An den Bauernprotesten hatte sich der Bremer Bio-Bauer Ullrich Vey seinerzeit nicht beteiligt. Unterstützt hatte er die Forderungen seiner Kollegen dennoch. DIE NORDDEUTSCHE hat ihn nun zu seiner Einschätzung des Agrarpakets der Bundesregierung gefragt. Er sieht darin viele gute Ansätze. Zusammen mit seiner Frau Carola Vey hat er einen Familienbetrieb. Die Änderungen des Agrarpaketes betreffen auch ihn und seinen Biolandhof. Insbesondere die zusätzlichen Öko-Regelungen begrüßt er.
Das wohl größte Problem, was er noch im Januar gesehen hat, ist die erstarkende Macht der Agrarholdings. Diese bestimmen mit wenigen Großbetrieben den Markt und machen es vielen kleineren Landwirtinnen und Landwirten schwer, sich über Wasser zu halten.
Forderung: Kartellrecht verschärfen
Schon seit 40 Jahren arbeiten sie dagegen und haben sie sich dazu entschieden ihr Hauptprodukt, das "Angus Rindfleisch" direkt an ihre Kunden zu vermarkten. Dadurch erhält der Betrieb einen höheren Preis und kann gleichzeitig das Biofleisch preiswerter für die Kunden angeboten werden. Das hat sich auch auf andere stadtnahe Betriebe ausgebreitet. Damit können sie einen Schritt in der Lieferkette überspringen und arbeiten an einer von Ullrich Veys größten Sorgen in der Landwirtschaftsindustrie: Der Macht des Handels. Leider ändere das Paket an der Situation wenig, "solange fast 80 Prozent des gesamten Umsatzes im Lebensmitteleinzelhandel sich auf lediglich vier große Lebensmittelketten verteilen", meint auch Peter Bargfrede, Sprecher des Agrarpolitischen Bündnisses Bremen. Als Lösungsansatz sieht er verschärfte kartellrechtliche Regelungen und die Bildung von mehr Erzeugergemeinschaften von Landwirten. Auch die Bundesregierung sieht er in der Pflicht. Es müsse die gesetzliche Möglichkeit geschaffen werden, bindende Preis- und Mengenabsprachen schon vor dem Verkauf zu treffen.
Durch das neue Paket fühlt sich Ullrich Vey trotzdem bestärkt. Die in Aussicht gestellten Förderungen für Weidehaltung und die Einführung weiterer Öko-Regelungen seien ein wichtiger Schritt. Sie würden Probleme, die die neuen Regelungen der EU verschlechtert hätten, angehen und für eine bessere Ausarbeitung in Deutschland sorgen.
Auch der Vorsatz der Bundesregierung die Tierhaltungskennzeichnung auf die Außer-Haus-Verpflegung und verarbeitete Produkte auszuweiten, trifft bei ihm auf offene Ohren. Er wünscht sich eine schnelle Umsetzung der Kennzeichnung und sieht darin auch eine Chance, die Leistung der Landwirtinnen und Landwirte für Verbraucherinnen und Verbraucher sichtbarer zu machen.
Trotz allem geht er davon aus, dass das Paket keine großen Auswirkungen auf die bereits vorhandenen Bäuerinnen und Bauern in Bremen haben wird. Hier würden bereits auf ca. 37 % der landwirtschaftlichen Fläche ca. 35% der Bäuerinnen und Bauern nach zertifizierten Ökoregeln wirtschaften und dadurch keine großen Änderungen erleben. Dies gilt auch für seinen Betrieb.