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Freie Plätze im Freiwilligendienst "Wenn ich kann, dann helfe ich gerne"

Bremen-Nord ist ein eher schwieriges Pflaster in Sachen Freiwilliges Soziales Jahr. Derzeit sind fünf Stellen noch nicht besetzt. Alina Pfeifle hat sich für ein FSJ in der Schule In den Sandwehen entschieden.
08.11.2021, 19:00 Uhr
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Von Iris Messerschmidt

Fragt man Alina Pfeifle, ob sie das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) weiterempfehlen würde, dann kommt "ein ganz großes Ja – bitte mit ganz vielen Ausrufezeichen". Seit zwei Monaten ist die 19-Jährige nun in der Oberschule In den Sandwehen als FSJlerin dabei und schon jetzt davon überzeugt: "Das war die beste Entscheidung meines Lebens". Dabei war ihre Zukunft vor nicht allzu langer Zeit eher von Unsicherheit geprägt. "Ich konnte mir zwar vieles vorstellen, was ich aber genau will, das wusste ich nicht."

Alina Pfeifle, die in Vegesack aufwuchs und deren Familie vor gut zehn Jahren innerhalb Nordbremens umzog, "nach Grohn, Ecke Schönebeck", besuchte das Vegesacker Gymnasium. Was sie nach dem Abitur beruflich machen wollte, darüber hat sie nach eigenem Bekunden sehr lange nachgedacht. "Ich hatte viele Wünsche, am liebsten hätte ich alles zusammen gemacht", sagt sie und lacht. Dabei demonstrierte diese Überlegung eher die jugendliche Unsicherheit.

"Lange Zeit hatte ich den Traum, Pilotin zu werden." Auch ein Medizinstudium hatte sie in Betracht gezogen. Allerdings: "Dazu hätte mein Abi niemals gereicht. Wir hatten sehr viele bei uns mit einem 1,0-Abi, selbst davon haben nicht alle einen Studienplatz bekommen", erzählt Alina Pfeifle. "Da bleibt wohl nur noch die Sozialpädagogik", dachte sich Alina Pfeifle und sah sich schon als Erzieherin im Kindergarten. "Dass Sie mich nicht falsch verstehen, ich fand es schon immer toll, mit Menschen umzugehen oder Kindern etwas beizubringen. Schließlich habe ich ja lange Zeit auch Nachhilfe gegeben. Aber Sozialpädagogin, ist das mein Traumberuf?" Alina Pfeifle war sich unsicher, bis der Anruf ihres Cousins kam.

"Mein Cousin war ein Jahr vor mir für eine Freiwilliges Soziales Jahre in der Schule In den Sandwehen", erzählt Alina Pfeifle. Als er ihr vorschlug, genau dieses doch einmal zu probieren, überlegte sie nur kurz, schrieb eine Bewerbung, "und wurde genommen". Ihrer Stimme ist immer noch die Begeisterung über diesen Schritt anzuhören. Seit September ist sie nun "Mädchen für alles", hilft im sozialpädagogischen Bereich, betreut zusammen mit zwei Kollegen sogenannte W-, und E-Kinder mit geistigen und körperlichen Einschränkungen, hilft in der Mensa oder im Freizeitraum, bei Deutsch, Mathe, Englisch "Es ist eine unglaublich vielseitige Aufgabe, die mir ausgesprochen viel Spaß macht". Ihre Einstellung, "wenn ich kann, dann helfe ich gerne", kommt bei Kindern und Kollegen gleichermaßen gut an, was Alina Pfeifle durch positives Feedback bestätigt bekommt. Und selbst ihre Wünsche werden berücksichtigt: "Ich kann im Arbeitsalltag vieles ausprobieren."

Apropos Arbeitsalltag: der Wechsel von Schule in Beruf war für Aline Pfeifle kein so großer Schock. "Ich hatte schon vorher immer viel zu tun." Gut sechs Jahre lang gab sie Nachhilfeunterricht, "besonders während der Abizeit waren ,lange Tage' für mich nichts Unbekanntes". Die derzeitige Vollzeitstelle mit einer 40-Stunde-Woche ist für Alina Pfeifle "das Beste, was ich mir vorstellen kann". Zwar sollte man sich den jeweiligen Stundenlohn besser nicht ausrechnen, "aber darum geht es ja auch nicht", meint die 19-Jährige. Sie bekommt ein Taschengeld, das ihr völlig ausreicht. Was für sie viel wichtiger ist: "Dieses Freiwillige Soziale Jahr ist eine hervorragende Vorbereitung auf meine weitere berufliche Zukunft".

Denn in diesen zwei Monaten hat Alina Pfeifle nicht nur an Selbstsicherheit gewonnen. Sie sieht jetzt auch ganz genau ihren weiteren Weg vor sich: "Sonderpädagogik mit Deutsch als weiterem Schwerpunkt, und das als duales Studium." Vor einem möglichen Numerus Clausus hat sie keine Angst mehr, "die Vorbereitung durch das Freiwillige Soziale Jahr bietet auch hier einen Vorteil. Die so gewonnene Berufserfahrung wird sowohl bei der Stellen- als auch bei Studienvergabe anerkannt", weiß Alina Pfeifle.

