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Fußball Das Vollgas-Projekt am Vinnenweg

Rein zufällig und doch logischerweise haben Marko Mock und der FC Oberneuland zueinander gefunden. Als der reiche Onkel mit der Schatulle will der Namenssponsor eher nicht wahrgenommen werden.
10.11.2020, 05:00 Uhr
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Das Vollgas-Projekt am Vinnenweg
Von Olaf Dorow

Die Havanna Lounge ist ein dolles Ding. Der Bremer Wirtschafts- und Gesellschaftsclub besteht nun schon seit fast 20 Jahren, zählt inzwischen 770 Mitglieder, welche sich am „größten Clubnetzwerk der Welt erfreuen“. So schreibt es der geschäftsführende Gesellschafter auf der Homepage. Wow. Und: Wow, das wird womöglich auch Kristian Arambasic gedacht haben, der Trainer des Fußball-Viertligisten FC Oberneuland (FCO). Er hatte im Spätsommer in der exklusiven Lounge, so erzählt es Clubmitglied Marko Mock, einen Vortrag gehalten und war danach angesprochen worden, und zwar von ihm, von Marko Mock. Schon bald nach dem Gespräch hatte der FCO einen weiteren Sponsor. Nicht einen für den Trikotärmel, sondern einen für sein Stadion. Das heißt jetzt Marko-Mock-Arena.

Zunächst mal, vertraglich fixiert, für zwei Jahre. Es könnten aber mehr werden. „Wir haben viel vor“, sagt Marko Mock. Wir. Er sagt das eher nicht versehentlich, dazu sagt er er auch zu oft und zu, sagen wir mal: leidenschaftlich. Er will nicht als der reiche Onkel wahrgenommen werden, der die Schatulle aufmacht und den Geruch von Macht einatmen will. Oder auch: ausatmen. Er will aufbauen und anpacken, er will mitgestalten und quasi ein Stück FCO sein. Er sagt, er möge so etwas wie den FCO. Dort wolle er demnächst mithelfen, einen Förderverein zu gründen. Dort kenne er die Leute aus dem Vorstand mittlerweile sehr gut, er fühle sich mittendrin. Seine Einschätzung: „Die geben alle Vollgas. So bin ich auch.“

Der FCO. Die aktuell zweite Fußballkraft in Bremen hat eine wechselvolle Geschichte. Gute Zeiten, schlechte Zeiten, und das nicht nur zwischen den Strafräumen. Aber wohl doch eine Erzählung zum Anfassen, könnte man sagen. Der FCO sei, sagt Mock, in Deutschland der Regionalligist mit dem kleinsten Saisonetat, nur 170 000 Euro. Der Kristian Arambasic, der verdiene viel weniger als die Trainer anderswo, und würde doch so brennen für seinen FCO. Festbeißen als Aufsteiger in die vierte Liga, träumen von irgendwann mal dritter Liga, Ärmel hoch und alle gemeinsam. So etwas gefällt Marko Mock einfach, sagt er. Marko-Mock-Arena, das gefällt ihm natürlich auch, das klingt gut für ihn. Arena, das klingt nach verdreckten Trikots und Fußballschweiß, nach dem guten alten Sportbegriff Kampfbahn. Die Operettenstimmung im Stadion des FC Bayern, das ironischerweise auch Arena heißt? „Schrecklich“, sagt Mock. Er sei kein Schönwetter-Fan. Sei übrigens, obwohl gebürtiger Bremer und in der Selbstbeschreibung ein Fußballverrückter, auch kein Werder-Fan. Seit Kindertagen, als ihn der Vater mal mitgenommen hatte ins Weserstadion, hänge sein Fußballherz an Eintracht Braunschweig. Nix Operettenpublikum, sehr wechselvolle Geschichte, ein Verein, mit dem man so schön mitfiebern und -leiden kann.

