Vor anderthalb Jahren hat das Klinikum Nord begonnen, sich wegen Corona abzuschotten und medizinische Leistungen zu beschränken, um personelle Reserven für Covid-19-Patienten zu haben. Mittlerweile werden im Krankenhaus immer mehr Bereiche wieder so genutzt wie vor den Pandemie-Wellen. Frank Wösten, ärztlicher Direktor des Krankenhauses, koordiniert das Hochfahren des Klinikbetriebs. Neun Fragen und Antworten zum Stand des Prozesses.
Welche Auflagen gelten für Besucher?
Das Besuchsverbot, das mehr als ein Jahr lang galt, ist inzwischen aufgehoben. Ein offenes Haus, so wie vor der Pandemie, ist das Klinikum trotzdem nicht. Wer einen Patienten besuchen will, muss sich anmelden und nachweisen, virusfrei zu sein. Weil das mit Verwaltungsarbeit verbunden ist, hat das Krankenhaus die Zahl der Besucher auf 120 Personen am Tag begrenzt. Auch deshalb, um das Personal und die Patienten so gut wie möglich vor einer Infektion zu schützen. Das Krankenhaus darf weiterhin nur mit einer FFP2-Maske betreten werden.
Wie groß ist noch die Rolle des Krisenmanagements?
Zu Beginn der Pandemie gab es täglich Lagebesprechungen mit dem Klinikverbund und der Gesundheitsbehörde – vor allem, als es um die Beschaffung von Schutzausrüstung und die Eindämmung von Virusausbrüchen im Krankenhaus ging. Inzwischen kommen die Mediziner und Abteilungsleiter des Klinikums einmal in der Woche zusammen, um über neue Corona-Entwicklungen zu beraten. Thema sind nicht mehr Masken und wie man sie bekommt, sondern die Mutationen des Virus und was sie für eine Öffnung des Hauses bedeuten.
In welchem Umfang wurden Isolierbereiche verkleinert?
Patienten, die an Corona erkrankt waren, wurden sowohl auf einer Isolierstation als auch in einem separaten Bereich der Intensivstation betreut. Im Schnitt gab 16 Betten für Covid-19-Fälle. In den ersten Corona-Wellen waren zeitweise fast doppelt so viele Behandlungsplätze belegt. Momentan gibt es keinen Patienten, der im Krankenhaus wegen Corona behandelt werden muss. In einem gesonderten Bereich stehen acht Betten bereit, falls es erneut zu Infektionen und schweren Krankheitsverläufen kommt.
Wie steht es um die Personalstärke auf den Stationen?
Für die Behandlung von Covid-19-Fällen mussten immer wieder Mediziner und Pflegekräfte von anderen Abteilungen abgezogen werden. Dabei wurde mehr Personal gebraucht als bei anderen Patienten. Die Teams in den Isolier- und separaten Intensivbereichen waren in der Regel doppelt, manchmal auch dreimal so groß wie die von regulären Stationen. Die Mitarbeiter sind inzwischen wieder dort, wo sie vorher waren: in den beiden Abteilungen der Geriatrie, der Allgemeinchirurgie und im Bereich der Privatpatientenversorgung.
Wie viele Betten sind noch gesperrt, weil Personal fehlt?
Eigentlich ist das Klinikum ein Haus mit 500 Betten. Wegen des Fachkräftemangels und des Abzugs von Teams für die Betreuung von Corona-Patienten standen jedoch nur rund 300 Plätze für Patienten bereit. Jetzt steigt die Zahl wieder. Seit die Isolierstationen leer sind, können rund 50 Betten mehr angeboten werden als noch vor Monaten. Auch im Vorjahr hat das Krankenhaus neue Mitarbeiter eingestellt, vor allem im Bereich der Geburtshilfe. Einige kamen aus aus anderen Bundesländern, andere aus anderen Ländern.
Welche Leistungen können wieder angeboten werden?
Während der vergangenen Monaten mussten Leistungen zweier Stationen ganz und einer Abteilung halb runtergefahren werden. Betroffen waren die Bereiche, aus denen Personal für die Versorgung von Covid-19-Patienten abgezogen wurden: die Geriatrie, die Allgemeinchirurgie und die Privatpatientenversorgung. Alle anderen Abteilungen haben wie bisher weitergemacht – wenn auch nicht immer mit dem Pensum, den sie vor der Pandemie hatten. Verschiebbare Operationen wurden ausgesetzt, um personelle Reserven zu haben.
Wie hat sich die Zahl der Operationen entwickelt?
In der Regel kommt das Krankenhaus pro Monat auf 150 bis 200 Operationen. Im Vorjahr ist die Zahl um die Hälfte gesunken. Operiert wurde ausschließlich in Fällen, in denen kein Aufschub möglich war. Seit einigen Wochen wird der OP-Betrieb wieder hochgefahren. Seit Kurzem ist die Zahl der Eingriffe wieder so hoch wie vor der Pandemie. Vor allem die Unfallchirurgen haben mehr zu tun als noch vor Wochen. Dass auf den Straßen und Plätzen wieder mehr los ist, spiegelt sich in der Notaufnahme des Krankenhauses wider.
Wie sehen die Prognosen für einen Normalbetrieb aus?
Die Klinikmediziner hoffen, dass die steigende Impfquote weiter für rückläufige Fallzahlen sorgt. Und dass die Vakzine auch bei den neuen Virus-Varianten wirkt. Sie befürchten allerdings, dass gerade bei den Jüngeren, die noch ungeimpft sind, der mutierte Erreger häufiger für einen schweren Krankheitsverlauf sorgen könnte – auch deshalb, weil in immer mehr Ländern diskutiert wird, die Maskenpflicht fallen zu lassen. Nach Ansicht der Ärzte werden die nächsten Wochen entscheidend sein, wie es mit der einem Normalbetrieb weitergeht.
Was passiert, wenn die Fall-Zahlen wieder steigen?
Die Krankenhausleitung geht davon aus, dass die einzelnen Abteilungen künftig schneller auf ein Plus an Corona-Patienten reagieren können. Ihr zufolge haben sie in den vergangenen anderthalb Jahren wesentliche Erfahrungen sammeln können, um den Klinikbetrieb auf eine weitere Virus-Welle umstellen zu können. Die Anzahl der Betten, die für den Fall der Fälle vorgehalten wird, kann ohne großen Vorlauf erweitert werden. Genauso wie das Kontingent an Mitarbeitern, die sich um Covid-19-Patienten kümmern. 90 Prozent der Klinikbeschäftigten sind geimpft.