Mitte April wurde die Asiatische Hornisse, eine invasive Art aus Südostasien, erstmals in Blumenthal von einer Imkerin gesichtet und auch fotografiert. Wie die heimische Europäische Hornisse lebt die asiatische Art sozial in großen Völkern, und zur Aufzucht der Brut dient ihr ausschließlich tierisches Eiweiß, das vor allem andere Insektenarten liefern.
Bei dem Nachweis in Bremen-Nord handelt es sich um den ersten Fund in ganz Bremen. In Südfrankreich wurde die Art bereits im Jahre 2004 gesichtet. Inzwischen ist sie in Belgien, den Niederlanden, Spanien, Norditalien und England angekommen, und 2014 wurde sie erstmals in Deutschland in Waghäusel bei Karlsruhe nachgewiesen.
Imker machen sich Sorgen, Experte widerspricht
Wegen dieser rasanten Ausbreitung schlugen unter vielen Imkern die Wellen hoch: Denn die Art ernährt sich auch von Honigbienen und soll Bienenvölker erheblich dezimieren können. Manche Bremer Imker wie auch einige Politiker fordern deshalb ein Handlungskonzept, mit dem die Ausrottung der Asiatischen Hornisse vorangetrieben werden soll.
Wildbienen- und Wespen-Experte Rolf Witt aus Oldenburg widerspricht dieser Forderung vehement und hält die Sorgen von Imkern für unbegründet, wirft ihnen sogar Panikmache vor: „Die Asiatische Hornisse verhält sich in der Mittelmeer-Region ganz anders als in Norddeutschland. Es gibt bisher keine Untersuchungen, die belegen, dass die Art in Deutschland Honig- oder gar Wildbienen nachhaltig gefährdet“, sagt er. Selbst das Institut für Bienenkunde in Celle, zuständig für Honigbienen, sieht die Situation als unproblematisch an. Übrigens jagt auch die heimische Hornisse Honigbienen und andere Insekten. Ursachen für den Rückgang von Honig- wie Wildbienen seien vor allem das geringe Blütenangebot, Lebensraumzerstörung, intensive Landnutzung und die Umweltgifte, so Rolf Witt.
„Wer versucht, eine Art wieder auszurotten, die inzwischen von Experten als etabliert eingeschätzt wird, dem mangelt es an ökologischem Grundverständnis. Wir müssen lernen, uns mit der Art zu arrangieren“, sagt Rolf Witt, „denn aufgrund ihrer Lebensweise ist die Art auch mit allen technischen Mitteln nicht mehr zu vertreiben.“
Er hält den erheblichen Aufwand, der teilweise betrieben wird, um die Asiatische Hornisse zu bekämpfen, für nicht verhältnismäßig. Auch der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) schätzt die Sorgen der Imker als übertrieben ein: Die Nestgrößen und klimatischen Bedingungen sind in Deutschland anders als zum Beispiel in Südfrankreich, wo es erhebliche Verluste an Honigbienen durch diese Hornisse gegeben hat, so der Nabu, der deshalb keinen akuten Handlungsbedarf für Imker oder Naturfreunde sieht.
Allerdings wurde die Art von der EU auf die Liste der invasiven gebietsfremden Arten von europaweiter Bedeutung gesetzt. Damit sind die Behörden verpflichtet, die Art zu bekämpfen, da sie vom Bundesamt für Naturschutz offiziell als noch „in einer frühen Phase der Invasion“ und noch nicht als etabliert eingestuft ist. „Doch man kann die Aufnahme in diese Liste und wie sie zustande kam, durchaus kritisch hinterfragen“, sagt Rolf Witt, der sich seit vielen Jahren professionell mit Wespen und Wildbienen beschäftigt und auch im Bereich Umweltplanung und der Ausbildung von Wespenberatern tätig ist.
Statt eines Handlungskonzepts seitens der Bremer Umweltbehörde fordert Experte Rolf Witt hingegen nachdrücklich die Ausbildung von zertifizierten Wespen- und Hornissenberatern, wie es sie in vielen Bundesländern inzwischen gibt. „Diese Berater, für deren koordinierte Ausbildung und Organisation Bremen bisher keine Gelder zur Verfügung stellt, können fallspezifisch entscheiden, wie mit dem Auftreten von Wespen oder auch der Asiatischen Hornisse umgegangen werden soll“, sagt er. Stattdessen werde wieder einmal kostspieliger Aktionismus betrieben, der unter Umständen große ökologische Kollateralschäden anrichten könne. So komme es immer häufiger zu Verwechslungen mit der geschützten Europäischen Hornisse. Oder es würden, wie zum Beispiel in der Stadt Worms, hohe Beträge sinnfrei ausgegeben, um im Februar ein verlassenes Nest der Asiatischen Hornisse aus einem hohen Baum entfernen zu lassen.
„Die gesetzlich noch notwendige Beseitigung von Nestern der Asiatischen Hornisse sollte eigentlich die Aufgabe der Schädlingsbekämpfung sein“, sagt Rolf Witt. Anfallende Kosten sollten zudem nicht dem Arten- und Naturschutzetat angelastet werden. Denn Honigbienen gelten offiziell nicht als Wild-, sondern als Nutztiere, für die das Ressort Landwirtschaft zuständig ist, so Rolf Witt. Er verweist auf vorbildliche Handlungsempfehlungen zum Umgang mit der Asiatischen Hornisse im Freistaat Bayern, wo er seit Jahren Wespen- und Hornissenberater ausbildet.