Mocks Faible für die Kleinen, die gern größer, aber nicht wie die Großen werden wollen, liegt vielleicht auch an seinem eigenen beruflichen Weg. Er könnte einer sein für den Buten-un-binnen-wagen-un-winnen-Slogan. Geboren 1963, Ausbildung als Groß- und Außenhandelskaufmann, verheiratet, drei Kinder, tourte er im wörtlichen wie übertragenen Sinn durch die Welt der Kaufleute und Handelsmanager, ehe er 2007 den Sprung in die Selbständigkeit wagte. Er hat jetzt eine Consulting-Agentur in Grasberg. Von dort aus netzwerkt er, um es neudeutsch zu formulieren, von dort aus bricht er als Headhunter auf. Er spricht mehrere Sprachen und operiert weit, weit über das Ortsschild von Grasberg hinaus. Schwerpunkt: das mittlere und gehobene Management im Bereich FMCG, Fast Moving Consumer Goods. Konsumgüter, die schnell und täglich verbraucht werden. So, wie Supermärkte gut laufen, laufe auch sein Business ganz gut in diesen für manchen nicht so guten Corona-Zeiten, sagt er. Dass einer wie er, der das Machen liebt und das Nix-Machen nicht so, irgendwann in der Havanna-Lounge gelandet ist, erscheint fast schon logisch. Netzwerken ist Kernthema seines Berufs.

So logisch wie zufällig kam dann das Zusammentreffen mit Kristian Arambasic. So logisch wie ungeplant entstand quasi auch der Sponsorenvertrag in Oberneuland. Mock, einst selbst Bezirksliga-Kicker beim TV Oyten, sowieso fußballverrückt und Freund des Amateursports, hatte im Februar sein Amt als Vorsitzender des Fördervereins vom TSV Dannenberg abgegeben. Er wollte ein neues Engagement, ohne gezielt zu suchen. Er fand den FCO, so erzählt er es, nicht auf die Art eines Headhunters. Arambasic wiederum sei nicht mit dem primären Ziel in die Havanna Lounge gekommen, dort einen neuen Namenspatron zu suchen. Bis zum Sommer gab es am Vinnenweg das Florian-Wellmann-Stadion, der Vertrag war ausgelaufen. Nur in einem Nebensatz habe der Trainer das in seinem Vortrag erwähnt, den der Geschäftsmann so leidenschaftlich und begeisternd fand. So kam man ins Geschäft.

Und? Ist es auch, rein wirtschaftlich betrachtet, ein gutes Geschäft? Nicht nur für den Verein, der im Grenzbereich zwischen Amateursport und professionellen Strukturen auf Sponsoren dringend angewiesen ist? Marko Mock sagt natürlich nicht, wie viel Geld er gegeben hat, darüber ist Stillschweigen vereinbart worden. Aber man darf davon ausgehen, dass er den Vertrag nicht nur als Fußballnarr, sonder auch als Unternehmer unterzeichnet hat. Der Unternehmer in ihm sage: „Das kostet ja auch etwas. Aber es entsteht auch ein neues Netzwerk, ich kann neue Mandaten und Mandate gewinnen.“ Wenn das so ist, dass alle gewinnen, dann hat das Sportsponsoring wenigstens in diesem Fall ein besonderes Merkmal. Im Sport gewinnt sonst immer nur einer.

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Trainieren fürs Ungewisse

Darf in der Fußball-Regionalliga im Lockdown-November trainiert werden? Die Fußballverbände wollen das im Austausch mit den Behörden erwirken, der Landessportbund hat nach Rücksprache mit den Ämtern vergangene Woche eine Empfehlung ausgesprochen. Frei übersetzt, lautet sie: Ein bisschen Training sollte gehen. Beim FC Oberneuland machen sie es laut Vizepräsident Uwe Piehl seit dieser Woche nun so: Auf den vier Feldern, die zur Verfügung stehen (Stadion, Kunstrasenplatz, Kleinfeldkäfig, gekreidete Rasenfläche mit mobilen Toren) werden jeweils zwei Kicker üben, dazu kann ein Betreuer Anweisungen erteilen. Circa 30 Minuten soll die Einheit jeweils dauern, dann können, nach einer Pause von zehn Minuten, die nächsten Spielerpaare auf die Felder. Geduscht wird nicht, die Spieler sollen bereits umgezogen kommen und gehen. Ob allerdings im Dezember tatsächlich der Ligabetrieb wieder aufgenommen wird, ist äußerst vage. Infektionszahlen, Verfügungslage, Bespielbarkeit der Plätze: nicht verlässlich vorhersehbar. Zudem stehen derzeit Teams, die unter die Einordnung Berufsausübung fallen und in Mannschaftsstärke trainieren dürfen (U23 von Werder und VfL Wolfsburg) im Wettbewerb mit Teams, die das nicht dürfen.

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