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Leiterin hinterlässt große Fußstapfen Die Zukunft des Doku

Das Dokumentationszentrum Blumenthal steht vor einer Zäsur: Die Leiterin Angela Stocks ist seit Anfang August im Ruhestand. Nachfolgerinnen müssen Lücke schließen.
19.08.2019, 07:58 Uhr
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Von Imke Molkewehrum

Angela Stocks, die langjährige Leiterin des „Stadtteilgeschichtlichen Dokumentationszentrums Blumenthal“ (Doku), ist seit Anfang August im Ruhestand. Sie war bis dato die einzige hauptamtliche Mitarbeiterin im Haus und verkörperte das Doku in Personalunion. Die Gestaltung von Programmheften, Akquise von Veranstaltungen, Künstlern, Mietern, Werbekunden, Überweisen der Honorare, Eröffnungsreden waren allein ihre Domäne. Aber wie geht es jetzt mit dem Doku weiter?

Heiner Stahn, Sprecher des Senators für Kultur, sieht keine Hindernisse, die Arbeit wie gewohnt fortzuführen. Das Dokumentationszentrum Blumenthal habe in enger Absprache mit dem Senator für Kultur die Nachbesetzung der Stelle frühzeitig eingeleitet. Bereits im Januar 2019 sei perspektivisch eine Kulturpädagogin zur stellvertretenden Leitung eingestellt worden, die sich allerdings seit Juni im Mutterschutz befinde und voraussichtlich anschließend in Elternzeit gehe.

Als Vertretung für die künftige Leiterin seien zwei neue Kolleginnen jeweils in Teilzeit eingestellt worden, „die durch ihre künstlerische beziehungsweise kulturpädagogische Ausbildung umfangreiche Erfahrungen im Kulturveranstaltungsbereich mitbringen“. Die Auswahl der Kandidatinnen sei durch den Vorstand des Stadtteilgeschichtlichen Dokumentationszentrums Blumenthal und Angela Stocks erfolgt, so der Sprecher.

Die beiden Interims-Kräfte sind Mareike Seegers-Herenda und Kim Kraul, die sich nun zeitlich befristet die vakante Stelle teilen. Die beiden Frauen treten in große Fußstapfen, bei einem eher kleinen Budget. Es ist laut Angela Stocks den stetig wachsenden Aufgaben nie angepasst worden.

Wie umfassend das Angebot ist, dokumentieren die aufwendig gestalteten Programmhefte, die Stocks bisher zweimal jährlich layoutet hat. Tanz, Trommeln, Pilates, Yoga, Theatergruppen, Spielrunden, Töpfern, Filzen oder Zeichnen: Das Angebot ist bunt und umfasst sogar Bildungsurlaube, Kunstausstellungen, Lesungen, Theateraufführungen und Konzerte im Foyer.

Trotzdem hat das Doku weder Hausmeister noch Bürokraft. So hat Angela Stocks auf einer Dreiviertelstelle zwangsläufig fast alles in Eigenregie erledigt. Das wirft die Frage auf, ob es künftig Stellen für weitere Mitarbeiter geben wird. Heiner Stahn verneint dies: „Es gibt derzeit keine Option für eine Budgeterhöhung für solche Stellen.“ Allerdings beabsichtige der Senator für Kultur, „durch Kooperationen mit anderen Kultureinrichtungen das Stadtteilgeschichtliche Dokumentationszentrum Blumenthal um solche Tätigkeiten zu entlasten“. Mögliche weitere Optionen seien abhängig von den kommenden Haushaltsberatungen.

Die Verkleinerung der aktuellen Angebotspalette des Doku sei unter den aktuellen Konditionen nicht beabsichtigt, betont Stahn. „Der Senator für Kultur sieht derzeit keine externen Faktoren, die eine Reduzierung des Angebots notwendig machen würden. Die derzeitige Besetzung mit den beiden Teilzeitkräften hat den Stundenumfang einer vollen Stelle.“

Verein entscheidet

Sollte das Doku aus Angela Stocks Dreiviertelstelle dauerhaft eine Vollzeitstelle machen wollen, liege das im Ermessen des Vereins „Stadtteilgeschichtliches Dokumentationszentrum Blumenthal“. Der Verein sei rechtlich unabhängig und verfüge eigenverantwortlich über sein Budget, betont der Kultursprecher. Sofern der Haushaltsplan die Besetzung einer Vollzeitstelle erlaube, liege das Stellenvolumen im Ermessen des Vereins.

