Im Jahr 2020 gehörten 1,4 Prozent der Landwirtschaftsbetriebe in Deutschland einer Holding an. Das geht aus einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes hervor. Sie bewirtschafteten circa elf Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche. Ullrich Vey sieht in den Unternehmensgruppen die Kernursache für die Existenzängste unter den Landwirten. Die Einführung einer Kfz-Steuer und die Abschaffung der Subventionen auf Agrardiesel seien nur die politischen Entscheidungen gewesen, die sie zu den bundesweiten Protesten auf die Straße getrieben haben, sagt der Blumenthaler Bio-Bauer. Er warnt vor zu viel Macht der Holdings in der Lebensmittelproduktion.
Ullrich Vey führt zusammen mit seiner Frau Carola einen Biolandhof, beschäftigt in seinem Familienbetrieb zudem seinen Sohn und einen Mitarbeiter. Seine Betriebsfläche erstreckt sich über 120 Hektar (ha). Mehr als 40 ha entfallen dabei auf Grünland in Naturschutzgebieten. Wegen der generellen Besitzverhältnisse sieht er solche bundesweit in Gefahr, aber auch für dringend benötigt.
Marktmacht in der Lebensmittelproduktion
Mehr als 262.000 Landwirtschaftsbetriebe zählte das Statistische Bundesamt 2020 in Deutschland. 3700 gehörten demnach einer Unternehmensgruppe – etwa die Lindhorst-Gruppe aus Winsen oder eine Familienholding des Möbelkonzerns Steinhof mit Sitz in Westerstede. "Die reichsten Bauern in Deutschland sind überhaupt keine Bauern mehr, sondern Teil einer Agrarholding mit Eigentümern aus anderen Bereichen der Wirtschaft, die sich eingekauft haben", sagt Vey. Die seien das wahre Problem, weil sie mit Flächen jenseits der 1000 ha nur auf Gewinnmaximierung getrimmt seien, Millionen an Subventionen kassierten und immer größer würden.
Vey warnt davor, dass sich die Marktmacht weiter zugunsten der Holdings verschiebt. "Dann würden in vielen Jahren Wenige bestimmen, welche Lebensmittel wir zu welchem Preis essen." Nur eine Vielzahl bäuerlicher Familienbetriebe könnten diese Entwicklung abmildern. Sie sorgten für Konkurrenz, daher müsse ihr Verschwinden verhindert werden.
Derzeit protestieren bundesweit Bauern gegen die Pläne der Bundesregierung. Die verkündete Mitte Dezember, dass sie den Agrardiesel nicht weiter subventionieren und eine Steuer auf Landwirtschaftsfahrzeuge einführen wolle. Nach heftigen Reaktionen der Landwirte ruderte sie zurück. Übrig blieb nur eine schrittweise Abschaffung der Agrardiesel-Subventionen. Der Deutsche Bauernverband forderte aber die komplette Rücknahme und rief zu einer Aktionswoche auf. Seit dem 8. Januar kommt es auch in Bremen und umzu zu Bauernprotesten.
Subventionen für Öko-Umbau
Ullrich Vey nimmt nicht teil, stellt sich aber hinter die Aktionen. "Es sind in der Vergangenheit politische Entscheidungen getroffen und den Bauern übergestülpt worden, ohne mit ihnen zusammenzuarbeiten, ohne Ausgleich anzubieten", sagt er. Dazu gehörten etwa, dass vier Prozent der Nutzfläche für Begrünung stillgelegt werden sollen. "Wenn sie eine umweltorientierte Landwirtschaft haben will, muss das bezahlt werden", sagt er. Es gehe bei den Protesten aber nicht um den Agrardiesel, sondern grundsätzlich um die Zukunft der Landwirtschaft.
Pläne für den ökologischen Umbau gibt es. Die Borchert-Kommission stellte ein Konzept für eine zukunftsfähige Nutztierhaltung auf, die Zukunftskommission Landwirtschaft für eine Gesamttransformation. "Nur sind die Pläne, die unter der CDU/CSU entstanden sind, in einer Schublade verschwunden", sagt Vey. Das müsse man der jetzigen und der Vorgängerregierung ankreiden. Aber er appelliert auch an die Landwirte: "Es gibt einige Subventionen für ökologische Landwirtschaft. Das ist bei den Bauern im Bund nur noch nicht richtig angekommen." In Bremen aber sei man Spitze, sagt Vey. 35 Prozent der Nutzfläche würden bereits ökologisch bewirtschaftet.