Darüber hinaus hat sie schon jetzt viel gelernt, nicht nur in der Schule. "Ins Pflichtprogramm des FSJ gehören auch Seminare. Da hatten wir schon ein Treffen mit mehreren FSJlern in einer Jugendherberge. Eine Woche lang ging es beispielsweise um das Thema Inklusion, wie verhalte ich mich gegenüber den Kindern, was darf ich, was nicht, was sind meine Rechte, meine Pflichten." Auch Gebärdensprache und weitere Themen standen auf dem Seminarprogramm.

"Die letzten zwei Monate haben mir sehr geholfen, meine Interessen und Ambitionen zu entdecken. Es gab wirklich noch keinen Tag, an dem ich gesagt hätte, ich habe heute keine Lust. Ganz im Gegenteil", erzählt Alina Pfeifle. Und dann folgt noch einmal ein Appell an alle Schüler, die ebenfalls mit Unsicherheiten in Sachen berufliche Zukunft zu kämpfen haben: "Macht ein Freiwilliges Soziales Jahr, das muss ja nicht im sozialpädagogischen Bereich sein, auch kulturell, politisch oder ökologisch gibt es wunderbare Angebote."

Zur Sache

Der Bremer Norden ist ein schwieriges Pflaster

Die Stellen für das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) in Bremen-Nord zu besetzen, ist laut Uwe Wrede grundsätzlich eine eher schwierige Sache. Momentan sind noch fünf Stellen in Nordbremen offen, für die junge Menschen gesucht werden, die sich in einem Freiwilligen Sozialen Jahr ausprobieren möchten. Woran das liegt, kann der Ansprechpartner für das FSJ in Bremen-Nord vom Verein Sozialer Friedensdienst (sfd) Bremen nicht genau bestimmen. Eines kann er aber mit Sicherheit sagen: "Während der Corona-Pandemie wollten viele lieber im Krankenhaus als in anderen Einrichtungen arbeiten." Der vermutete Gedanke dahinter, mehr Sicherheitsgefühl, da direkt Fachleute vor Ort. "Im Kindergarten gestaltet sich das eher schwierig", so Uwe Wrede.

Dabei habe sich die Lage derzeit ein wenig entspannt. "FSJler müssen nicht mehr per Zoom ihre Begleitseminare abhalten." Das heißt, der so wichtige Austausch zwischen jungen Leuten – das FSJ ist für Menschen zwischen 16 und 26 Jahren gedacht – ist wieder in Präsenz möglich. "Es gibt – auf ein Jahr gerechnet – 25 Tage Begleitseminare", so Wrede. Dadurch sollen sich die FSJler gleicher Fachrichtungen untereinander austauschen können, sollen gleichzeitig lernen, wie man beispielsweise mit Kindern oder älteren Menschen spricht, wie man mit diesem oder jenen Problemen umgeht, wie man gestaltet und vieles mehr.

Diese Lerneffekte soll es im Übrigen im gesamten Freiwilligen Sozialen Jahr geben. "Das ist ja Sinn und Zweck eines FSJ", so Wrede. Junge Menschen sollen sich ausprobieren können, sollen ihre eigenen Grenzen, aber auch ihre eigenen Stärken erfahren, sollen Teamfähigkeit und Selbstbewusstsein lernen sowie nach der Schulzeit einen sanften Einstieg ins Berufsleben erfahren. "Das bedeutet nicht, dass jeder FSJler anschließend einen Beruf im sozialen Bereich ergreift", so Wrede. Ein Freiwilliges Soziales Jahr sei durchaus auch eine gute Vorbereitung aufs Studium oder andere berufliche Bereiche.

Um Vorbereitung geht es auch beim Einstieg ins FSJ, durch ein oder zwei Probetage. "Nicht jeder Freiwillige passt auch auf jede ausgesuchte Stelle. Die Chemie sollte stimmen. Und ein junger Mensch hat in dieser Probezeit auch die Gelegenheit, erstmals zu erleben, wie sich Berufsalltag von 8 bis 16 Uhr so anfühlt." Darüber hinaus gibt es für die jungen Menschen im FSJ Taschengeld, Fahrkostenerstattung sowie eine Essensgeldpauschale, circa 430 Euro im Monat, und für die Eltern die gute Nachricht, dass im FSJ auch weiterhin Kindergeld gezahlt wird.

Es gibt noch freie Plätze

Für das Freiwillige Soziale Jahr gibt es in Bremen-Nord noch freie Plätze. In der Kita: Kinder- und Familienzentrum Kinderland, Schönebecker Straße 51; Kinder- und Familienzentrum Schönebeck, Schönebecker Heidberg 6; Kita Bremer Wolle-Kids (Hanseasana GgmbH), ehemaliges BWK-Gelände in Blumenthal. FSJ in der Arbeit Seniorinnen und Senioren: Stiftungsdorf Rönnebeck der Bremer Heimstiftung, Dillener Straße 69-71. FSJ in der Arbeit mit Erwachsenen mit Beeinträchtigung: Wohngemeinschaften der Lebenshilfe in Bremen-Nord. Wer sich umgehend bewerben möchte, kann einen Lebenslauf senden an wrede@sfd-bremen.de. Weitere Informationen gibt es ebenfalls bei Uwe Wrede, Telefon: 04 21 / 168 67 02. 

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