Benjamin Thönes legt seine Taktiktafel auf den Rasen, auf die er mit einem schwarzen Edding ein Viereck zeichnet. Er winkt sein Team zu sich heran, das sich im Halbkreis um ihn stellt. Während er mit drei verschiedenfarbigen Stiften Pfeile und Striche auf die Tafel malt und mehrere Magneten auf ihr umherschiebt, erklärt er die nächste Übung. Er endet mit den Sätzen „Gibt's dazu Fragen? Eigentlich nicht, oder? Also los!“, die er ohne Pause aneinanderreiht. Dann springt er auf, greift sich seinen Lacrosseschläger. Wenig später knallt es, als der 28-Jährige diesen auf den Aluminiumschläger seines Teamkollegen donnert und ihn schließlich zu Boden tackelt.
Obwohl es sich für Thönes und die Lacrosser des ATS Buntentor nur um den Trainingsauftakt für die neue Spielzeit handelt, geht es schon ordentlich zur Sache. Die Mannschaft, die weiterhin das einzige männliche Lacrosseteam Bremens ist, hat aber auch neben dem Platz große Ziele: Zur kommenden Saison verpasst sie sich ein neues Image und stellt sich professioneller auf, etwa mit einem neuen Teammanager, um ihren Sport bekannter zu machen – auch im Hinblick auf die Sponsorensuche in Bremen. Das soll unter anderem ein „Rebranding“, so Thönes, bewirken: Bisher waren die Bremer Lacrosser in Anlehnung an die Mannschaft des Seeräubers Klaus Störtebeker unter dem Namen Likkedeeler (niederdeutsch für: Gleichteiler) bekannt. „Leider hat der Name nur wenig Wiedererkennungswert“, sagt Thönes. Daher tritt das Team zukünftig unter dem Namen Huskies an.
Thönes läuft seit sechseinhalb Jahren für das Lacrosseteam des ATS auf. Über einen Freund ist er zu Abiturzeiten an den Sport gekommen. Inzwischen ist der Lehramtsstudent seit Anfang des Jahres Spielertrainer. Bis dahin waren einzelne Teammitglieder hin und wieder in die Funktion des Coaches geschlüpft. Als Thönes übernahm, stellte er das System um, integrierte neue Spielzüge, sogenannte Drills. Komisch habe sich die neue Rolle angefühlt, sagt der Angreifer. Am Saisonende aber gewann die Mannschaft, die mit den Osnabrück Peacekeepers eine Spielgemeinschaft bildete, in der 2. Bundesliga Nord die Meisterschaft. Den Aufstieg lehnte das Team jedoch ab. „In der ersten Liga gibt es viele Hochkaräter, deren Niveau wir noch nicht haben“, sagt Thönes. Zudem hätten die Bremer wesentlich weitere Fahrten quer durch Deutschland in Kauf nehmen müssen.

Hat mit den Huskies Großes vor: Spielertrainer Benjamin Thönes.
Viele Lacrossespieler in Deutschland sind Studenten
Das Ziel für die kommende Saison lautet daher: Titelverteidigung – trotz eines stark veränderten Kaders. Der Zweitligist wird zum einen ohne Verstärkung aus Osnabrück auskommen müssen und hat zum anderen mehrere Abgänge zu verkraften – was aber Tradition hat, da viele Lacrossespieler in Deutschland Studenten sind. „Sobald das neue Semester beginnt, haben wir eine hohe Fluktuation“, sagt Thönes. Neue Impulse könnten daher Spieler setzen, die sich neu an der hiesigen Universität eingeschrieben haben. „Über den Buschfunk der Liga hören wir, wer aus der Lacrosseszene nach Bremen kommt“, sagt Thönes.
Weiterhin rücken einige Spieler aus der eigenen Jugend nach. Dass die Nachwuchskräfte direkt Verstärkungen seien können, zeigt unter anderem der Werdegang der Egge-Brüder Felix und Simon: Die Eigengewächse liefen in der U 19-Jugendnationalmannschaft auf, bevor sie zu den Herren wechselten. Andere Leistungsträger wie Jan Derk Groeneveld, der in der vergangenen Saison die meisten Tore im Team erzielte, oder Goalie Kristian Schweitzer blieben den Huskies treu. Schweitzer, ein laut seines Trainers „crazy Typ ohne Schmerzgefühl“, ist sogar dänischer Nationaltorhüter.
Das Interesse am Team hat zugenommen
Ohnehin sei der Kader viel größer als früher, sagt Thönes. Das Interesse an dem Team, das sich im Jahr 2002 gegründet hat, habe spürbar zugenommen, sowohl was Zuschauer als auch was die Medien betrifft. Nicht umsonst gilt Lacrosse als die Sportart, die aktuell weltweit am meisten wächst. In Deutschland sind die Mitgliederzahlen mit etwa 4500 Spielern überschaubar. Bei den Olympischen Sommerspielen 1904 und 1908 war Lacrosse olympische Disziplin; inzwischen gibt es Überlegungen, den Sport wieder in den Wettbewerb aufzunehmen. „Das würde uns sehr helfen“, sagt Thönes.
Damit die kommende Spielzeit ähnlich erfolgreich verläuft, wie die vergangene endete, brauche seine Mannschaft mehr Konstanz, so der Coach. Denn beim Lacrosse gelte: Wer am wenigsten Fehler macht, gewinnt das Spiel. Sollte am Saisonende tatsächlich erneut die Meisterschaft für die Huskies herausspringen, sei der Wechsel in die höchste Liga Deutschlands denkbar, sagt Thönes und stellt folgerichtig schon mal klar: „Also ich will auf jeden Fall aufsteigen.“