Fünf Vogelarten stehen im Fokus: der schwarz-weiß gefärbte Kiebitz, die drei Arten Uferschnepfe, Rotschenkel und Bekassine mit jeweils langen, geraden Schnäbeln, und schließlich der Große Brachvogel mit seinem langem, jedoch gekrümmtem Schnabel. Diese fünf Watvogelarten legen bevorzugt im Grünland ihre Nester auf dem Boden an und bauen sie nicht wie die meisten Vogelarten hoch oben in Büschen oder Bäumen. Dies macht sie besonders anfällig gegenüber Störungen durch die Landwirtschaft, die das Grünland im Frühjahr, zur Brutzeit der Vögel, bearbeiten müssen: Den Eiern und den Küken werden Walzen, Schleppen, Güllewagen, scharfe Klingen der Mähgeräte oder auch die Hufe von Rindern leicht zum Verhängnis. Und da ihr langer Schnabel dazu dient, in weichem, feuchtem Boden zum Beispiel nach Schnecken oder Regenwürmern zu stochern, brauchen sie Grünland, das nass ist – Entwässerung entzieht ihnen die Nahrungsgrundlage.

Arno Schoppenhorst, der als freier Mitarbeiter beim BUND Bremen das Blockland betreut, kontrolliert die Nester.
Da das Grünland in Norddeutschland inzwischen fast flächendeckend entwässert ist und intensiv bewirtschaftet wird, sind diese empfindlichen Wiesenbrüter heute stark gefährdet oder bereits an den Rand des Aussterbens gebracht.
Projekt Wiesenvogelschutz auf 4500 Hektar
Seit dem Jahr 2004 versucht das Projekt „kooperativer Wiesenvogelschutz in Bremen“ auf intensiv genutzten Grünlandflächen den Bruterfolg der Wiesenbrüter durch eine Zusammenarbeit von Landwirten mit Naturschützern zu steigern. „Die Gebietskulisse, zu der Teile des Blocklands, Oberneulands sowie des Niedervielands gehören, umfasst insgesamt rund 4500 Hektar – und seit dem Jahre 2014 verzeichnen wir bei den Wiesenbrütern einen deutlichen Aufwärtstrend“, sagt Arno Schoppenhorst, der als freier Mitarbeiter beim BUND Bremen das Blockland betreut.

Um die Kiebitzbrut vor Mähmaschinen zu schützen, wurde ein Überrollbügel installiert.
„Der Durchbruch nach einer längeren Experimentierphase kam mit dem Bewässern der Flächen“, sagt er, „wir schaffen inzwischen inselartig vernässte Areale im weiterhin intensiv genutzten Grünland. Darin konzentrieren sich die Wiesenbrüter in erstaunlichen Dichten“. Mithilfe von Solarpumpen werden im Projekt Senken oder kleine Tümpel auf einer Fläche von drei bis vier Hektar bis ins späte Frühjahr nass gehalten. „In diesem Jahr tummeln sich etwa 700 Paare der Wiesenbrüter in den Flächen des Blocklands“, sagt Schoppenhorst, „besonders die in Deutschland vom Aussterben bedrohte Uferschnepfe hat einen deutlichen Satz nach oben gemacht. Inzwischen brüten dort mehr als 80 Paare. Und auch die anderen Arten konnten in 2023 zulegen“.
Schutzgitter über den Nestern
Doch das Wasser ist nur der einer, wenn auch extrem wichtiger Faktor, um den Bruterfolg der Wiesenbrüter zu erhöhen. „Die vernässten Flächen werden zugleich gesichert, weil sie von der frühen Mahd ausgespart bleiben, und über Gelege wird ein Schutzgitter angebracht“, sagt Schoppenhorst, „und um das Projekt erfolgreich durchzuführen, haben wir einige Areale gekauft oder Verträge mit den ortsansässigen Landwirten abgeschlossen, die eine Prämie erhalten“. In diesen nassen Fenstern im Blockland käme es zu einer ungeahnten Ansammlung bedrohter Wiesenvögel: „Über diesen Flächen sieht man manchmal bis zu 50 Schnepfen in der Luft“, sagt der Vogelkundler.

Die Uferschnepfe ist ein Watvogel und brütet vorwiegend auf Feuchtwiesen.
Doch lockt eine derart hohe Konzentration brütender Vögel, Eier und Küken nicht auch räuberische Tiere, wie Rabenkrähe, Rotfuchs oder Steinmarder, an? Arno Schoppenhorst kann dies verneinen: „Diese Beutegreifer sind im Frühjahr auf die gemähten Flächen fokussiert, von denen sie sich verletzte oder tote Tiere holen. In die ungemähten, nassen Bereiche, in denen sich die Wiesenvögel konzentrieren, dringen sie kaum vor“. Und wenn einmal der Nachwuchs verloren gehe, seien die Wiesenbrüter in der Lage, schon nach wenigen Tagen ein zweites oder sogar drittes Gelege zu produzieren.
Projekt mit Vorbildcharakter
Der Erfolg des Wiesenbrüterprojekts hat inzwischen deutschlandweit für Aufsehen unter Naturschützern gesorgt. „Viele Leute kommen aus anderen Bundesländern angereist und wollen sehen, wie wir das machen“, sagt Schoppenhorst. Vor allem auch bei den vor Ort tätigen Landwirten werde das Projekt befürwortet. „Denn es kommt ja nur zu punktuellen Eingriffen in das Nutzungssystem im Grünland“, sagt er. Ein ungelöstes Problem sei allerdings nach wie vor das Ausbringen von Gülle, wobei mittels Schläuchen flächendeckend eine Mischung aus dem Harn und Kot der Nutztiere in die Flächen gelangt. „Doch Naturschützer und Landwirte versuchen gemeinsam, eine Lösung zu finden“, sagt Schoppenhorst.
Bis ins Jahr 2024 ist das Projekt „kooperativer Wiesenvogelschutz in Bremen“ noch finanziell gesichert, an dem die Europäische Union und das Umwelt- und Klimaressort in Bremen beteiligt sind. Doch Arno Schoppenhorst ist zuversichtlich, dass es eine weitere Finanzierung, vielleicht auch aus anderer Quelle, für das Vorhaben geben wird: „Denn wir haben es geschafft, die Landwirte mit ins Boot zu holen, ohne deren Kooperation die ungewöhnlichen Bruterfolge der fünf bedrohten Wiesenvogelarten nicht möglich wären“, sagt er.