Nach dem Aus im WM-Viertelfinale und der Nichtqualifikation des amtierenden Olympiasiegers für die Olympischen Spielen 2020 wähnt man den deutschen Frauenfußball im Abwärtstrend. Im Vorfeld des Turniers medial und kommerziell, selbstbewusst und auch etwas „frech“ regelrecht gepusht, kommen nun zahlreiche Kritiker zu Wort. Nichts ist im Fußball eben erfolgreicher als Erfolg. Da zählt scheinbar auch nicht, dass das Team sich in einem Umbruch befindet und viele junge Talente in ihren Reihen hat.
Gerade erst hat die Fifa die Weltrangliste veröffentlicht. Deutschland nimmt weiterhin Platz 2 hinter Spitzenreiter USA ein. Die anderen Nationen, das ist nun endgültig deutlich geworden, holen mit großen Schritten auf. Die Engländerinnen haben Deutschland als Vorbild gesehen und sicherlich auch durch die hohe finanzielle Investition der Premier-League-Klubs der Männer eine riesige Entwicklung gemacht.
Frühes Ausscheiden als Chance
Abgesehen davon, dass bei der Weltmeisterschaft in Frankreich insgesamt eine höhere Leistungsdichte zu erwarten war, sollte man das frühe Ausscheiden Deutschlands als Signal und Chance sehen, gemeinsam die Kräfte zu bündeln, um weitere notwendige Entwicklungen anzuschieben. Gelingt es, kann man dem Aus bei der Weltmeisterschaft sogar einen positiven Effekt abgewinnen.
Martina Voss-Tecklenburg ist eine sehr gute Bundestrainerin, die kritisch und konstruktiv die Spiele der deutschen Mannschaft bei der WM analysieren wird und Zeit hat, bei der Europameisterschaft 2021 mit ihrem Team wieder anzugreifen. Damit das gelingt, muss sich auch der DFB, der sich beim Bundestag im September neu aufstellen wird, klar zum Frauenfußball bekennen und sich positionieren.
Die Liga hinter den Giganten aus München und Wolfsburg ist zwar stärker zusammengerückt, aber auf einem durchschnittlichen Niveau. Es gilt jetzt, die Talentförderung zu optimieren und Spielerinnen die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um sich deutlich intensiver auf ihren Sport oder auch duale Karrieren konzentrieren zu können.
Die Lizenzvereine sollten eine immer größere Bedeutung im Frauenfußball bekommen, weil sie den Fußballerinnen viele vorhandene Strukturen bieten können, damit sie auch langfristig leistungsorientiert Fußball spielen können. Da der Fußball in allen Facetten den Querschnitt der Gesellschaft abbilden soll, gehört es selbstverständlich dazu, dass sowohl Männer als auch Frauen in einem Verein leistungsorientiert Fußball spielen können.
Unsere Gastautorin
ist seit 2007 Abteilungsleiterin bei Werder Bremen im Frauenfußball. Sie ist ausgebildete Trainerin, sitzt in Gremien des DFB und beteiligt sich an der Entwicklung des Frauenfußballs.