Besser hätte der Länderspiel-Auftakt 2023 für die deutsche Handball-Nationalmannschaft eigentlich nicht laufen können: In der ausverkauften ÖVB-Arena feuerten 8872 Zuschauer die DHB-Auwahl in ihrem ersten von zwei WM-Vorbereitungsspielen gegen Island an und ließen die Halle bei jedem Tor beben.
Zu Beginn der ersten Halbzeit zeigten sich bei den Deutschen offensive Anlaufschwierigkeiten, die die Isländer nutzten, um mit 4:0 in Führung zu gehen. Erst in der fünften Minute gelang Philipp Weber in Überzahl der erste Treffer. Nach und nach stellte sich das deutsche Team jedoch besser auf den Gegner ein und Johannes Golla erzielte in der zehnten Spielminute den Ausgleich zum 4:4. Kurz darauf sorgte Rechtsaußen Patrick Groetzki mit seinem Tor zum 7:6 für die erstmalige Führung. Diese konnte die Mannschaft zur Halbzeit auf 18:14 ausbauen. "Die drei Chancen, die wir zu Anfang verworfen haben, waren dennoch gut ausgespielt. Das war eine gut Torhüterleistung bei den Isländern, das muss man anerkennen. Es ist nicht so, dass wir das verschlafen haben," sagte Bundestrainer Alfred Gislason nach dem Spiel. Zudem habe er versucht, mit zwei Leuten im Angriff zu wechseln, was gegen Island schwierig sei. "Die Isländer machen extrem Druck aus der Abwehr."
Wie schon zu Beginn hatte die deutsche Mannschaft auch in der Startphase der zweiten Hälfte Schwierigkeiten in der Offensive. Innerhalb von nur drei Minuten kamen die Isländer bis auf ein Tor heran. Doch Gislasons Schützlinge zeigten sich davon unbeeindruckt. Mit einem eigenen 6:0-Lauf zum 23:17 zog das DHB-Team davon. Bundestrainer Alfred Gislason nutzte den klaren Vorsprung zu personellen Experimenten und wechselte fast komplett durch. „Da ist ein kleines bisschen ein Bruch ins Spiel gekommen“, konstatierte er später. Die Isländer waren plötzlich wieder dran und gingen in der Schlussphase erstmals wieder in Führung. Gislason schickte zwar wieder seine Stammformation auf das Parkett. Doch das half am Ende nichts mehr: Die DHB-Auswahl verlor am Ende mit 30:31.
"Wir haben gerade in der Anfangsphase leichte Tore über Gegenstöße bekommen", gestand Gislason und schob nach: "Dennoch haben wir im Großteil des Spiels eine sehr gute Abwehr hingekriegt, was schwierig ist gegen die Isländer. Die sind unglaublich gut Mann gegen Mann. Damit hatten wir anfangs einige Probleme, aber das doch gut gelöst, gerade mit dem Innenblock mit Julian Köster und Johannes Golla."
Nach der Pause hätte die Mannschaft dann aber Pech gehabt: "Was uns das Genick gebrochen hat, waren zehn technische Fehler in der zweiten Halbzeit. Die waren teilweise ungezwungen, aber teilweise auch durch die gute Abwehr der Isländer begründet. Daran hat sich das Spiel entschieden." Das sei ärgerlich, habe aber nicht an mangelnder Konzentration gelegen. "Für uns war das ein sehr lehrreiches Spiel, weil Island eine sehr starke Mannschaft ist. Wir müssen von solchen Spielen weiter lernen und feststellen, dass der zweite Handschuh noch nicht so richtig sitzt", resümiert Gislason. Gislason lobte die Torhüterleistung von Andreas Wolff und Joel Birlehm. Wolff konnte mit insgesamt neun Paraden einen deutlicheren Sieg der Isländer verhindern.
Im Angriff glänzte vor allem Spielmacher Knorr. Der 22-Jährige von den Rhein-Neckar Löwen setzte seine Nebenleute oft gekonnt in Szene und suchte auch selbst immer wieder den Abschluss. Entsprechend zufrieden verfolgte Gislason an der Seitenlinie das Geschehen. „Er war überragend in der ersten Halbzeit“, lobte der 63-Jährige den Jüngsten im deutschen Team. „Aber in den letzten 15 Minuten hat auch Juri viele technische Fehler gemacht.“ Nach der Auswechslung gegen Luca Witzke sei es dann nicht mehr ganz so gut gelaufen, gibt er zu. "Wir haben sehr viele Fehler bei den Kreisanspielen gemacht und wurden zunehmend ungefährlich aus dem Rückraum."
WM-Vorrunde im Fokus
Vor den 8872 Zuschauern in der ÖVB-Arena waren Kapitän Johannes Golla und Spielmacher Juri Knorr mit jeweils sechs Toren beste Werfer für das DHB-Team, das eine Viertelstunde vor dem Ende noch mit sechs Toren in Führung lag. „Es ist schon ärgerlich, dass dieses Ergebnis auf der Anzeigetafel steht“, sagte Knorr. „Wir machen ein tolles Spiel, am Ende aber zu viele Fehler.“ Kreisläufer Golla pflichtete ihm bei: „Ich sehe natürlich auch das Positive, aber aktuell ist da keine Zufriedenheit, denn wir haben das Spiel zu leicht aus der Hand gegeben.“
Ähnlich bewertete Torwart Andreas Wolff den Auftritt. „Wir haben im Angriff lange sehr variabel und effizient gespielt und in der Abwehr kämpferisch überzeugt. Die Jungs haben gegen die Weltklassespieler der Isländer eine fantastische Beinarbeit gezeigt“, lobte er. Beim zweiten Testspiel gegen Island in Hannover am Sonntag wollte man sich dafür revanchieren. Dies gelang der Mannschaft mit 33:31 vor ebenfalls ausverkaufter Halle. Auch hier glänzten Juri Knorr und Andreas Wolff.
Gislason wagte einen Ausblick auf die Vorrundengegner bei der WM, wo die Mannschaft am Freitag, 13. Januar das Auftaktspiel gegen Katar bestreitet. Katar sei schon seit Dezember in der WM-Vorbereitung. "Das Gerüst der Mannschaft sind die älteren, erfahrenen Spieler", meinte der Trainer. Serbien habe am Freitag mit einem Tor gegen Schweden verloren, nachdem sie das ganze Spiel über geführt hätten. "Das ist eine Mannschaft, die körperlich sehr gut ist, mit guten Kreisläufern und überragenden Torhütern." Für den deutschen Bundestrainer steht fest: "Es hängt extrem viel von den ersten Spielen ab. Nimmt man die Punkte nicht mit, darf man sich keinen Ausrutscher mehr erlauben. Deshalb sind wir sehr fokussiert auf die Gruppenphase."