. Bald zählt jede Sekunde. Einer der Polospieler reitet zur Wechselzone. Der Pfleger steigt ab und positioniert das Pony so, dass es parallel zum Tier des Spielers steht. Dieser steigt nicht hinunter, er erhebt sich leicht und wechselt von einem Pferd zum anderen, so als würde er über die zwei Sättel gleiten. Dann holt er den Schläger und galoppiert wieder zurück aufs Feld.
Eine sehr schnelle Sportart
Pferdewechsel mitten in der Partie müssen schnell erfolgen. Denn beim Polo geht es um vieles. Es geht um Konzentration, Umgang mit den Pferden, Präzision – aber vor allem um eines: Geschwindigkeit. Die sogenannten Poloponys gehören einer speziellen Rasse an, die für den Sport gezüchtet wird. Sie sind zwischen 1,5 und 1,6 Meter hoch und gelten als besonders belastbar. Einer ihrer Vorzüge: Sie können ein hohes Tempo einhalten.
Die Zuschauer des Bremer Polo-Cups, gleichzeitig Deutsche Meisterschaft der mittleren Kategorie „Medium Goals“, verfolgen das Geschehen aufmerksam. Ein Spieler der weißen Mannschaft beschleunigt, bringt den Ball mit schwingenden Bewegungen des Sticks nach vorne, in Richtung Tor. Ein gegnerischer Reiter drängt ihn von der Seite an den Rand, in der Hoffnung, seinen Lauf zu bremsen. Die zwei Akteure rasen auf ihren Pferden vor dem Publikum entlang und jagen fort in die andere Hälfte des Feldes, ehe der Ball von einem anderen Spieler abgenommen wird.
Auf den Gesichtern im Publikum ist die Spannung jetzt sichtbar. Wenige Minuten zuvor herrscht noch eine gelassene, wenngleich verhaltene Volksfeststimmung auf der Wiese. Edelweine und Cocktails, aber auch Bratwurst im Brot und vegetarische Stullen werden an den Essständen angeboten. Regionale Produkte neben Luxusautos, Jacuzzis und Prototypen von fliegenden Fahrzeugen. Diese Mischung ist nicht zufällig. Am Polo heftet noch das Image einer Sportart für Reiche und Noble. Doch genau das wollen die Organisatoren des Polo-Cups ändern. „Die Leute, die diese Sportart praktizieren, sind eigentlich sehr bodenständig“, sagt Julia von Brühl, Projektleiterin des Events. „Im Klub kann jeder, der reiten kann, eine Polo-Probestunde nehmen.“
Vier Pferde pro Spieler
Eine der größten Hürden beim Polo sind die Pferde: Mindestens vier braucht jeder Spieler für eine Partie. Denn spätestens nach jedem siebenminütigen Spielabschnitt – dem sogenannten Chukka – muss das Tier gewechselt werden. „Man muss sie aber nicht besitzen, man kann sie auch leihen“, fügt von Brühl hinzu. Um den Sport den Bremern näherzubringen, wurde der Bremer Polo-Cup ins Leben gerufen, erläutert die Projektleiterin. „Wir möchten, dass sich diese Veranstaltung zu einem der angesehensten Turniere in Deutschland entwickelt“, pflichtet ihr einer der Organisatoren, Gregor Schober, bei. Derzeit sind etwa 400 Reiter in der Bundesrepublik aktiv. Anders als in Ländern wie Argentinien oder England ist die Szene in Deutschland überschaubar. Obwohl die Mannschaften für den Bremer Polo-Cup eigens neu zusammengestellt wurden, kannten sich die Spieler bereits untereinander, sagt von Brühl. Jede Mannschaft wird von Firmen aus der Region gesponsert und trägt deren Namen.
Nach der ersten Chukka-Pause geht's auf der Rasenfläche weiter. Und einer der Spieler, die besonders für Tempo sorgen, ist Moritz Gädeke. Gädeke ist in gewisser Hinsicht ein Pionier – obwohl er sich selbst nicht als solchen bezeichnet. Er gehört zu den Ersten, die als Jugendliche mit den Erwachsenen konkurriert haben. In einer Polofamilie aufgewachsen, beginnt Gädeke schon mit neun Jahren zu spielen. Mit elf sitzt er auf einem Polopferd auf dem Maifeld in Berlin und beobachtet das Publikum. "Ich war sehr aufgeregt, wir waren die Kleinsten", schildert der heute 33-Jährige. Ein Bruder und der beste Freund sind ebenfalls im Team. An den Ausgang des Spiels erinnert er sich nicht mehr. "Wir waren damals nicht die Besten, das muss man sagen", fügt er mit einem Lächeln hinzu.
"Es ist eine sehr komplexe Sportart"
Der Berliner hat inzwischen Zeit zum Üben gehabt. Mit einem Leistungs-Handicap von +3 gehört er zu den Besten in Deutschland. Angefangen hat Gädeke fast zufällig. Weil der Vater, der gerade ein Polopferd gekauft hatte, sich eine Fußverletzung zugezogen hatte. "Er hat uns dann gefragt, ob wir es ausprobieren wollten." Und seither ist er dieser Sportart treu geblieben. Er liebt die Gemeinschaft unter den Spielern und die Beziehung zu den Tieren. "Es ist eine sehr komplexe Sportart: ein Team- und Ballsport auf dem Pferd, mit einer hohen Geschwindigkeit." Und auch eine gefährliche: "Man muss das Pferd jederzeit im Griff haben", sagt er. Angst habe er nicht. Respekt schon.
Bei der Betreuung der Pferde sind die Reiter nicht alleine. Pferdepfleger sorgen für das Wohl des Tieres und bereiten es vor – fast immer im Hintergrund. Viele kommen aus Argentinien, so wie die Pferde. Und wie auch Angelo Javier Blondel, der gerade im Stall nach den Ponys schaut. "Einige denken, das sei einfach, aber es ist ein Beruf, der viel Erfahrung benötigt. Es geht nicht nur darum, das Pferd zu waschen und es auf die Piste zu führen." Erfahrung hat Blondel mehr als genug: Er hatte mit Pferden zu tun, seitdem er zwei Jahre alt war. "Ich bin damit aufgewachsen."
Weitere Informationen
Der Bremer Polo-Cup wird an diesem Sonntag ab 12.30 Uhr mit zwei Partien fortgesetzt. Gespielt wird auf der Anlage des Polo Clubs Hagen Grinden in Langwedel.