Es ist ein Hilferuf der rund 45.000 Mitglieder im Bremer Amateurfußball: Mit einem emotionalen Brief an die Politik haben die mehr als 80 im Bremer Fußball-Verband (BFV) organisierten Vereine auf ihre enormen Probleme durch die Energiekrise aufmerksam gemacht und dabei auch konkrete Maßnahmen gefordert, um nach den schwierigen ersten Jahren der Pandemie nicht in eine noch bedrohlichere Situation zu geraten. Zudem wollen sie verhindern, dass die vielen Amateursportler – auch weit über den Fußball hinaus – durch das erneute Schließen von Sportstätten wieder massiv eingeschränkt werden.
Das drei Seiten umfassende Schreiben, das dem WESER-KURIER vorliegt, ging am Montag an Bürgermeister Andreas Bovenschulte sowie an die Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport, Anja Stahmann. Unterzeichnet ist es von BFV-Präsident Björn Fecker, der auch Fraktionsvorsitzender der Grünen in der Bremischen Bürgerschaft ist.
Ein zentraler Punkt des Schreibens sind die sehr starken Preissteigerungen bei Strom und Heizmaterialien infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Durch diese hohen Mehrkosten für den Trainings- und Spielbetrieb könnten „viele Vereine in den kommenden Monaten in finanzielle Notlagen geraten“, die ihre Überlebensfähigkeit massiv bedrohen würden. Dies gelte nicht nur für Fußballvereine, sondern für den gesamten organisierten Sport in Deutschland, schreibt Fecker.

Klare Forderungen: Björn Fecker, Präsident des Bremer Fußball-Verbandes.
Deshalb fordern die Amateursportler dringend kurzfristige Finanzhilfen für Vereine und Kommunen und erklären dazu: „Die Finanzlage vieler Vereine ist schon durch die Vereinsaustritte während der Pandemie sehr angespannt. Sie werden durch die steigenden Energieausgaben erneut hart getroffen. Um die hohen Mehrausgaben für Energie abzufedern, bedarf es kurzfristig finanzieller Hilfen für die Sportvereine.“ Konkret heißt es: „Der Bund und die Länder dürfen die Vereine und Kommunen als Eigentümer und Betreiber der Sportstätten bei den Energiepreissteigerungen nicht allein lassen. Auch das Land Bremen mit seinen beiden Städten sollte hier einen eigenständigen zusätzlichen Beitrag leisten.“
"Sportstätten sind unter allen Umständen offen zu halten"
Ein zweiter Kernpunkt des Schreibens ist die Forderung, nicht wieder Sportstätten zu schließen. Gerade die Lehren aus der Pandemie hätten gezeigt, wie wichtig Sport und Bewegung für die Menschen seien und wie stark sich ein langer Bewegungsmangel auf die körperliche und mentale Gesundheit auswirke. Die klare Forderung lautet deshalb: „Sportstätten in Deutschland sind für den Trainings- und Spielbetrieb unter allen Umständen offen zu halten. Fußballspielen muss weiter möglich sein! Eine nochmalige Schließung in den Herbst- und Wintermonaten hätte dramatische Folgen auf den Fußball – sowohl im Hinblick auf die Mitgliedergewinnung als auch auf das ehrenamtliche Engagement. Es ist daher dringend erforderlich, Schließungen kommunaler Sportstätten aufgrund des Energiemangels zu verhindern.“ Der Fußball sei gerne bereit, betont Fecker, im Gespräch mit den Verantwortlichen vor Ort und den kommunalen Spitzenverbänden zu Lösungen beizutragen.
Man sei sich mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) einig, dass der Sport für die Gesellschaft „wesentlich mehr darstellt als eine reine Freizeitaktivität“. Er erfülle vielmehr unverzichtbare soziale und gesundheitsfördernde Funktionen für die Gesellschaft, auch in Sachen Ehrenamt, Integration, Inklusion oder allgemeiner Wertevermittlung. Der Freizeitsport sei damit „eine der letzten sozialen Klammern der Gesellschaft“ und deshalb unverzichtbar.
Die Amateursportler fordern im dritten Kernpunkt des Schreibens eine „Investitionsoffensive für Sportstätten“. Denn die Krise biete auch „die Chance zu einer langfristigen Verbesserung der Sportstätteninfrastruktur“. Der DFB hat die Bundesregierung bereits im März mit dem DOSB, dem Deutschen Turner-Bund (DTB), dem Deutschen Städtetag (DST) und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) auf die Herausforderungen für den organisierten Sport mit Blick auf den Klimaschutz hingewiesen und einen „Dekarbonisierungsplan für Sportstätten in Deutschland“ gefordert, also eine Reduzierung von Kohlendioxid-Emissionen durch den Einsatz kohlenstoffarmer Energiequellen. „Der Sport allein kann aufgrund seiner ehrenamtlichen Strukturen und des dringenden Handlungsbedarfs die enormen finanziellen Investitionen nicht leisten“, heißt es in dem jetzigen Schreiben.
Nur durch „eine gemeinsame Kraftanstrengung und eine ausreichende Finanzhilfe des Bundes und der Länder“ könne es gelingen, die ehrgeizigen Klimaschutzziele bis 2045 auch im Sport zu erreichen. Deshalb sei die Neujustierung der Bundesförderung für effiziente Gebäude mit einem Volumen von 12 bis 13 Milliarden Euro pro Jahr ein erster, sehr zu begrüßender Schritt. Auch der „Projektaufruf 2022“ zur Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur mit den Schwerpunkten auf Schwimmbäder und Sportstätten sei wegweisend. Langfristig würden jedoch mehr als die bereitgestellten 476 Millionen Euro benötigt, um eine flächendeckende energetische Sanierung sicherzustellen. Zudem wirke die unzureichende Gesetzeslage zur Finanzierung von Photovoltaik-Anlagen noch abschreckend auf viele Sportvereine.
Die Amateursportler versichern: „Gerade der Fußball kann über seine Reichweite und die breite Verankerung in der Gesellschaft zu tragfähigen Lösungen beitragen und wird seine gesamtgesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen und seinen Energiebedarf weiter reduzieren.“
Wie gravierend die Probleme sind, zeigt sich auch daran, dass DFB-Präsident Bernd Neuendorf am kommenden Dienstag zu Gesprächen darüber ins Bundeskanzleramt fährt. Zudem hat Neuendorf die Bundesregierung wegen der Energiekrise angeschrieben und auch hier um die unterstützenden Maßnahmen für den Amateursport gebeten. In Kopie ging das Schreiben an alle Ministerpräsidenten der Länder. Der DFB selbst will seine Amateurklubs mit Tipps zum Energiesparen versorgen.