Walter Kind hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Doch die Hilferufe des Präsidenten des Pferdesportverbands Bremen (PSVB) werden dringlicher, hör- und auch sichtbarer. Walter Kind, der hauptberuflich einen landwirtschaftlichen Betrieb leitet und zudem Vorsitzender des RFC Niedervieland ist, hat in einem Schreiben noch einmal mit Nachdruck auf die Sorgen der Reitsportvereine hingewiesen. Die Botschaft: Die im Bremer Dachverband organisierten Klubs befürchten massiv, dass sie die Corona-Krise finanziell nicht überstehen werden.
Die aktuelle Situation, in der der Sportbetrieb in den Vereinen untersagt ist, trifft alle Klubs hart. Doch der Reitsport hat neben dem ruhenden Betrieb und der Bezahlung von Personal noch eine Besonderheit: Zu seiner Grundausstattung zählen lebende „Sportgeräte“, die sich allein weder ernähren noch pflegen können. „Härter kann man einen Reiter, Voltigierer oder Fahrer gar nicht treffen“, klagt Walter Kind, dem natürlich bewusst ist, dass die allgemeine Gesundheit derzeit vorgehe.
Walter Kind hat bei der Bremer Aufbau-Bank (BAB) einen Antrag auf Förderung gestellt und den im PSVB organisierten Vereinen geraten, Gleiches zu tun. Zweite Empfehlung des Verbandschefs ist ein Spendenaufruf im eigenen Klub und darüber hinaus, um auf diesem Weg Einnahmen für die Versorgung der Pferde zu erzielen. Denn selbst wenn Mitglieder weiterhin ihren Beitrag bezahlen: Die Einkünfte daraus dürfe, so Walter Kind, ein Verein nicht für seine Schulpferde verwenden. „Die Schulpferde sind Teil eines Wirtschaftsbetriebs“, sagt Kind. Die Kosten, die dieser Wirtschaftsbetrieb verursache, würden ausschließlich durch den Erlös von Reitstunden gegenfinanziert. Reitstunden sind derzeit allerdings untersagt. Würde ein Verein nun aber Mitgliedsbeiträge für den Wirtschaftsbetrieb abzweigen, wäre er vom Verlust seiner Gemeinnützigkeit bedroht.
Der RFC Niedervieland, also der Verein von Walter Kind, steckt in folgender Situation: Er verfügt über elf Schulpferde, die gegen eine monatliche Miete im Landwirtschaftsbetrieb untergestellt und futtertechnisch versorgt werden. Bewegung und Pflege der Tiere, so ist es vertraglich geregelt, obliegen dem Verein. Da mit den Schulpferden derzeit kein Geld verdient werden kann, droht dem Verein die Zahlungsunfähigkeit. „Dann müssen wir unverzüglich Konkurs anmelden“, schreibt Walter Kind in seinem Antrag an die BAB. Und weiter heißt es: „Aber auch das hilft uns nicht, denn die Tiere müssen ja weiter versorgt werden. Also würde nur die sofortige Schlachtung zur Kostenminimierung führen.“ Ein Teufelskreis, in dem die Reitvereine stecken. Unabhängig davon, dass kein Verein seine Pferde zum Schlachter bringen will: In Bremen dürften, so Walter Kind, nur Pferde geschlachtet werden, die entweder zu alt oder krank sind. Genau das sind Schulpferde nicht.
Der PSV Bremen hat, um seine Vereine zu entlasten, die Zahlung der Mitgliedsbeiträge an den Dachverband auf September verschoben. Außerdem kommt der Landessportbund (LSB) allen bremischen Vereinen damit entgegen, dass er seinerseits die Beitragsforderungen statt Anfang Mai etwa sechs Wochen später verschicken werde. Nur: Der LSB ist wie alle Verbände und Vereine auf Mitgliedsbeiträge angewiesen. Noch ein Teufelskreis.
Da Vereine in der Regel keine Rücklagen bilden dürfen, setzt Walter Kind einstweilen weiter auf die Appelle und Spendenaufrufe an die Mitglieder. „Denn wenn wir unsere Partner, also die Pferde, erst einmal verloren haben, ist unser Sport kaputt.“