Grohn, St. Magnus, Walle, Osterholz-Scharmbeck, Worpswede, Hude,... Das St. Theresienhaus kommt auf so viele Standorte und Angebote, dass zwei Seiten eines Flyers gerade mal ausreichen, um alle aufzulisten. Jetzt muss eine neue Broschüre her. Der kirchliche Kinder- und Jugendhilfeträger ist seit dieser Woche in einem Stadtteil, in dem er vorher nicht war – und macht dort, was es zuvor im Bremer Norden nicht gab. In Blumenthal entsteht eine Wohngruppe für Mütter und Väter, die akute Familien- und Lebenskrisen zu bewältigen haben.
Fresenbergstraße 20: Der Klinkerbau war früher das Pfarrhaus der St.-Marien-Kirchengemeinde, jetzt ist er eine Anlaufstelle, bei der das Ankommen zum Namen gehört – To Huus. Martina Ulrich hält die Eingangstür auf. Die Leiterin des St. Theresienhauses will zeigen, was Handwerker und Beschäftigte über Monate aus dem jahrzehntealten Flachdachgebäude gemacht haben. Und erklären, wie es zu diesem Projekt gekommen und warum es anders ist als andere Projekte der katholischen Einrichtung in Bremen und dem niedersächsischen Umland.
Es geht vorbei an einem leeren Büro, unbewohnten Zimmern und Bettgestellen, die noch zusammengeschraubt werden müssen. Ulrich sagt, dass die Arbeiten in dieser Woche noch abgeschlossen werden und dass am Sonnabend oder Sonntag wahrscheinlich die ersten Bewohner einziehen werden: eine Mutter mit Kind. Beide sind vom Jugendamt vermittelt worden. Die Behörde ist zugleich Partnerin. Sie hat das Projekt, wenn man so will, angeschoben. Ihr zufolge gibt es im Bremer Norden immer wieder junge Eltern, die Hilfe brauchen – nicht stundenweise, sondern rund um die Uhr.
Ulrich spricht von Jugendlichen, die mit 13, 15 und 17 Jahren Mutter oder Vater werden. Von Frauen und Männern aus gescheiteren Ehen, die ein Kind zu versorgen haben, aber damit momentan überfordert sind. Von Familienangehörigen, die Schwierigkeiten machen und von Lebenspartnern, die helfen wollen, aber nicht wissen, wie. Sie sagt, dass die Zahl der Fälle größer ist als manche meinen. Die Helfer sind noch dabei, alles herzurichten, haben aber schon fünf Aufnahmeanfragen von der Behörde. In der Wohngruppe ist Platz für sechs Mütter und Väter mit ihren Kindern.
Alles ist so eingerichtet, dass die Bewohner zusammenkommen, aber auch für sich sein können. Beides, meint Mirja Heitmüller, ist wichtig. Die Projektleiterin sitzt in der Gemeinschaftsküche und zeigt auf einen Raum, der Gemeinschaftswohnzimmer werden soll. Im Keller gibt es einen Spielraum für alle Kinder und eine Tür, die zu einem Garten führt, den jeder nutzen kann. Die Appartements sind alle gleich: Küche, Bad, Schlafzimmer. Das Erwachsenenbett ist ein Doppelbett. Heitmüller sagt, dass zwar nur ein Elternteil im Haus wohnen kann, aber trotzdem eine Beziehung möglich bleiben muss.
Die Helfer wollen nicht, dass die jungen Mütter und Väter auf irgendeinen Halt, den sie noch haben, verzichten müssen, damit sie einziehen können. Darum soll der Vater möglichst einbezogen werden, wenn die Mutter in der Anlaufstelle wohnt – und die Mutter, wenn der Vater einen Platz im Haus bekommen hat. Und wenn es gerade keinen Lebenspartner gibt oder der selbst Unterstützung von anderen braucht, dann will das Team der Wohngruppe versuchen, Familienangehörige, Freunde und Bekannte dazu zu bewegen, zu regelmäßigen Besuchern zu werden.
Ulrich und Heitmüller sagen, dass es um Alltagsstrukturen geht, die vielfach wieder aufgebaut werden müssen, damit die Bewohner in ihre Mutter- oder Vaterrolle finden. Deren Probleme sind in der Regel so groß, dass eine ambulante Betreuung nicht ausreicht. Im umgebauten Pfarrhaus arbeiten Psychologen, Erzieher und Sozialpädagogen im Schichtdienst. Immer ist jemand da, auch nachts. Jeder, der in die Wohngruppe kommt, hat einen festen Ansprechpartner. Die Leiterin des St. Theresienhauses und die Projektchefin gehen davon aus, dass manche der jungen Eltern für Monate bleiben werden und andere für Jahre.