Abgesagte Operationstermine, zusätzliches Personal für den Intensivbereich und Mehrkosten für Schutzausrüstung: Die Corona-Krise verschärft das finanzielle Defizit der Kliniken des Verbunds Gesundheit Nord (Geno), auch die Krankenhäuser der freien Träger rechnen mit teils erheblichen Verlusten. Die Geschäftsführung der Geno geht davon aus, dass ihre vier Häuser insgesamt rund 58 Millionen Euro zusätzlich zum aktuellen Jahresdefizit, das bei rund 20 Millionen Euro liegt, benötigen könnten. Das wurde auf einer Sitzung des Aufsichtsrats Anfang der Woche mitgeteilt.
„Wir haben das normale Krankenhausgeschäft stark heruntergefahren, um uns auf eine Situation vorzubereiten, die möglicherweise dramatisch werden kann“, sagt Geno-Sprecherin Karen Matiszick. „Dass dieses elektive Geschäft fehlt, wird sich wirtschaftlich deutlich bemerkbar machen.“ Dass planbare Operationen wie das Einsetzen von neuen Hüftgelenken oder Eingriffe an Schulter oder Knie nun ausbleiben, macht ihr zufolge den größten Teil des erwarteten Fehlbetrags aus. Die Auslastung der Krankenhäuser in Mitte, Nord, Ost und Links der Weser liege im Moment bei durchschnittlich rund 60 Prozent, normal bei 80 Prozent. Auch die Kosten für das zusätzlich eingestellte, auf Intensivstationen spezialisierte Personal (und 70 Pflegekräfte und Ärzte) schlagen zu Buche, ebenso die Ausgaben für Isolationsstationen und die beiden Corona-Ambulanzen.
Auch im Rotes Kreuz Krankenhaus (RKK) verschlechtert der auf Corona-Patienten ausgerichtete Betrieb die Bilanz. Laut Sprecherin Dorothee Weihe rechnet die Geschäftsführung schlimmstenfalls mit monatlichen Verlusten zwischen 400.000 und 500.000 Euro. „Je nachdem, wie sich die Lage weiter entwickelt“, sagt sie. Die fehlende Summe hänge letztlich davon ab, wie viele Kapazitäten weiterhin frei gehalten werden müssten, wie viele Patienten versorgt werden dürften, aber auch von den Auswirkungen einer möglichen zweiten oder gar dritten Welle der Pandemie in den nächsten Wochen und Monaten.
Auch freie Häuser auf Unterstützung angewiesen
Verluste macht das RKK laut der Sprecherin neben den ausbleibenden Operationsgeldern zudem dadurch, dass auch Einrichtungen für die ambulante Versorgung der Patienten und das Tagungszentrum geschlossen sind. „Die wegen all dieser Beeinträchtigungen entstehenden Verluste werden unserem Haus durch die Entschädigungspauschalen nur zum Teil ausgeglichen“, bedauert Weihe. Deshalb seien auch freie Häuser wie das RKK dringend auf Unterstützung des Senats angewiesen.
Im St. Josephs Stift wurden Intensivkapazitäten ausgebaut und die Beatmungsmöglichkeiten mehr als verdoppelt, was Kosten verursacht. Nach Angaben der Roland-Klinik fehlen dort mehr als 80 Prozent der stationären Patienten. Deshalb gibt es zurzeit eine Kooperation: Intensiv-Pfleger und Anästhesisten der Roland-Klinik verstärken die Intensiv-Teams des RKK, anders herum werden Patienten nach Eingriffen im RKK in der Roland-Klinik weiter versorgt. Die Betten des Diako sind im Moment nur zu 65 Prozent ausgelastet, für zusätzliche Schutzausrüstung wurden laut Sprecher Ingo Hartel zwischen 100 000 und 130.000 Euro ausgegeben. Im Diako gehe man davon aus, dass das Entlastungsgesetz des Bundes greifen werde.
Den Bund sieht auch das Gesundheitsressort von Senatorin Claudia Bernhard (Linke) in erster Linie in der Pflicht, die Mehrbelastungen für alle Kliniken wie von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigt aufzufangen. „Da muss dann auch gegebenenfalls nachgebessert werden“, sagt Ressort-Sprecher Lukas Fuhrmann. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) fordert angesichts der einigermaßen stabilen Pandemie-Situation, verschobene Operationen schnellstmöglich wieder aufzunehmen.
Am 30. April wollen Bund und Länder erneut über Lockerungen beraten, dann möglicherweise auch über Änderungen für die Kliniken. In Schleswig-Holstein haben fünf Kliniken angesichts leerer Stationen Kurzarbeit angemeldet – die DKG rät von diesem Schritt ab. In Bremen ist das derzeit noch in keinem der Häuser der Fall, aber zumindest das RKK schließt diese Möglichkeit nicht aus. Sprecherin Weihe: „Das hängt davon ab, wie sich die Situation entwickelt.“