Eigentlich sollten am Nordbremer Klinikum in der nächsten Woche wieder Patienten operiert werden können, die keine akuten Notfälle sind. Doch seit Tagen ist alles anders im Haus – und der Start in einen normaleren Klinikalltag am Freitag deshalb vorerst gestrichen worden. Sechs Patienten und vier Krankenhauskräfte sind inzwischen positiv auf das Coronavirus getestet worden. Frank Wösten, ärztlicher Direktor und Chef der Notaufnahme, spricht von einer Ausbruchslage. Es ist die erste am Klinikum an der Hammersbecker Straße, aber nicht die einzige in einem Bremer Krankenhaus.
Das neuartige Virus hat sich auf einer Geriatriestation verbreitet. Es wurde bei einem Patienten, der gerade erst eingeliefert worden war, am Dienstagabend während einer Routinekontrolle festgestellt. Weil er in der Zwischenzeit direkten Kontakt zu mehreren Menschen auf der Station hatte, steht sie seither unter Quarantäne. Wösten sagt, dass der Bereich des Krankenhauses komplett abgeriegelt ist. Kein Patient kommt raus – und Klinikpersonal nur noch rein, wenn es Vollschutz trägt: eine Maske über Mund und Nase, dazu eine Brille oder ein Kunststoffvisier vor dem Gesicht sowie ein Einwegkittel und Einweghandschuhe.
Die Klinikmitarbeiter, die den Geriatriepatienten am Dienstag betreut hatten, waren nicht so gut geschützt. Am Mittwoch wurden erst zwei von ihnen, am Donnerstag dann doppelt so viele positiv auf das Virus getestet. Die Zahl der infizierten Patienten hat sich nach Angaben der Klinik in diesem Zeitraum nicht erhöht. Wösten sagt, dass es sich bei ihnen ausschließlich um ältere Menschen mit Vorerkrankungen handelt und zwei der sechs mittlerweile Symptome auf Covid-19 zeigen. Sie haben Fieber. Auch bei einem der infizierten Mitarbeiter gibt es Anzeichen dafür, dass er nicht nur das Virus, sondern auch die Lungenkrankheit hat.
Zur Sperrzone erklärt
Zu den Zimmern der Covid-19-Patienten geht es mittlerweile nur noch durch eine Schleuse. Die geschlossene Geriatriestation – im Klinikum gibt es eine zweite – ist dagegen zur Sperrzone für die meisten Beschäftigten erklärt worden. Zutritt haben nur noch Klinikkräfte, die Dienst auf der Station hatten, als der erste Patient positiv getestet worden war. Einen Wechsel der Abteilungen, sagt Wösten, gibt es nicht mehr – weder für die Ärzte und Pflegekräfte noch für die Reinigungs- und Therapeutenteams. So will es das Gesundheitsamt, das seit dem Ausbruch des Erregers mitredet, was im Nordbremer Krankenhaus passiert.
Vertreter der Behörde sind jetzt täglich in der Klinik. Wösten sagt, dass sie zum Ausbruchsmanagement gehören, das seit Dienstag regelmäßig tagt. Auch der Chefmediziner ist bei den Treffen dabei. Ihm zufolge geht es bei ihnen darum, immer wieder zu hinterfragen, ob es reicht, was zum Schutz der Patienten und des Personals getan wird – und wie er womöglich erhöht werden könnte. Dass die Beschäftigten der betroffenen Abteilung bis auf Weiteres nur noch dort eingesetzt werden, ist Standard im Konzept zur Eindämmung eines Erregers. Nach Wöstens Rechnung kommt die Station auf 15 Patienten und rund 20 Kräfte, die sich um sie kümmern.
Demnächst will das Krankenhaus mehr machen als bisher. Laut Wösten wird künftig jeder Patient sofort getestet, der ins Krankenhaus kommt – und nicht nur jeder Intensivpatient. Dass es bisher keine Kontrolle für alle gab, begründet der Mediziner mit der begrenzten Zahl an Testkapazitäten. Die sind nach seinen Worten jedoch inzwischen erhöht worden. Und zwar so deutlich, dass die Ausweitung der Patientenüberprüfung nicht nur für das Nordbremer Krankenhaus gilt, sondern für alle Häuser des Klinikverbunds Gesundheit Nord. Wösten geht davon aus, dass die Zahl der Untersuchungen ab Anfang nächster Woche gesteigert wird.
Ihm zufolge hat das Klinikum schon mehr getestet – zumindest mehr, als es das Robert-Koch-Institut empfiehlt. Statt ausschließlich Menschen mit Symptomen zu kontrollieren, wie es die oberste Bundesbehörde für Infektionskrankheiten als Richtlinie festgelegt hat, wurden auch Leute auf das Virus untersucht, bei denen nicht zweifelsfrei feststand, ob sie Symptome haben. So wie der Geriatriepatient am Dienstag. Wösten schließt nicht aus, dass der Ausbruch des Erregers auf der Station andere Dimensionen angenommen hätte, wenn nicht so viel getestet worden wäre. Vor einem Monat hatten sich 32 Beschäftigte des Klinikums Links der Weser mit dem Virus infiziert.