Festivalgelände war das Kämmerei-Quartier schon öfter, nur noch nicht so, wie es jetzt geplant ist. Zwischen den Blumenthaler Industriegebäuden wird diesmal eine Bühne aufgebaut, die nicht bloß Tage, sondern Wochen stehen soll. André Stuckenbrok hat dafür gesorgt, dass Lastwagenladungen an Scheinwerfern, Boxen und Verstärkern kommen. Der Chef der Musikszene Bremen will in diesem Sommer eine Veranstaltung nachholen, die ursprünglich für den vergangenen geplant war – und im Anschluss alles stehen lassen, damit andere Programmmacher andere Bühnenauftritte anbieten können.
Wie das Festival heißt, das Stuckenbrok plant, und welcher Platz auf dem Industriegelände dafür reserviert ist, zeigt der Kartendienst der Internet-Suchmaschine Google seit Monaten an: Hellseatic steht in Großbuchstaben quer über einer Freifläche vor dem früheren Sortiergebäude der Woll-Kämmerei. Es ist ein Wortspiel der Begriffe Hölle und hanseatisch – und lässt erahnen, welche Musik zu hören sein wird. Stuckenbrok spricht von Metal, Death und Doom. Die Bands heißen unter anderem Kadaver, Mörser, Hexer. 14 Gruppen sind es, die am 10. und 11. September spielen werden. Die Karten für die Konzerte sind fast ausverkauft.
Dass Stuckenbrok nicht allein Programm macht, sondern nach den beiden Metal-Tagen anderen Veranstaltern die Bühne überlässt, kommt nicht von ungefähr. Das Hellseatic-Festival ist ein bezuschusstes Festival. Und das Kämmerei-Quartier einer der Orte in Bremen, die in einem Förderprogramm des Landes auftauchen – genauso wie der Lesumer Hafen und der Außenbereich des Vegesacker Bürgerhauses. Über Wochen sollen Plätze in der Stadt zu Open-Air-Spielstätten werden, um die Kultur in Zeiten der Pandemie zu unterstützen. Nach Stuckenbroks Rechnung hat der Senat dafür 3,5 Millionen Euro bereitgestellt.
Seitdem klar ist, dass die Bühne der Bremer Musikszene nach dem Festival bleibt, bekommt er immer wieder Anfragen von Leuten, die sie nutzen wollen. Zu ihnen gehört auch Oliver Fröhlich. Der Blumenthaler Ortsamtsleiter ist dabei, ein mehrtägiges Bühnenprogramm zu entwickeln – quasi als Ausgleich für eine Großveranstaltung, die ausfallen wird: die Mobilitätsmesse E-Day. Fröhlich sagt, dass man entschieden hat, sie abzusagen, weil nicht jeder Blumenthaler sie wegen der Corona-Auflagen hätte besuchen können. Darum ist sie aufs nächste Jahr verlegt worden und für dieses ein Ersatz geplant, der mit mehreren Bands zu tun hat.
Welche Gruppen nach dem Festival auf der Bühne stehen werden, muss Fröhlich offen lassen, weil die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind. Er rechnet damit, dass in der nächsten Woche feststeht, wie das Bühnen- und das Rahmenprogramm aussieht. Nach Angaben des Ortsamtschefs gibt es sowohl Gespräche mit Gastronomen als auch mit Initiativenvertretern, die signalisiert haben, bei der Open-Air-Veranstaltung dabei zu sein oder sie zu unterstützen. Laut Fröhlich geht es um den Freitag und Sonnabend nach dem Festival, vielleicht auch noch um den Donnerstag. Er hofft auf 500 bis 1000 Besucher pro Abend.
Hellseatic-Organisator Stuckenbrok rechnet mit doppelt so vielen Metal-Fans an jedem Festivaltag. Ihm zufolge ist das die Zahl an Menschen, die momentan für ein Gelände wie das in Blumenthal unter Corona-Auflagen zulässig ist. Der Platz beim ehemaligen Sortiergebäude der Woll-Kämmerei kommt auf etwa 8000 Quadratmeter. Der Musikszene-Chef sagt, dass es ein Hygiene-Konzept gibt, das mit der Gesundheitsbehörde abgestimmt wurde. Dass Securitykräfte am Eingang stehen werden und Ordner überall auf dem Platz. Und dass die Bühne die Maße einer regulären Festivalbühne hat: 15 Meter breit, zehn Meter tief und genauso hoch.
Momentan steht sie im Sommerhaven beim ehemaligen Zollamt in der Überseestadt. Das Gelände ist, wenn man so will, die Zentrale der Musikszene Bremen. In den nächsten Wochen wird es dort immer wieder Konzerte geben – bis die Bühne abgebaut wird, um in Blumenthal aufgebaut zu werden. Beides zusammen wird etwa vier Tage dauern. Die Licht- und Tontechnik, die beim Hellseatic-Festival eingesetzt wird, kann für nachfolgende Veranstaltungen gemietet werden. Auch ein Teil des Personals steht bereit. Unterm Strich, sagt Stuckenbrok, übernimmt das Land mit seinem Förderetat für die Kultur rund 80 Prozent der Kosten.
Nach seiner Schätzung müssen Programmmacher eine Summe von etwa 3000 Euro selbst aufbringen. Genauer kann Stuckenbrok das im Moment nicht sagen, weil der Betrag auch davon abhängig ist, wie viele Veranstaltungen auf sein Festival folgen. Je mehr es sind, desto günstiger wird es. Im Prinzip kann die Bühne bis zum ersten Oktoberwochenende in Blumenthal bleiben und auch in der Woche gebucht werden. Stuckenbrok sagt, dass mehr Termine in der zweiten September-Hälfte frei sind. Eine Vorschau, welcher Veranstalter was anbietet, ist nach seinen Worten nicht geplant.