Borgfeld. Der Borgfelder Immobilienmakler Timon Hilken plant einen großen Coup: An der Borgfelder Heerstraße 57 a, gleich hinter dem Aleco-Bio-Supermarkt, sollen sechs neue E-Ladesäulen in Betrieb gehen – sie werden der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, sobald alle Genehmigungen vorliegen, sagt der 25-jährige Unternehmer. Zurzeit sind 22-Kilowatt-Ladesäulen geplant. Die Netzauskunft von Wesernetz prüfe das Vorhaben gerade. Zwei der sechs Stellplätze sind für den Carsharing-Anbieter Cambio reserviert, berichtet Hilken.
Was sagt Cambio-Carsharing zu dem Vorhaben?
"Wir stehen kurz vor der finalen Vertragsunterzeichnung für eine neue Station an der Borgfelder Heerstraße 57a. Wir starten dort erst mal mit zwei Verbrennern und würden dann E-Autos anbieten, wenn die Ladeinfrastruktur steht", bestätigt der Unternehmenssprecher von Cambio, Tim Bischoff. Für das Carsharing-Unternehmen sei Borgfeld ein wichtiger Markt.
Warum investieren die Unternehmer in E-Ladesäulen?
Über 33 Stellplätze hat die Familie Hilken hinter der Einkaufszeile an der Borgfelder Heerstraße eingerichtet. Die Premium-Plätze zur Heerstraße hin will sie nun öffentlich zugänglich machen. "Weil der Bedarf da ist, und weil wir in die Zukunft investieren wollen", erklärt Timon Hilken das Vorhaben. Seine Mieter hätten ihn um eine Cambio-Station gebeten. Er habe sich die Installation der Ladesäulen allerdings einfacher vorgestellt. Seit April versuche er, das Projekt voranzubringen, sagt der 25-Jährige. Die Hürden seien groß.
Wo liegen die Hürden?
"Die Erschließung ist schwierig. Wir müssen ja auch Kabel verlegen lassen. Hier liegt ja kein Strom", erklärt sein Vater Rainer Hilken. Außerdem gebe es Stadtbäume, die geschützt werden müssten. Auch die Investition in die Ladesäulen sei höher als zunächst angenommen. Mit 8.000 bis 10.000 Euro rechnen die Hilkens pro Säule. "Eigentlich hätten wir auch gerne einen Fast-Charger installiert, doch die liegen bei 15.000 Euro netto – nur für das Gerät, ohne die Anschlüsse", berichtet Timon Hilken.
Wer beteiligt sich an dem Projekt?
Die Sparkasse Bremen würde sich an dem Projekt mit einem Teilkredit beteiligen. "Die sind sehr hilfsbereit bei der Finanzierung. Ich will nicht sagen, dass sie auf ihre Marge verzichten, aber sie teilen sich den Kredit mit der Bremer Aufbaubank." So ließe sich das Projekt überhaupt nur finanzieren. "Das ist zunächst kein gewinnbringendes Investment", unterstreicht der Unternehmer und es sei risikobehaftet, weil man nicht wisse, wie sich die Strompreise entwickeln werden. Die Hilkens arbeiten bei dem Projekt E-Ladesäulen ausschließlich mit regionalen Unternehmen zusammen: Die Firma Adlersolar werde die Ladesäulen aufbauen, Elektro-Andy aus Bremen soll für die Elektrik beauftragt werden. "Wir versuchen, alle unsere Partner hier einzubinden, um möglichst auf plus/minus null zu kommen", sagt Betriebswirt Timon Hilken.
Warum setzt der Investor ausschließlich auf Ökostrom?
"Wir können den Strom ja nicht für 60 oder 70 Cent über die Ladesäule verkaufen, dann kommt kein Kunde. Den Strom kauft man derzeit für 30 Cent ein." Geplant sei, ausschließlich Öko-Strom an den Ladesäulen zu vermarkten. Kooperieren wollen die Hilkens mit der Firma Lichtblick. "Wir wollen keinen Kohlestrom verwenden. Alles, was wir bauen, ist mindestens genauso lang auf der Erde, wie wir es auch sind, von daher sollen unsere Investitionen der Erde etwas Gutes tun", unterstreicht Timon Hilken. Das sei eine Abmachung, die er auch mit seinen Brüdern Torge und Tetje Hilken getroffen habe.
Gibt es eine Förderung für das Projekt?
Eigentlich hatte Timon Hilken gehofft, dass sein Projekt gefördert werde – doch die Fördertöpfe der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) seien leer. Andere Fördermaßnahmen habe er bislang nicht ausfindig gemacht. "Wir überlassen 20 Prozent unserer Stellplätze der Öffentlichkeit und wollen damit die Borgfelder Gewerbetreibenden unterstützen", sagt Hilken.
Wie unterstützt das neue Bremer Verkehrsressort den Bau von E-Ladesäulen?
Auf Nachfrage im Mobilitätsressort, welche Fördertöpfe es für eine E-Ladesäuleninfrastruktur in Bremen gibt, heißt es: "Ein Förderprogramm für Ladeinfrastruktur ist derzeit in Prüfung." Anfragen könnten an info-elektromobilitaet@bau.bremen.de gesendet werden. Weitere Informationen zu Fördermöglichkeiten auf Bundesebene im Bereich Elektromobilität gebe es unter https://www.now-gmbh.de/foerderung/foerderprogramme/.
Welche Bedarfe für E-Mobilität werden erwartet?
Die Bundesregierung hat sich mit dem Klimaschutzplan 2050 verpflichtet, die Treibhausgasimmission in Deutschland bis zum Jahr 2030 zwischen 55 bis 56 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Im Verkehrssektor soll bis 2030 eine Reduktion bis zu 42 Prozent erfolgen – dazu soll der Straßenverkehr elektrifiziert werden. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist ein Ziel von mindestens 15 Millionen Elektro-Autos bis 2030 vorgegeben. Für Bremen entspricht dies heruntergerechnet einem Bestand von 75.000 bis 90.000 Elektro-Pkw, heißt es aus dem Bremer Mobilitätsressort. Ein Bedarf von bis zu 10.000 zugänglichen Ladepunkten werde erwartet, heißt es im Koalitionsvertrag. Doch diese Zahl wurde jetzt nach unten korrigiert. Einer neuen, mittleren Prognose nach werden bis 2030 etwa 4000 Normalladepunkte und 500 Schnellladepunkte gebraucht. Die neuen Zahlen basierten auf einer Bedarfsprognose eines Dienstleisters. Im öffentlichen Raum in der Stadt Bremen gab es im Mai rund 658 Ladepunkte.