Die ersten Tage der Vorbereitung haben ihm gar nicht gefallen. „Laufen, laufen, laufen“, erinnert sich Cem Cakir an den Beginn vor rund zwei Wochen. Aber der 33-jährige Stürmer des ATSV Sebaldsbrück hat gute Gründe für das Engagement. „Ich ziehe das durch“, sagt Cakir bestimmt, „und außerdem bin ich ja ein Lauf-Monster.“
Nein, das ist er nicht, und deshalb wird diese Feststellung auch von einem ausgiebigen Lachen begleitet. Dass Cem Cakir ein richtig guter Fußballer ist, dem einst – damals noch unter dem Vornamen Simon – sogar eine Profi-Karriere zugetraut wurde, steht zwar fest. Doch zu den herausragenden Qualitäten zählten seine technischen Fähigkeiten und ein starker Torabschluss. Eine gesteigerte Laufbereitschaft hat man Cakir dagegen nie attestiert. Aber der Kicker hat eben seine Gründe für das aktuelle Programm. Zum einen die persönliche Verfassung. Bis auf eine kurze Stippvisite zum BSC Hastedt hatte Cem Cakir seit 2018 nichts mehr getan, ehe er sich im letzten Oktober dem ATSV anschloss. „Jetzt bin ich schon bei 24 Kilo“, sagt er – und meint den Gewichtsverlust. Er sei nun wieder „gut dabei“.
Und dann gibt es da eben noch die Geschichte seiner Mannschaft. Erst im letzten Sommer war Sebaldsbrück nach acht Jahren aus der Bezirksliga in die Landesliga aufgestiegen. Nun gelang der Durchmarsch, und mit dem Aufstieg in die Bremen-Liga schaffte der Verein offenbar etwas Besonderes: In seiner seit 1905 andauernden Geschichte war der ATSV noch nie auf höchster Ebene angetreten – das haben jedenfalls die internen Recherchen ergeben. Da möchte Cem Cakir natürlich dabei sein, wenn auch in einer „ganz anderen Perspektive“.
Nachdem er in jungen Jahren für Werders U23 angetreten war, folgten einige Jahre beim SV Werder III. Mit diesem Team holte Cem Cakir 2011 und 2013 ebenso den Bremen-Liga-Titel wie mit dem Bremer SV in den Jahren 2015 und 2016. Nach erfolgreichen Spielzeiten in Spitzenteams geht der Stürmer im August also erstmals als Underdog ins Rennen. „Wir müssen erst einmal ankommen“, sagt Cem Cakir deshalb.
Dabei erscheint ihm die Hürde aber nicht mehr ganz so hoch wie in früheren Zeiten: „Die Leute haben heute eine andere Lebensausrichtung.“ Ein umfangreicheres Freizeitangebot auf der einen sowie die mittlerweile größere Betonung von Familie und Job hätten dem Fußball einiges an Bedeutung gekostet. Darunter habe die Spielstärke der Bremen-Liga gelitten. „Da ist nicht mehr das Niveau wie vor zehn Jahren, das werden alle sagen, die länger dabei sind“, so Cakir. Trotzdem gehe es zukünftig „schneller“ zu, zudem müsse man sich erst mal auf die größere Zweikampfstärke einstellen, und in taktischer Hinsicht erwartet die Offensivkraft ebenfalls die ein oder andere Herausforderung.
„Uns fehlt die Erfahrung“, sagt Cakir also. Andererseits würden die Stärken des ATSV natürlich auch in der Bremen-Liga helfen. „Keiner agiert so familiär wie wir“, sagt Cem Cakir. Das kann man ruhig wörtlich nehmen: Sein Vater Cengiz Cakir ist Abteilungsleiter, und Schwester Cennet Cakir führt das Vereinslokal. Daneben ist die nun seit einigen Jahren im Kern unveränderte Mannschaft für Cem Cakir nicht weniger als eine „eingeschworene Gemeinschaft.“ Es gäbe deshalb auch keinen Grund, sich keine großen Ziele zu setzen. „Ich persönlich möchte in die Halle“, sagt Cem Cakir. Er wünscht sich also mindestens den siebten Platz. Die ganze Lauferei soll sich ja lohnen.