Am Montag saßen im Verwaltungsgebäude der Uni sechs Frauen und Männer zusammen, um ein Problem zu besprechen, das man wohl ohne Übertreibung als Dauerproblem bezeichnen darf. Es war schon vor Corona da, es ist dann mit Corona mitgewachsen. Es geht um den Zustand der Uni-Sporthallen. Beziehungsweise um deren Nutzung. In der Montagsrunde saßen: die Leiterin des Kanzlerreferats, ein Vertreter des Baudezernats, ein Sportkoordinator von der Ronzelen-Schule, einer aus der Bildungsbehörde sowie zwei Vertreter des Vereins für Hochschulsport, der die Hallennutzung organisiert.
So kompetent die Runde, so dick das Problem: Sowohl in den Hallen auf dem Campus, intern häufig als Hallen 1 bis 6 bezeichnet, als auch in der Halle an der Grazer Straße, intern oft Halle 7 genannt, sind die Lüftungsanlagen defekt. Oder zumindest schwer sanierungsbedürftig. Auf dem Campus seien sie seit Jahren nicht funktionsfähig, teilt die Uni auf Nachfrage mit. In Halle 7 seien sie „nicht umfassend nutzbar“. Der Politik sei das Dilemma bekannt, es fehle aber an der nötigen finanziellen Ausstattung. Die Uni sei generell stark unterfinanziert, der Sanierungsstau betrage mehrere Millionen. Die laufenden Betriebskosten für die Sportanlagen würden sich auf 700.000 Euro belaufen, wovon rund 500.000 aus dem Uni-Haushalt kämen. Geld, das wiederum für die Lehre fehle.
In der Sportszene wird erzählt, in Halle 7 habe ein Klimatechniker festgestellt, dass die Anlage nur im oberen Bereich ordentlich lüftet. Unten aber nicht. Mit Blick auf die Corona-Auflagen und den notwenigen Hygieneschutz hat die Uni zuletzt festgelegt, dass in den Campushallen nur maximal 20 und in Halle 7 nur maximal zehn Personen gleichzeitig Sport treiben dürfen. Was zu massiven Einschränkungen führte, und teilweise zu Unverständnis.
Mehr Sportlern Sport ermöglichen
Die Hallen werden stark angefragt, Tendenz steigend. Der Bedarf ist quasi dreigliedrig: Schulsport, Vereinssport, Hochschulsport. Aus dem Bereich Vereinssport sagt Daniel Teetz, Sportreferent beim TV Eiche Horn: „Ich kann die Entscheidung nicht nachvollziehen.“ Wie man bei einer großen Halle auf einen Erlaubnis-Wert von zehn Sportlern komme, sei ihm unerklärlich. Man könne zum Beispiel versuchen querzulüften, um mehr Sportlern Sport zu ermöglichen. Derzeit könne sein Verein weder die Halle Curiestraße noch die am Vorkampsweg nutzen. Die eine werde saniert, die andere habe einen Wasserschaden gehabt. „Ich wünsche mir, dass bei dieser Beschränkung die Verhältnismäßigkeit bedacht und eine Alternative geprüft wird“, sagt Teetz.
Eine nächste Überprüfung soll es Mitte Oktober geben. Ein externer Klimatechniker soll die Lüftungsanlagen begutachten. Auch bestehe laut Uni „der Auftrag zu prüfen, welche Alternativen es gibt, um möglichst bald die Situation zu verbessern“. Man rechne bis Ende Oktober mit einem Ergebnis. „Ich rechne nicht damit“, sagt Harald Wolf, Sportkoordinator an der Sportbetonten Schule Ronzelenstraße, „dass vor Mitte Dezember eine Antwort kommt, ob die Hallen mit mehr Schülern genutzt werden können.“ Für knapp 400 Schüler müsse er den Sportunterricht organisieren und frage derzeit permanent in der Gegend herum, wer aushelfen könne mit Hallenkapazitäten. 1860? Eiche Horn? Bremer HC? „Wir sind ständig on tour“, sagt Wolf.
Dass die Ronzelen-Schüler mit solchen Einschnitten umgehen müssen, habe praktisch auch eine Art Dominoeffekt, sagt Lars Thiemann vom Bremer Volleyball-Verband. Sein Verband sei darauf angewiesen, junge Talente an die Ronzelenschule zu schicken. Wenn dort aber kaum Sport angeboten werden könne, würden sich viele Eltern fragen, warum sie ihr Kind denn auf die Sportbetonte Schule schicken sollen. Der Verband finanziere zur Hälfte eine Kraft im Bundesfreiwilligendienst, Kurzform: einen Bufdi. Den würde man quasi für nix finanzieren, wenn der gar kein Volleyball-Unterricht geben könne. „Wie sollen wir den Verband denn mit Talenten versorgen?“, fragt Thiemann. Einmal im Fragemodus weitet er den Blick und schickt hinterher: „Wie soll bei einer solch desaströsen Infrastruktur ein Sportstudiengang funktionieren?“
Die marode Infrastruktur der Uni-Sporthallen ist, flapsig formuliert, ein alter Hut. Der Sport mit seinen tausenden Sporttreibenden, Sportschülern, Sporttalenten, Sportbetreuern oder auch einfach nur Sportbedürftigen sitzt quasi in einer Art Lobby-Falle. Seine Lobby galt im Land Bremen noch nie als besonders wuchtig. Die Uni bietet ihm zu wenig zum Glücklichsein, die Politik bietet der Uni zu wenig zum Glücklichsein. Es bleibt am Ende der Straßenbahnlinie sechs eine Mangelwirtschaft. Robust genug, um einer Pandemie problemlos die Stirn zu bieten, ist sie gleich gar nicht. Wenigstens die Außenanlagen können derzeit genutzt werden, wenn auch mit Abstrichen, was die Umkleideräume anbelangt. Dietrich Milles vom Verein für Hochschulsport sagt: „Wir haben fürs Wintersemester das Kurs-Programm aufgelegt, das nach jetzigem Stand möglich ist.“