Blumenthal. Genau wann, wie und durch wen verschwanden Goldmünzen im Wert von 74.000 Euro? Diese Frage hatte das Gericht in einem Prozess gegen einen 69-jährigen Schwaneweder und Tischler zu klären. Er stand unter dem Verdacht, im Rahmen von Einbauarbeiten einer Küche in Aumund die Münzen an sich genommen zu haben.
„Der stand im Januar 2020 bei mir vor der Tür und fragte mich, ob ich ihm etwas wiedergeben möchte“, sagte der Angeklagte über einen heutigen 66-jährigen Ruheständler. Bei ihm hatte er mitgeholfen, die Küche zu montieren. „Ich dachte, dass ist ein schlechter Scherz. Ich habe niemals einem Kunden etwas weggenommen“, betonte er sichtlich erregt. „So eine Anklage macht einen fix und alle.“ Schon Ende 2018 wurde die Küche eingebaut.
Der Aumunder entdeckte das Verschwinden oder den Diebstahl erst gut ein Jahr später. „Am ersten Februar 2020 bin ich zur Polizei gegangen“, erinnerte sich der als Zeuge gehörte 66-Jährige. Ihm zufolge hatte er zwei Termine in Abstand von zwei, drei Wochen mit dem Tischler vereinbart. „Ich habe zwischen dem ersten und zweiten Termin die Münzen unter die Spüle geschoben, und zwar ganz nach hinten.“
Unbestritten blieb, dass beim zweiten Termin noch eine Blende unten an der Spüle befestigt werden musste. Laut dem Zeugen hat dabei der Angeklagte auf der Erde gelegen, um die Blende anzubringen, und die Münzen dabei gesehen. Die Münzen seien in einem Plastikrohr untergebracht gewesen, so der Ruheständler. Zum Verlassen der Wohnung habe der Schwaneweder das Plastikrohr mit einem Pullover umwickelt. Dabei sei das Plastikrohr kurz aus dem Pullover gerutscht. Das habe seine Frau gesehen, so der Aumunder.
Hingegen bestritt der Schwaneweder, auf dem Boden gelegen zu haben und Einblick in den unteren Bereich genommen zu haben. Wichtig war ihm nachzuweisen, woher die 71.000 Euro stammten, die er 2019 erhalten hatte. „Wir haben im November 2019 ein Erbe angetreten.“ Weiteres Geld sei unter anderem als Schmerzensgeld aus einem Unfall geflossen.
Der Aumunder hatte auch eine Nebenklage eingereicht. Der Begriff Nebenklage bezeichnet im deutschen Strafprozessrecht die Möglichkeit des Opfers einer Straftat, an der Anklage der Staatsanwaltschaft durch den sogenannten Anschluss teilzunehmen. Dazu ließ er sich von Rechtsanwalt Marvin Mc Kay vertreten.
Mc Kay war davon überzeugt, dass der Schwaneweder die Münzen an sich genommen hatte. Zwei Zeugen haben den Tischler ihm zufolge auf dem Boden liegen gesehen. Der Anwalt wollte unter anderem auf ein Schmerzensgeld hinaus und eine Zuzahlung zu einer Therapie, die sich sein Mandant wegen der verschwundenen, in dessen Augen gestohlenen, Münzen unterzogen hatte.
Für den Verteidiger des Angeklagten, Carsten Thielbar war es „nicht nachvollziehbar“, zum damaligen Zeitpunkt etwas unter der Spüle zu deponieren, wo ein potentieller Dieb Zugang zu haben könne. Außerdem sei ihm die „Darstellung des Geschädigten zu konstruiert“, dass den Diebstahl kein anderer als der Schwaneweder hätte ausüben können. Immerhin wohne die Tochter des Ehepaares noch im Haus. Und die habe auch Besucher gehabt.
Als weiteren Punkt führte Thielbar an, dass sein Mandant, wenn er die Goldmünzen gehabt hätte, irgendetwas damit gemacht haben müsste. „Aber da ist nichts passiert. Das behalte ich doch nicht und bin jahrelang still?“, fragte der Verteidiger. Für ihn waren die Aussagen des Aumunders nur „konstruierte Rückschlüsse“. Der Anwalt beantragte einen Freispruch.
Strafrichterin Zill folgte dem und sprach den Angeklagten vom Vorwurf des Diebstahls frei. Sie sei nicht von der „Täterschaft des Angeklagten überzeugt“, begründete sie das Urteil. Weder der Aumunder noch dessen Schwiegertochter haben ihr zufolge gesehen, dass der Schwaneweder das behauptete Rohr mit den Münzen herausgetragen hat. Auch die als Zeugin gehörte Ehefrau des Aumunders, die das Rohr gesehen haben will, habe sie nicht überzeugt. Deren Aussage sei „sehr unsicher“ und in Teilen nicht nachvollziehbar.
Außerdem lässt sich der Richterin zufolge nicht ausschließen, dass aufgrund der zeitlichen Spanne zwischen dem angeblichen Tatzeitpunkt sowie dem Zeitpunkt, als das Fehlen entdeckt wurde, dass andere Personen Zugriff auf die Münzen hatten. Im Wesentlichen beruhten die Aussagen der Zeugen daher auf Rückschlüssen aus dem Verhalten des Angeklagten.
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte eine Geldstrafe beantragt.