Die Kirchengemeinde in Borgfeld plant auf dem Friedhof an der Borgfelder Landstraße einen eigenen Ort für Sternenkinder – also Kinder, die sich während der Schwangerschaft nicht weiterentwickeln, sterben und mitunter tot zur Welt kommen. "Wir wollen einen Ort schaffen, an dem sich Eltern in Stille von ihrem Sternenkind verabschieden und ihm gedenken können", sagt Jürgen Ballhausen vom Kirchenvorstand. Er denkt an einen Ort, der Leichtigkeit ausstrahlt. "Kinder bringen Licht ins Leben, auch wenn sie unter teils tragischen Umständen gestorben sind", begründet Ballhausen, der vor Jahren eine Mutter nach einer Fehlgeburt begleitet hat. "Für Mütter und Väter ist das sehr schwierig."
"Es wird oft nicht darüber gesprochen"
Die Idee, auf dem evangelischen Friedhof im Zuge der Neugestaltung einen Bereich für Sternenkinder zu schaffen, hatte Pastorin Elisabeth Saenger. "Uns beschäftigt das Thema immer mal wieder", sagt sie. "Das betrifft mehr Menschen, als man denkt, und es wird oft nicht darüber gesprochen." Eine Fehl- oder Totgeburt hinterlasse "so große Verletzungen", weiß die Pastorin und Seelsorgerin. Am 2. Sonntag im Dezember, dem Weltgedenktag für still geborene Kinder und verwaiste Eltern, habe die Kirchengemeinde zum Beispiel einen Gottesdienst abgehalten.
In den kommenden Monaten soll eine Grabstelle für Sternenkinder hinzukommen. Eine fünfstellige Summe investiert die Kirchengemeinde dafür, sagt Jürgen Ballhausen. Nach Angaben der evangelischen Kirche gibt es landesweit inzwischen einige kirchliche Friedhöfe mit Grabstellen für tot- und fehlgeborene Kinder. Ein Beispiel ist der Friedhof in Oslebshausen. Die Borgfelder Pastorin Elisabeth Saenger sagt: "Es wäre schön, wenn wir so etwas auch hier hätten." Für manche Familie sei es wichtig, einen Ort in der Nähe zu haben, wo sie hingehen und sich erinnern können. "Es ist oft so, dass die Kinder zur Familie gehören, auch wenn sie verstorben sind."
Interesse an einem Gedenkort steigt
Das bestätigt die 1. Vorsitzende des Vereins Sterneneltern Achim, der auch Bremer Eltern begleitet und unterstützt. "Unser Wunsch ist, dass jeder Friedhof so ein Feld für Kinder bereitstellt", sagt Stefanie Gebers, denn eine Bestattung habe immer auch mit dem "Begreifen" dessen zu tun, was geschehen ist. Über Fehl- und Totgeburten werde immer offener gesprochen. Das Interesse an einem sichtbaren Gedenkort steige. Oft finden auch Menschen, die ihr Kind vor vielen Jahrzehnten verloren haben, an den Grabstellen für Sternenkinder einen Ort des Gedenkens. "Ältere Personen trauern oft im Verborgenen, sie haben im Wald einen besonderen Baum oder in der Hecke einen Platz, wo sie kleine Steine oder Blumen ablegen."
In Bremen müssen Eltern ihr Kind mittlerweile sogar bestatten, wenn es mehr als 500 Gramm wiegt oder lebend zur Welt kam und dann verstorben ist. Ein Recht auf ein Begräbnis hingegen haben sie immer, sagt Stefanie Gebers, "auch wenn das Baby in der 8. Schwangerschaftswoche gestorben ist". Die Eltern können sich zwischen einer selbst organisierten, individuellen Zeremonie und der anonymen Gemeinschaftsbeisetzung durch die Kliniken auf dem Friedhof Huckelriede entscheiden. Die Kosten für die Beisetzung und die Grabpflege übernimmt die Stadt.
Wie es in Borgfeld sein wird, ist noch ungewiss. Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen, sagt Jürgen Ballhausen. Eine genaue Vorstellung aber hat er von dem Gedenkort. Die Sternenkinder – auch von Eltern, die nicht Mitglied in der Kirche sind – sollen im Schutz eines halbrunden Walls ruhen. Im hinteren Bereich des Friedhofs, zwischen der Kita Krögersweg und der Ortsmitte, wird durch eine Baufirma aus Worpswede in den kommenden Wochen auf circa 100 Quadratmetern verwilderter Rasen entfernt und ein Hügel aufgeschüttet, ehe ein Wall modelliert und bepflanzt wird. Vorbild ist der vor drei Jahren in der Nähe gartenähnlich angelegte Hügel, auf dem jetzt Salbei, Storchenschnabel und Frauenmantel blühen. Im Zentrum des neuen Erdwalls sollen später ein künstlerisch gestalteter Gedenkstein und Namenssteine an die Sternenkinder erinnern. Der Kirchenvorstand, sagt Ballhausen, sichte gerade Entwürfe und Ideen. Zu Beginn des kommenden Jahres könnte die Grabstelle fertig sein. Eine Bank lädt dann alle Besucher zu einem Moment der Stille ein.