Mit Videokonferenzen kennen sich die Bremer Fußballvereine mittlerweile ganz gut aus. Kurz vor Ostern hatte der Bremer Fußballverband (BFV) die Klub-Vertreter das erste Mal zu einer virtuellen Versammlung geladen, um sich ein Meinungsbild über die Situation im Bremer Fußball zu verschaffen. Jetzt gab es das zweite Treffen. Und Björn Fecker benötigte als Präsident und Moderator jeweils knappe 45 Minuten für die beiden Konferenzen, bis feststand: Die Vereine wollen einen vorzeitigen Saisonabbruch und nicht darauf warten, ob die Situation sich in den kommenden Wochen verändert und eine Fortsetzung im September doch noch möglich wäre.
89,5 Prozent stimmten für den Saisonabbruch
Erst hatten die Vereine aus Bremen-Nord und Bremerhaven abgestimmt, in einer zweiten Konferenz waren dann die Klubs aus Bremen an der Reihe. Die Tendenz war in beiden Runden identisch. 51 der anwesenden Vereine votierten für einen Saisonabbruch, das entsprach 89,5 Prozent. Lediglich sieben Prozent (vier Vereine) stimmten für eine Fortsetzung der Saison nach den Sommerferien. 3,5 Prozent (zwei Vereine) enthielten sich der Stimme. Insgesamt nahmen an den Abstimmungen 57 Vereine teil. Wie der BFV mitteilte, fehlten bei der Videokonferenz 17 Vereine, davon hätten allerdings neun Vereine derzeit keine Mannschaften im Spielbetrieb. Im Jugendbereich wird die Winterserie 2019 als Ergebnis der Saison 2019/2020 gewertet. Die Staffeleinteilung für die neue Saison entspricht der Einteilung für die Sommerrunde 2020. Alle Regelungen gelten aber nur dann, wenn der Außerordentliche Verbandstag des BFV am 4. Juni zustimmt.
Bevor Fecker die Vereinsvertreter um ihr Votum bat, stellte er den Vorschlag des BFV vor, wie die Wertung in den einzelnen Ligen aussehen könnte. Demnach soll zur Ermittlung der Tabelle ein Quotient aus zum Zeitpunkt des Abbruchs erzielten Punkten und der Anzahl der ausgetragenen Spiele gebildet werden. Ist der Quotient gleich, soll das Torverhältnis über den Tabellenplatz entscheiden. Klar ist auch: Es wird lediglich Aufsteiger geben, auf Absteiger soll im Grundsatz verzichtet werden. Eine Ausnahme bilden die Mannschaften, die schon vor Einstellung des Spielbetriebs zurückgezogen oder gestrichen wurden. Für die höchste Klasse in Bremen, die Bremen-Liga, hieße das: Der FC Oberneuland wäre Meister. Ob er aber auch in die Regionalliga aufsteigen würde, ist noch nicht geklärt.
Bindende Wirkung hat dieses Votum allerdings noch nicht, es kam eher einer Probeabstimmung gleich. Juristisch besiegelt werden kann ein Saisonabbruch nur auf einem Außerordentlichen Verbandstag. Und dafür hat der BFV auch schon einen Termin gefunden: Am 4. Juni wird final entschieden, ob das Votum auch offiziell umgesetzt wird. Doch das ist bei der Eindeutigkeit der Abstimmung wohl ein Selbstläufer. „Wir gehen davon aus, dass das Votum auch so bleibt“, sagt Uwe Piehl, Vorstandsmitlied beim FC Oberneuland. Aber der BFV kann eben frühestens am 4. Juni erklären, welche Vereine in der kommenden Saison eine Liga höher spielen werden.
