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Spaß an der frischen Luft Was Bremens einzige Gesundheitswanderführerin anbietet

Rita Immisch hat sich für den beruflichen Ruhestand eine neue Aufgabe gesucht. Nun wandert sie mit ihren Gruppen nicht im klassischen Sinn, sondern bearbeitet auf jeder Tour ein Gesundheitsthema.
12.07.2022, 07:30 Uhr
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Was Bremens einzige Gesundheitswanderführerin anbietet
Von Jörg Niemeyer

An den Schlussakt ihrer Ausbildung im vergangenen Jahr denkt Rita Immisch mit gemischten Gefühlen zurück. "Es ist schon eine spezielle Situation, wenn man gefühlt 100 Jahre keine Prüfung mehr gemacht hat", sagt die 64-Jährige und lacht. Ein Problem sei der Abschluss dann aber nicht wirklich gewesen. Und so ist sie jetzt eine vom Deutschen Wanderverband (DWV) zertifizierte Gesundheitswanderführerin – nach eigener Aussage die derzeit einzige in Bremen und unter bundesweit insgesamt etwa 1000 eine von wenigen in Norddeutschland.

Doch der Norden hole auf, hat Rita Immisch festgestellt. Wandern ist inzwischen auch da angesagt, wo es keine Berge gibt. Wer wandern möchte, fährt auch nicht mehr notwendigerweise in den Urlaub. Wandern ist überall und theoretisch ab der eigenen Haustür möglich. Dass sich Wandern schon als Trendsport erweise, bestätigt Rita Immisch so zwar nicht. Aber 30 Prozent der Deutschen seien begeisterte Wanderer, sagt sie – nur eben nicht alle organisiert in Vereinen oder an Treffpunkten, an denen die Rentnerin ihre Dienste anbietet.

Rita Immisch hat vor ihrem Ruhestand zuletzt 15 Jahre als Vermessungsingenieurin in Bremerhaven gearbeitet. Ein spannender Beruf, der zumindest indirekt nun auch mit ihrem Freizeitjob zu tun hat. "Bei meinen Vorbereitungen kann ich das Wandern mit der Technik verbinden – mit Karte und Kompass zum Beispiel", sagt sie. Und sie plane ihre Touren gerne zu Hause mit einem Luftbild auf dem Tisch. Dann könne sie herausarbeiten, wo sich auf der Strecke eine Wiese oder ein Platz befindet, an dem sie mit den Teilnehmern die Gesundheitsübungen machen kann.

Dass Wandern an sich schon gesund ist, bestreitet niemand. Aber eine zertifizierte Wanderführerin, die Rita Immisch im Zuge ihrer Ausbildung auch geworden ist, macht nun doch etwas grundlegend anderes als eine Gesundheitswanderführerin. Während Erstere, vereinfacht gesagt, eine Strecke ausarbeitet, dabei vielleicht noch auf ein oder zwei Einkehrmöglichkeiten achtet und darauf, dass sich niemand verlaufen möge, hat Letztere ein richtiges Programm erstellt.

Gesundheitswandern ist kürzer, sowohl zeitlich als auch die Länge der Strecke betreffend. Beim Gesundheitstreffpunkt West in Oslebshausen, wo Rita Immisch ebenfalls im Einsatz ist, besteht die Einheit durchaus mal nur aus mehreren kleinen Runden im Park und ist auf 90 Minuten begrenzt. Bei Tura, ihrem Stammverein seit etwa 25 Jahren, dauert die größere Runde zweieinhalb Stunden. Was jedoch hier wie da gleich ist: Stets setzt sich die Wanderung aus mehreren Abschnitten zusammen.

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Die Teilnehmer, vorwiegend im Alter zwischen 60 und 75, wandern eine Zeit lang, machen dann eine Pause für Übungen und wandern danach weiter. Manchmal machen sie auch während des Wanderns Übungen, ziehen beispielsweise die Knie nach oben. Und manchmal beschäftigt Rita Immisch ihre Schützlinge auch unterwegs mit Kopfarbeit und Gesundheitsthemen. "Für jeden Termin bereite ich mich thematisch vor", sagt die Übungsleiterin. Insgesamt habe sie derzeit Inhalte für 20 verschiedene Einheiten. Nach der zwanzigsten fange sie inhaltlich wieder mit der ersten an.

