Lesum. „Die Stadtbürgerschaft sieht keine Möglichkeit, den Eingaben zu entsprechen.“ Mit diesem von SPD, Grünen und Linke gebilligten Beschluss wurde am Dienstagabend der vorläufige parlamentarische Schlussstrich unter ein ungewöhnlich langes Petitionsverfahren gezogen. Es war von Anwohnern und der „Bürgerinitiative für den Erhalt der nördlichen Lesumwiesen (BiEnLe)“ initiiert worden, die den Bau einer gut 6,5 Hektar großen Flachwasserzone für laichende Fische in der Lesum bei Knoops Park verhindern wollten. Sie soll nun mit einem weiteren Jahr Verzögerung im Sommer 2022 realisiert werden.
Wie kaum eine andere Eingabe habe den Ausschuss die von rund 2600 Bürgern unterzeichnete Petition der Bürgerinitiative, beschäftigt, sagte Ausschussvorsitzender Claas Rohmeyer (CDU) während der Debatte in der Stadtbürgerschaft. Nach vier Anhörungen und zwei Besichtigungsterminen vor Ort sei der Ausschuss jetzt zu dem Ergebnis gekommen, die drei eingebrachten Petitionen für erledigt zu erklären. Als Begründung verwies Mustafa Kemal Öztürk (Grüne) unter anderem auf den Planfeststellungsbeschluss für die Flachwasserzone vom 10. Januar 2011. Danach sollte die nach dem Naturschutzrecht erforderliche Ersatzmaßnahme für den vor gut zwei Jahrzehnten zugeschütteten Überseehafen längst realisiert worden sein. Allerdings sorgten Engpasse im bremischen Haushalt sowie Probleme beim Erwerb der erforderlichen Grundstücke bereits damals für Verzögerungen.
Die Bedenken der Bürgerinitiative, die von der Zerstörung eines intakten Biotops gesprochen hatte, ließ Öztürk nicht gelten: Die geplante gut 6,5 Hektar große Flachwasserzone (Laichzone) werde sich zu einem Auengewässer und damit zu einem anderen wertvollen Biotop verändern. Große Sorgen bereitet Anwohnern des Admiral-Brommy-Weges zudem die Hochwassergefahr. Özürk, aber auch Maja Tegeler (Linke) sowie Kevin Lenkeit (SPD) verwiesen ebenso wie Staatsrat Ronny Meyer aus dem Senatsressort für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau auf Gutachten von Sachverständigen. Danach bestehe keine Gefahr für Wohnhäuser und Grundstücke durch Hochwasser oder Überschwemmungen.
Anwohner hatten diesen Gutachten in der jüngsten Sitzung des Petitionsausschusses freilich wenig Glauben geschenkt und den zuständigen Behörden „Ahnungslosigkeit“ vorgeworfen. Die Kritik der Anrainer griff die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Bettina Hornhues auf, die der Wasserbehörde vorwarf, mit falschen Zahlen zu operieren. Das Wasser der Lesum könne durchaus höher ansteigen, als von der Verwaltung angegeben. Vor allem, wenn bei Starkregen innerhalb kurzer Zeit 39.000 Kubikmeter Wasser den Lesumhang hinunter in den Fluss stürzten. Dann könne der Wasserstand der Lesum schnell um 20 Zentimeter ansteigen. Die Christdemokratin hatte zudem davor gewarnt, dass beim Bau der Flachwasserzone die Lehmschicht zerstört und das Grundwasser auf den Grundstücken der Anwohner ansteigen könne.
Öztürk, Lenkheit und Tegeler bekräftigten indes, dass man sich angesichts der komplexen Materie auf die Sachverständigen verlassen müsse. Und auch Staatsrat Ronny Meyer erinnerte daran, dass die Anrainer bei eventuellen Schäden an ihren Häusern und Grundstücken Anspruch auf Entschädigungen aus der Staatskasse hätten. Im Bericht des Petitionsausschusses heißt es dazu: Der Ausschuss erwarte, dass alle erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um das Eigentum der Petenten in keiner Weise zu gefährden, den Admiral-Brommy-Weg zu schützen und den sogenannten Sommerdeich in seiner Funktion zu erhalten sowie begehbar zu machen. Beim Ausbau der Flachwasserzone soll zudem eine „bodenkundliche Baubegleitung“ erfolgen.
Die Bauarbeiten für die Fisch-Kita sollten nach den Planungen der zuständigen Wirtschaft-Förderung Bremen GmbH in diesem Jahr erfolgen. Weil aber die Pläne für die Ausschreibung und die Arbeiten erst jetzt nach dem Ausschuss- und Parlamentsbeschluss vorgenommen werden, verzögert sich der Startschuss nach Mitteilung von WFB-Pressesprecherin Juliane Scholz um ein Jahr. Zudem könne die Flachwasserzone wegen der Vogelbrutzeit im Frühjahr und der Witterungsverhältnisse im Winter nur in den Sommermonaten gebaut werden.
Als unbefriedigend hatte Freidemokrat Dr. Magnus Buhlert in der Parlamentsdebatte das gesamte Kompensationsverfahren bezeichnet. Die Ausgleichsmaßnahme für den zugeschütteten Überseehafen sei zwar unausweichlich und hätte deshalb längst erfolgen müssen. Andererseits müsse man aber auch die Ängste der Bürger verstehen. Bei der Abstimmung über den Antrag, die Petition als erledigt zu erklären, enthielt sich die FDP. Derweil hat die Lesumer FDP-Ortsverbandsvorsitzende Agnes Müller-Lang in einer Pressemitteilung kritisiert, dass die Befürchtungen der Anwohner vor Hochwasserschäden nicht ernst genommen würden. Außerdem verweist sie auf die Gasleitung, die durch die künftige Flachwasserzone verlaufe und fragt: „Kann die Gefahr einer Explosion mit Sicherheit verhindert werden.“