Klar ist schon, dass die Bremen-Liga in der Serie 2020/21 mit 18 Mannschaften spielen würde – aus der Landesliga wären der OSC Bremerhaven und KSV Vatan Spor aufstiegsberechtigt. Würde FC Oberneuland zudem in der kommenden Saison in der Regionalliga spielen, gäbe es sogar einen dritten Aufsteiger. Das wäre bei der angestrebten Quotientenregelung der TuS Komet Arsten, der das bessere Torverhältnis hat als Tura Bremen. Um zu vermeiden, dass in der kommenden Saison dann gleich vier Teams absteigen müssten, möchte der BFV die höchste Liga erst in zwei Jahren wieder auf 16 Teams reduzieren und schlägt ein Abschmelzen der Liga vor. Wie das genau aussehen kann, wird am 4. Juni entschieden.
Unklarheit über die Pokalwettbewerbe
Völlig unklar ist derzeit, wie es in den Pokalwettbewerben weitergeht. In der BFV-Mitteilung heißt es: „Der Abbruch gilt nicht für die Pokalwettbewerbe der Herren, Frauen und A-Junioren. Hier soll erst die Entwicklung auf DFB-Ebene abgewartet werden – insbesondere bis wann eine Meldung der jeweiligen Teilnehmer an den DFB erfolgen muss.“ Klingt entspannt, birgt aber echtes Zoff-Potenzial. Denn im Herren-Pokal geht es um richtig viel Geld, schließlich zieht der Sieger in die erste Runde des DFB-Pokals ein – und könnte im besten Fall auf Bayern München treffen.
Mit dem FC Oberneuland, Blumenthaler SV, SC Borgfeld und dem FC Huchting stehen die vier Halbfinalisten bereits fest. Darf weiter kein Fußball gespielt werden, muss ein Modus gefunden werden, um einen Teilnehmer aus dem Bremer Lotto-Pokal für die erste DFB-Pokalrunde zu melden. Die ist zwar noch nicht neu terminiert, eine Meldefrist aber wird es geben. In der kommenden Woche will Fecker mit den vier Vereinen sprechen und nach einer Lösung suchen. Denkbar ist alles: ein Losverfahren, ein Elfmeterschießen, oder aber ein Klub wird bestimmt, die anderen drei Vereine könnten an den Einnahmen im DFB-Pokal partizipieren. Beim Hamburger Fußball-Verband gibt es übrigens einen Pokal-Passus, der vorsieht, dass der aktuell bestplatzierte Verein aller verbliebenen Teams in der kommenden Saison am DFB-Pokal teilnehmen darf. Eine Modus, mit dem sich in Bremen wenigstens drei der vier Mannschaften nicht anfreunden dürften.
Möglicher Aufstieg in die Regionalliga wird für FC Oberneuland zur Hängepartie
Mit dem klaren Votum für den vorzeitigen Saisonabbruch ist die wichtigste Frage im Bremer Fußball praktisch entschieden: Der FC Oberneuland dürfte als Meister der Bremen-Liga feststehen. Aber gefeiert wird nicht, Trainer Kristian Arambasic will mit seiner Mannschaft unbedingt aufsteigen in die Regionalliga. Aber ob, wie und wann das klappen könnte, steht derzeit nicht fest. Gerüchte gibt es viele, belastbar ist keines. Aber denkbar ist zumindest, dass die Meister aus Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein direkt aufsteigen und damit künftig in der vierthöchsten Klasse spielen. Dadurch würde die Aufstiegsrunde entfallen, da derzeit nicht absehbar ist, wann es im Amateurbereich wieder zu Punktspielen kommen kann. Für Oberneuland wäre es die schnellste Lösung, um nach oben zu kommen.
Allerdings haben im Norden noch nicht alle Verbände geregelt, wie weiter verfahren wird. Bremen hat im Prinzip einem Saisonabbruch zugestimmt, in Schleswig-Holstein ist er sogar schon offiziell. In Hamburg wird zeitnah eine Entscheidung erwartet, in Niedersachsen ist alles offen. Dort hatte der Vorstand für eine Fortsetzung im September votiert, die Vereine aber wollen die Saison abbrechen. Erst wenn alle Verbände Klarheit haben, will der Norddeutsche Fußballverband entscheiden, wie es mit der Regionalliga weitergeht.