Aumund/Blumenthal. Erst einmal eine Bratwurst bei Bübel ordern! Das war für viele Fans des Blumenthaler SV Voraussetzung, um die Heimspiele im Burgwallstadion genießen zu können. 15 Jahre lang verkaufte Wolfgang Gronau, Spitzname Bübel, seine knackigen Leckerbissen. Insgesamt seien es wohl 35.000 Bratwürste gewesen, hat der langjährige Spieler, Trainer, Betreuer und ehrenamtliche Aktivist des Nordbremer Traditionsvereins ausgerechnet.
Kürzlich konnte der Aumunder seinen 79. Geburtstag feiern und wenige Tage zuvor die Urkunde über die „goldene Ehrenmitgliedschaft“ entgegennehmen, wie Gronau die Auszeichnung schmunzelnd bezeichnet. Schließlich sei er bereits vor zehn Jahren schon einmal zum Ehrenmitglied ernannt worden. Der Beleg dafür findet sich in den Dokumenten und Aufzeichnungen, die Gronau über den Blumenthaler SV gesammelt und notiert hat.
Vor nunmehr 66 Jahren, als Schüler der Grundschule an der Lüder-Klüver-Straße, schließt sich Bübel, wie er bereits damals genannt wird, dem Blumenthaler SV an. Um Fußball zu spielen, versteht sich. Und als Aktiver im Vereinsdress hört er damit erst wieder auf, als er 52 Jahre auf dem Buckel hat, um sich dann als Trainer und Betreuer der Alten Herren zu engagieren. Gronau rechnet nach: Rund 350 Mal spielte er im Team der Alten Herren des Blumenthaler SV, vorher lief er 250 Mal für die erste Herrenmannschaft der Burgwallelf auf. Und als ihm dort kein Kaderplatz mehr zugesichert wurde, er sich aber noch fit genug fühlte, um in der Liga mithalten zu können, schnürte er noch ein paar Jahre für rund hundert Pflichtspiele des Nachbarvereins Lüssumer TV die Fußballstiefel. Blieb allerdings auch in dieser Zeit Mitglied bei den Blauroten aus Blumenthal.
Den Lüssumer TV gibt es nicht mehr, und Gronau hat seine Fußballschuhe längst an den Nagel gehängt. Den Kontakt zum Blumenthaler SV pflegt er aber nach wie vor intensiv, sein Mandat im Ältestenrat nimmt er weiterhin wahr, obwohl ihm die Nachwehen eines Herzinfarkts noch immer zu schaffen machen. Auch den Gang durch seinen Garten zum „Vereinsheim“ tritt er an diesem Vormittag mit dem Rollator an. Das hat er vor gut 40 Jahren in Eigenarbeit gezimmert und eingerichtet. In dem Blockhaus stehen Stühle und Tische vor einer langen Theke. Und dahinter Wimpel und Bilder an der Wand sowie Regale mit den Pokalen.
Den größten stellt Bübel, wie er noch immer am liebsten genannt werden will, auf den Tresen. Gewonnen hat der Blumenthaler SV ihn 2014 in Neuler (Baden-Württemberg), wo der siebte Deutsche Altherren-Supercup ausgetragen wurde. Den die Nordbremer zusammen mit Wolfgang Gronau gewannen und sich damit gleichzeitig als inoffizieller Deutscher Meister bejubeln lassen durften. Das Vereinsheim an der Fährer Kämpe ist nach wie vor beliebter Treffpunkt vor allem der Alt-Herrenspieler des BSV vom Burgwall, wenngleich zurzeit wegen Corona nicht so häufig.
Zurück im Wohnzimmer sortiert der 79-Jährige Unterlagen, die er für das Gespräch auf dem Tisch ausgebreitet hat. Stichwortartig, aber penibel hat sich der gelernte Maurer und Fliesenleger Notizen gemacht, die sein ehrenamtliches Engagement für den Blumenthaler SV belegen. Beispiele: Für den Verkauf der Bratwürste und Getränke, die er auch einkaufte, stellte Gronau im Stadion einen Container mit Kühlschränken auf. Bübel zimmerte Sitzbänke und eine Sprecherkabine auf der Besuchertribüne, sorgte für Flutlicht auf einem Nebenplatz, investierte rund 300 Stunden Arbeit in die Herrichtung eines Jugendraumes, verteilte in nordbremischen Geschäften Plakate mit Hinweisen auf die aktuellen Spiele des Blumenthaler SV und sammelte im Rahmen einer Spendenaktion im Jahre 1983 rund 10.000 Euro, um den Traditionsverein vor dem Konkurs zu retten, der ihm nach dem finanziellen Fiasko in der Oberliga drohte.
Namhafte Trainer wie Erich Hänel, Walter Pecksen, Helmut Jagielski, Wolfgang Bolz oder Egon van Koll haben die aktive sportliche Laufbahn von Bübel Gronau begleitet. Und natürlich erinnert er sich noch lebhafthaft an herausragende Freundschaftsspiele der Rotblauen zum Beispiel gegen den Hamburger SV, Werder Bremen oder den VfB Oldenburg. Mit besonderem Stolz aber erfüllt ihn eine sportliche Bilanz, die von den Alten Herren in den Jahren zwischen 1974 und 1995 geschrieben wurde: Von 570 Spielen verloren die AH-Kicker nur 26. In diesen 21 Jahren kassierten sie zwar 497 Gegentore, erzielten aber ihrerseits stolze 2703 Treffer.
Jedes einzelne Spielergebnis, jede Mannschaftsaufstellung und jeden Torschützen hat Bübel Gronau auch in dieser glorreichen Zeit der Alten Herren notiert. Und zudem alle Mannschaftsfahrten und besonderen Ereignisse rund um die Teams. Auch heute noch beschäftigt er sich intensiv mit seinen Unterlagen. Bemerkt er, dass Daten fehlen, greift der eingefleischte BSV-Fan zum Telefonhörer und spricht mit Jürgen Anders aus Lesum, der als langjähriges Mitglied des Blumenthaler SV ebenfalls ein besonderes Faible für den Fußballsport besitzt. Anders ist im Deutschen Sportclub für Fußballstatistiken (DSFS) aktiv und hat unter anderem den Werdegang des SV Werder Bremen sowie die Historie des Bremer Amateurfußballs der Herren bis zur untersten Kreisklasse statistisch dokumentiert. „Wir sitzen oft zusammen, aktualisieren Daten und schnacken über alte Zeiten“, erzählt Gronau. Aber natürlich auch über die aktuelle Lage der 1. Herren des Blumenthaler SV, fügt er an und sagt: „Die Jungs müssen sich steigern, um aus dem Tabellenkeller zu kommen.“
Bübel Gronau hat in seiner langen Vereinszugehörigkeit zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen entgegennehmen können. Und wenn man ihn nach seinem schönsten Hobby in seiner Zeit als Fußball-Rentner fragt, antwortet er prompt: „Die handwerklichen Arbeiten im Stadion und der Bratwurstverkauf.“