Zweimal in Folge sind die deutschen Beckenschwimmer bei Olympischen Spielen leer ausgegangen. Weder in London 2012 noch in Rio de Janeiro 2016 gab es eine Medaille. An dieser Misere hatte der Deutsche Schwimmverband (DSV) lange zu knabbern. In Tokio soll dieser Bann gebrochen werden. Der große Hoffnungsträger kommt dabei aus Bremen: Doppelweltmeister Florian Wellbrock ist über seine Paradedisziplin 1500 Meter Freistil ein Gold-Kandidat, zudem springt er über 800 Meter Freistil ins Becken und startet in der zweiten Woche auch noch über zehn Kilometer Freiwasser.
Der 1,92 Meter große Modellathlet ist gut vorbereitet auf diese Olympischen Spiele. Sowohl im Becken als auch im offenen Gewässer hat er zuletzt mehrfach seine gute Verfassung unter Beweis gestellt.
Wellbrock ist Vollprofi. Er wird von einer Agentur vermarktet und kann sich komplett auf seinen Schwimmsport konzentrieren – anders als 2016 bei seiner Olympiapremiere in Brasilien. Da war er noch der unerfahrene Newcomer, der unter dem Erwartungsdruck verkrampfte und enttäuschte. Heute ist er reifer. Erfahrener. „Definitiv. Ich bin inzwischen ganz gut darin, die Aufregung vor dem Wettkampf zu steuern“, sagt Wellbrock dem WESER-KURIER.
Heute weiß er, das Adrenalin im Körper richtig einzusetzen. Florian Wellbrock hat bewiesen, dass er auf großen Bühnen bestehen und auch glänzen kann. Seit April 2018, seit den Swim Open in Stockholm, wo er Weltjahresbestzeiten über 800 und 1500 Meter aufgestellt hat, gehört Wellbrock zur Weltspitze. Im selben Jahr wurde er noch Europameister über 1500 Meter und gewann EM-Bronze über 800 Meter. Und ein Jahr darauf krönte er sich schließlich zum Doppelweltmeister, als er den Titel über 1500 Meter im Becken und über zehn Kilometer im Freiwasser gewann.
Für den gebürtigen Bremer, der seit 2014 am Bundesstützpunkt in Magdeburg heimisch ist, beginnen die Spiele am 27. Juli, dann steht der Vorlauf über 800 Meter Freistil auf dem Programm. Spiele, die coronabedingt so ganz anders werden als in Rio, wo er erstmals olympisches Flair schnupperte. „Ich hoffe“, sagt Wellbrock, „dass das Hygienekonzept so stimmig ist, dass man möglichst viel Ruhe hat vor Corona und wir den Fokus voll auf die Wettkämpfe legen können.“ Florian Wellbrock ist komplett geimpft, auch das sei ihm wichtig gewesen mit Blick auf Tokio, sagt er. Dadurch sei er besser abgesichert und habe mehr Ruhe für den Kopf.
Diese Ruhe will er sich auch vor seinem ersten Start gönnen, deshalb wird Wellbrock auf eine Teilnahme an der Eröffnungsfeier verzichten. „So eine Veranstaltung passt mental einfach nicht in meinen Ablauf“, sagt der 23-Jährige. Er möchte sich nicht ablenken lassen, sondern die Konzentration hochhalten. Er will locker bleiben und die Balance wahren.
Wellbrock ahnt, was auf ihn zukommt. Er weiß, dass er der Gejagte sein wird. „Die Konkurrenz weiß, was ich kann“, sagt Wellbrock. Er selbst weiß das natürlich auch – und ein bisschen träumen sei ja erlaubt: „Olympiasieger zu werden“, sagt Wellbrock, „wäre für mich das Allergrößte! Natürlich träumt man von dieser olympischen Goldmedaille. Wenn ich sage, ich bin mit Silber zufrieden, wäre das gelogen.“