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Gesundheitsstandort Bremen Klinikverbund Nord arbeitet an Sanierungskonzept

Der Klinikverbund Gesundheit Nord arbeitet an einem Sanierungskonzept für alle Häuser. Politiker fürchten um die medizinischen Angebote am Nordbremer Standort.
06.02.2021, 06:30 Uhr
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Klinikverbund Nord arbeitet an Sanierungskonzept
Von Christian Weth

Die Chancen, dass im Klinikum Nord alle Angebote bleiben und manche sogar ausgebaut werden, standen nach Ansicht von Politikern nie gut. Jetzt haben sie sich ihnen zufolge noch einmal verschlechtert. Die Beiräte wollen, dass die Kardiologie erweitert und die Frühchenstation nicht verkleinert wird. Die Spitze des Klinikverbundes Gesundheit Nord plant laut Parteivertretern jedoch etwas, dass sich mit dieser Forderung nur schwer vereinbaren lässt: einen Stellenabbau, der größer ausfallen soll als bisher angenommen.

Im Controllingausschuss, der in dieser Woche getagt hat, soll Gesundheit-Nord-Chefin Dorothea Dreizehnter skizziert haben, was sie den Aufsichtsratsmitgliedern auf einer Sondersitzung in der übernächsten Woche offiziell vorstellen will: Dass alle vier städtischen Krankenhäuser bis 2024 eine schwarze Null im operativen Geschäft schreiben sollen. Dass in diesem Zeitraum bis zu 450 Stellen in der Verwaltung und im ärztlichen Bereich abgebaut werden müssen, damit dieses Ziel erreicht werden kann. Und dass es gleiche Leistungsangebote in mehreren Häusern nur noch in absoluten Ausnahmefällen geben darf. Eine Stellungnahme dazu gab es am Freitag von der Unternehmensspitze mit Verweis auf die Sondersitzung nicht.

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Aus Sicht von Parteivertretern, die namentlich nicht genannt werden wollen, ist es unter diesen Voraussetzungen schwer vorstellbar, dass noch umgesetzt werden kann, was alle drei Nordbremer Stadtteilparlamente eingefordert haben: den Verbleib der Behandlung sogenannter Level-II-Frühchen und die Ergänzung der Kardiologie um eine Versorgung von Infarkt-Patienten in einem Herzkatheterlabor. Über beides haben Beiratspolitiker mehrmals mit Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) gesprochen. Zuletzt diskutierten sie im Dezember auf der Sitzung des Regionalausschusses darüber. Die Behördenchefin kündigte an, sich im Februar noch mal mit den Parlamentsmitgliedern austauschen zu wollen.

Ob es bei diesem Termin bleibt, muss Lukas Fuhrmann momentan offen lassen. Der Sprecher der Senatorin schließt jedoch nicht aus, dass aus dem Termin im Februar auch ein Termin im März werden kann. Nach seinen Worten hängt das davon ab, wann die Expertise vorliegt, die vom Ressort für eine Bewertung der Frühchenfrage in Auftrag gegeben worden ist – und von der Auswertung der Zahlen, nach denen die Beiratsfraktionen im Fall der Kardiologie gefragt haben: Sie wollen unter anderem wissen, wie oft es vorkommt, dass Menschen mit Herzproblemen von Rettungskräften quasi am Nordbremer Krankenhaus vorbeigefahren werden, um im spezialisierten Klinikum Links der Weser behandelt zu werden.

Zumindest für die Frühchenstation hatte Bernhard damals Hoffnung gemacht. Sie erklärte, es sinnvoll zu finden, dass es neben einer neuen Frühgeborenen-Abteilung am Klinikum Mitte auch eine zweite in Nord gibt – sozusagen als ein Back-up zur Sicherheit, um auf einen Keimausbruch wie vor Jahren besser reagieren zu können. Doch dieses Argument, sagen Politiker, zählt eigentlich nicht mehr, weil die Frühchenstation in Mitte so gebaut wurde, dass ein kontaminierter Bereich abgekoppelt werden kann. Laut Timo Sczuplinski ist das auch mehrfach möglich. Nach Angaben des Verbundssprechers lässt sich die Abteilung individuell unterteilen, um für verschiedene Ausbruchsszenarien gewappnet zu sein.

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Für Jürgen Bachmann spielt es keine Rolle, wie oft eine Abteilung geteilt werden kann. Nach Auffassung des früheren Kinderarztes und Mitbegründers der Kinderklinik in Nord braucht es trotzdem eine zweite Station in einem anderen Krankenhaus. Schließlich, meint er, fallen bei geschlossenen Bereichen auch Behandlungsmöglichkeiten weg. Ihm zufolge kalkuliert der Klinikverbund schon jetzt mit rund einem Dutzend Intensivplätzen weniger, wenn er die Versorgung von Level-II-Frühchen – Kinder, die bei der Geburt weniger als 1500 Gramm wiegen – in Nord abzieht. Bachmann rechnet damit, dass Frühgeborene aus Bremen irgendwann in Niedersachsen behandelt werden müssen, weil alle verfügbaren Plätze belegt sind.

Nach seiner Kalkulation würde der Klinikverbund im Fall einer verkleinerten Frühchenstation im Bremer Norden nicht nur auf Einnahmen verzichten, sondern streng genommen auch für zusätzliche Ausgaben sorgen. Im Grunde, findet Bachmann, müsste die Dachgesellschaft der städtischen Krankenhäuser nämlich bei den Eltern von Frühchen machen, was der Senat jetzt bei älteren Menschen macht, um sie zum Impfzentrum in die Innenstadt zu bringen: die Taxifahrt bezahlen.

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Zur Sache

Die Debatte über medizinische Angebote

Kardiologie: Seit Jahren fordern Parteien, dass die Kardiologie im Klinikum Nord ausgebaut wird. Sie argumentieren, dass es bei einem Herzinfarkt schnell gehen muss – und der Weg zum spezialisierten Krankenhaus Links der Weser ihrer Ansicht nach zu lang ist. Darum soll das Klinikum an der Hammersbecker Straße um eine 24-Stunden-Notfallversorgung mit einem Herzkatheterlabor erweitert werden. Die Behörde will prüfen lassen, wie häufig es vorkommt, dass Nordbremer mit Herzproblemen in andere Kliniken der Stadt gefahren werden müssen.

Frühchenstation: Die Frühgeborenen-Abteilung in Nord ist aufgebaut worden, nachdem es am Klinikum Mitte zu einem Keimausbruch gekommen war. Vor Jahren hat die Gesundheitsbehörde zum ersten Mal davon gesprochen, einen Teil der Abteilung wieder abzuziehen, um eine neue Frühchenstation im Krankenhaus Mitte aufzubauen. Dagegen wehren sich nicht nur die Nordbremer Beiräte, sondern auch die Mitstreiter der Initiative „Kindgerecht“. Sie hat eine Petition gestartet, die in wenigen Wochen von mehr als 10.000 Menschen unterschrieben wurde.

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