Kürzlich in Oslebshausen seien die Füße das Thema gewesen. Barfuß sollten die Teilnehmer über eine frisch gemähte Wiese gehen, danach folgte Fußgymnastik. Und stets beschließe ein gemeinsames Zusammenkommen im Kreis die Gesundheitswanderungen. Dann werde bei Bedarf das Thema des Tages noch einmal wieder aufgenommen. Manchmal bilde eine Dehn- oder Koordinationsübung das Finale. "Das ist auch eine schöne Hausaufgabe", sagt Rita Immisch. Sie hat aber auch nichts dagegen, wenn die Teilnehmer von sich aus Themenvorschläge machen.

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Bewegung im Freien sei immer eine gute Idee, sagt Rita Immisch. Frische Luft, Sport treiben und sich in der Natur aufhalten: Alles verbessere das Wohlbefinden. "Warum sollte man die drei Dinge nicht miteinander kombinieren?", fragte sich die 64-Jährige – und damit war klar, was sie für sich und andere Menschen im Ruhestand machen möchte.

So genau wie eine Ingenieurin arbeitet, so genau plante sie auch die Phase nach ihrem Arbeitsleben. Lesehelfer, Mathehelfer, Erste Hilfe für Kinder: Auch das hätte sich Rita Immisch vorstellen können. "Es sollte auf jeden Fall etwas Sinnvolles sein", sagt sie. Ganz oben auf der Liste habe aber Wandern gestanden. Gewandert war die Mutter von drei Kindern von klein auf, allerdings nie intensiv. Nun sollte das Wandern spät ihre Passion werden, und deshalb trat sie 2019 dem Verein der Wanderfreunde Bremen bei. Mit dem Ziel, zu erkunden, wie dort Wanderungen geplant und angeboten wurden. Und sie habe den Vereinsverantwortlichen beim Eintritt schon gesagt, dass sie später selbst Wanderungen anbieten möchte.

Das macht die Ruheständlerin nun auch bei den Wanderfreunden, wo sie neben Oslebshausen und Tura sozusagen eine dritte Stelle hat. Sie bietet ihr Programm an, weil es ihr Spaß macht. Ums Geldverdienen gehe es ihr nicht. Sie wolle, nachdem sie noch am Anfang ihrer Laufbahn als Gesundheitswanderführerin steht, erst mal schauen, wie es läuft. Wenn sie irgendwann nicht mehr nachgefragt werden sollte, sei es so.

Andererseits werde sie vielleicht auch mehr machen. "Schulwanderungen mit Kindern: Das könnte ich mir vorstellen", sagt sie. Ideen habe sie genug – auch inhaltlich. "Mir macht es Spaß, Technik und Draußensein zu verbinden", sagt sie. Die Natur biete so viele Möglichkeiten, um sich fitter zu machen. Gymnastik an Bänken und Bäumen komme für ihre Übungen ebenso in Betracht wie das Einbeziehen von Treppen. So sei das sogenannte Metalhenge an der Mülldeponie, dieses neue Kunstwerk im Blockland, "eine Muckibude im Freien", die wohl schon längst Bestandteil ihrer Wanderungen wäre, läge sie nicht so weit weg von der Stadt. Was nicht ist, kann aber noch werden. Schließlich ist Rita Immisch in ihrem neuen Betätigungsfeld bislang noch gar nicht richtig angekommen.

Zur Sache

Wandern zum Ausprobieren

Wer wissen möchte, was Rita Immisch anbietet, kann sich auf ihrer Homepage unter www.gesundheitswandern-bremen.de schlau machen. Radwandern zählt ebenfalls zum Angebot. Was sie nicht machen möchte, verrät die 64-Jährige auch: mehrtägige Touren. Das sei nicht ihr Ding. Halbtagestouren ins Bremer Umland organisiere sie aber ebenso wie ihre Gesundheitswanderungen in Oslebshausen, bei Tura oder den Wanderfreunden Bremen. Die Teilnahme am Gesundheitstreffpunkt West in Oslebshausen ist kostenlos, Nichtvereinsmitglieder können das Angebot bei Tura (für zwei Euro) oder den Wanderfreunden (für drei Euro) gegen ein geringes Entgelt kennenlernen.

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