Perspektiven durch Gestalten ist das Konzept des Frauenkreativlabors Neue Wolle. Das Projekt in Blumenthal bietet migrantischen und alleinerziehende Frauen die Möglichkeit, sich durch gemeinsame kreative Arbeit persönlich weiterzuentwickeln. Doch das Projekt steht kurz vor dem Aus. Die Finanzierung läuft nur noch bis zum 31. Dezember. Dabei stopfe das Projekt eine Lücke, die andere Maßnahmen nicht bieten, so Projektleiterin Johanna Boehme. "Wir wollen Frauen stark machen, damit sie Arbeiten gehen." Dafür biete das Projekt neben der Werkstatt, Sprachkursen, sowie integrativer Arbeit, Kinderbetreuung – welche vielen Frauen überhaupt erst die Teilhabe ermöglicht.
Träger der Neuen Wolle ist die gemeinnützige GmbH Quartier. Der strategische Geschäftsführer Christian Psioda, kann es nicht verstehen, wenn das Projekt nicht weiterfinanziert wird. "Wir kriegen sowohl von den Teilnehmerinnen als auch vom Ortsamtsleiter positives Feedback. Wir sind bestens vernetzt in die soziale Infrastruktur in Blumenthal und können so zum Beispiel Teilnehmerinnen an andere Stellen verweisen", sagt Psioda. Zudem sei Neue Wolle das einzige Beschäftigungsprojekt im Ortsteil, welches Frauen mit Kindern ohne Betreuungsmöglichkeiten auffange. "Der Ortsamtsleiter sagte mir, wenn auch noch ihr wegfallt, wäre es ein erheblicher Verlust", sagt er.
Wie konnte es so weit kommen?
"Das Modellprojekt wird teils aus Europäischen Strukturfonds und aus Landesmitteln finanziert. Zum Ende des Jahres läuft die Förderung aus", so Psioda. Davon ist auch das Frauenkreativlabor "Frei.Raum" in Kattenturm betroffen. Bei Modellprojekten ist es üblich, dass das Geld für die Weiterfinanzierung aus anderen Quellen kommen muss. Jährlich brauche Neue Wolle mindestens 200.000 Euro. Dieses Jahr haben sie um die 300.000 Euro zur Verfügung gehabt, so Psioda.
Er sieht ein strukturelles Problem: "Modellprojekte laufen an und sind als vorgeschaltete Angebote zu Beschäftigungsangeboten finanziert und auch wenn es gut läuft, macht sich keiner Gedanken darüber, wie die Finanzierung nach der Modellphase weiterlaufen soll."
Das treffe 26 Teilnehmerinnen, die im Moment fest angemeldet sind. Auch seien bei der Neuen Wolle acht Frauen sozialversicherungspflichtig angestellt. "Wenn das Projekt nicht weiterfinanziert ist, stehen auch sie vor dem Aus", so Geschäftsführer Psioda.
Weg über das Jobcenter
Auch das Land Bremen will das Projekt nicht auufgeben. Sie machten den Vorschlag, in Zukunft die Arbeit in Form eines Beschäftigungsförderungsprojektes mit dem Jobcenter weiterzuführen. Dadurch wäre es über Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheine (AVG) über Bundesmittel teilfinanziert. Den Rest könnte das Ressort komplementär dazugeben. Psioda sagt jedoch: "Das passt nicht zu unserem Konzept. Die Teilnehmerinnen leben nicht alle in Bedarfsgemeinschaften. Beim Projekt Neue Wolle sind es ungefähr die Hälfte von ihnen. Zudem sind wir ein Kulturträger und bieten Integrationsleistungen an."
Für den Ortsamtsleiter von Blumenthal, Oliver Fröhlich, kommt das Ende nicht unerwartet: "Wir wussten, dass die Projektförderung nur bis zum Ende dieses Jahres gesichert ist. Trotzdem ist es ärgerlich, dass ein Projekt, welches so gut angenommen wird und so hohen Zuspruch findet, nicht weiterlaufen kann." Blumenthal habe keine anderen Projekte, die auf Frauen zugespitzt seien, die die Last der Kinderbetreuung tragen. "Es scheitert bei arbeitspolitischen Projekten mit Frauen häufig oder der Kinderbetreuung. Wir bauen Kita-Plätze zwar aus, doch das braucht Zeit."
Was tun die Beteiligten, um das Projekt zu retten?
Fröhlich unternimmt einen letzten Versuch, um die Finanzierung sicherzustellen: "Der Beirat Blumenthal und ich haben die Senatorin für Arbeit angeschrieben, um dafür zu werben, dieses Projekt auch in den kommenden Jahr aufrecht zu erhalten." Bald führe er mit der Arbeitssenatorin, Claudia Schilling, ein Gespräch. Darin will Fröhlich betonen, wie wichtig das Projekt für Blumenthal sei, und alternative Finanzierungsmöglichkeiten bieten: "Ich möchte und werde dafür werben, dass der Weg mit dem Jobcenter durchaus ein Baustein sein kann, jedoch die finanzielle Absicherung anderweitig sichergestellt werden muss." Er hoffe, trotz der schwierigen Haushaltslage, einen Finanzierungsvorschlag zu erhalten.
Psioda schlägt vor, die Finanzierung auf unterschiedliche Ressorts zu verteilen: "Die Last würde sich verteilen. Denn man kann das Projekt modular denken: Wir bieten neben der Integration in den Arbeitsmarkt, kulturelle Projekte, Kinderbetreuung, Sprachkurse."
Martin Prange, der Leiter der Staatsabteilung in der Staatskanzlei, sehe das als potenzielle Lösung. Er sagt: "Es ist aber ein Geben und Nehmen. Um die Zahlung auf unterschiedliche Ressorts zu verteilen, müsste das auch für die Ressorts attraktiv sein." Als Beispiel führt er an, dass sich die Kinderbetreuung für Außenstehende öffnen müsste. Prange erklärt, dass die Gespräche dazu noch laufen. Das Ergebnis steht also noch aus.