Pro Jahr bekomme das Doku für alle laufenden Betriebsausgaben finanzielle Mittel in Höhe von 59 820 Euro. Darüber hinaus zahle das Kulturressort für die Einrichtung aus seinem Haushalt regelmäßig 29 860 Euro für die Miete, so Heiner Stahn. Rund 20 000 Euro erwirtschafte das Doku laut Aussage von Angela Stocks zudem durch Mitgliedsbeiträge und Teilnehmerbeiträge sowie aus der Raumnutzung und Spendengeldern.

Die drei Klassenzimmer und der 60 Quadratmeter große Saal sind nahezu durchgehend ausgebucht – angemietet auch von externen Anbietern. Im Vorwort eines Programmheftes bezeichnet die Volkshochschulleiterin Haleh Soleymani das Doku als „verlässlichen Kooperationspartner, der dafür sorgt, dass Teilnehmer sich hier wohl fühlen und Dozenten hier gerne unterrichten“.

Gerade die Sprach- und Integrationskurse seien effektiver, “je ermutigender die Lernumgebung“ ist. Die Volkshochschule mietet gegenwärtig Räume für 14 Veranstaltungen. Grundsätzlich begrüßt der Senator für Kultur die Zusammenarbeit von Kultureinrichtungen. „Dieses betrifft auch die Anmietung von Räumen“, betont Heiner Stahn.

Das Dokumentationszentrum Blumenthal ist Anlaufpunkt für Männer, Frauen und Kinder jeder Altersstufe, darunter Tanz-, Theater-, Kunst- und Sportfreunde, Entspannungssuchende, Historiker oder Sprachschüler. Insgesamt 12 000 Besucher verzeichnet das Doku laut Angela Stocks aktuell pro Jahr. Etwa 4000 Teilnehmer nutzen demnach die Kurse, Workshops und Projekte, die Hälfte davon seien Kinder. Ursprünglich als Modellprojekt gestartet, pflegte das Dokumentationszentrum immer die Zusammenarbeit mit den umliegenden Schulen und Kindergärten und sorgte für den Aufbau des Stadtteilarchivs. Auch Zeitzeugenbefragungen und eigene Ausstellungen zu Stadtteil-Themen prägten die Arbeit der ersten Jahren.

Angefangen hat es vor 30 Jahren. Damals haben drei Blumenthaler Tagebücher, Fotos, Filme, Briefe, Postkarten, Plakate und Zeitungsausschnitte zusammengetragen, um die Geschichte ihres Stadtteils zu dokumentieren. Den Initiatoren ging es zudem darum, die blinden Flecken der jüngeren Geschichte, beispielsweise die NS-Zeit und die Industrialisierung Blumenthals, zu erforschen und kritisch zu beleuchten – vor allem auch für junge Menschen. Einige Archivalien reichen aber auch bis zu den Anfängen der Besiedlung zurück. Zeitweise waren im Doku bis zu sechs Mitarbeiter beschäftigt.

Erforschung und Dokumentation

Aus der „Einrichtung zur Erforschung und Dokumentation der Blumenthaler Stadtteilgeschichte“ entstand im Jahr 1988 der Verein „Stadtteilgeschichtliches Dokumentationszentrum Blumenthal“, im Volksmund Doku genannt. Zu den Gründungsmitgliedern des Vereins zählten neben engagierten Blumenthalern und Nordbremern auch der frühere Ortsamtsleiter Karl Lüneburg, Oberschulrat Karl-Heinz Schweingruber sowie Blumenthaler Schulleiter.

Im selben Jahr wurde dem Verein vom damaligen Senator für Bildung, Wissenschaft und Kunst ein Gebäudeteil der ehemaligen Schule für Hauswirtschaft am Heidbleek 10 überlassen. Bis heute sind diese rund 600 Quadratmeter das Domizil des Dokumentationszentrums, und Immobilien Bremen ist nach wie vor Vermieter des dreistöckigen Gebäudes. Nun obliegt es zunächst Mareike Seegers-Herenda und Kim Kraule, die Räumlichkeiten weiterhin mit Leben zu erfüllen.

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