Lesum. Als Uwe Schmieta vor fast 14 Monaten seinen neuen Job als Leiter der Oberschule Lesum antrat, wusste er, dass die Schule sich räumlich verändern wird. Schon lange ist ein Neubau geplant. Was Uwe Schmieta nicht ahnte, war, wie viel Zeit bis zum Baubeginn vergehen würde. „Ich hatte angenommen, bald stehen die Bagger vor der Tür“, schildert der 56-Jährige seine Erwartung, als er seinen Job antrat. Die hat sich längst geändert. „Ich habe mir angewöhnt, Zeitpläne zur Kenntnis zu nehmen und auf den nächsten Schritt zu warten.“ Der Baustart ist noch lange nicht in Sicht. Politik, Bildungsressort und Verwaltung streiten noch immer über den geeigneten Standort. Schmieta selbst favorisiert das Schulareal an der Straße Steinkamp.
Drei Gründe sprechen aus seiner Sicht für das Grundstück: Es gibt mehr Platz, die Anfahrtsmöglichkeiten sind vorteilhafter und weil das Areal größer ist, gibt es mehr Abstand zu den Nachbarn und somit weniger Konfliktpotenzial als an der Straße Im Heisterbusch. „Ich persönlich bevorzuge den Standort Steinkamp, aber inzwischen bin ich der Meinung: Hauptsache es wird nun überhaupt zügig entschieden.“ Auch aus dem Kollegium der Schule habe er zumindest vereinzelt Stimmen gehört, die sich für den Steinkamp als künftigen Schulstandort aussprechen. In großer Runde darüber gesprochen wurde indes nicht. Die Lehrer und die Schulleitung werden laut Schmieta in die Entscheidung, wo die Schule in Zukunft sein soll, nicht mit einbezogen.
Dafür aber in die Entwicklung des Raumkonzepts. Das hat eine Gruppe aus Lehrkräften mit zwei Moderatoren im Zuge der sogenannten Phase Null der Planung gemeinsam erarbeitet. Die Schule soll unter anderem deshalb neu gebaut werden, weil sie nicht barrierefrei ist. Darüber hinaus ist die Energiebilanz des Gebäudes Steinkamp stark verbesserungswürdig. Hinzu kommt, dass die inzwischen sechszügige Schule am Steinkamp ein Gebäude nutzt, das nie für eine so große Klassenzahl gedacht war. Und einen weiteren wichtigen Punkt erläutert der Schulleiter: „Die Aufteilung der Räume ist für eine moderne Pädagogik, für die Gruppenräume und eine transparente Gestaltung mit Sichtbeziehungen erforderlich sind, nicht geeignet. Hier gibt es vor allem viele Flure und dazu Räume, die sehr abgeschlossen sind.“
Ziel des erarbeiteten Raumkonzepts sei es, die Klassen jeweils in ihren Jahrgängen gemeinsam unterzubringen. „Die Jahrgangshäuser sollten einen Mittelpunkt haben, der als Raum für Aktivitäten, gemeinsames Lernen und für Präsentationen genutzt werden kann und wo sich auch der Aufenthaltsbereich für die Lehrkräfte, Sozialpädagogen und Assistenzkräfte befindet“, erläutert Schmieta ein Detail. Die insgesamt sechs Jahrgangsbereiche sollten sich dann wiederum um eine große Mitte oder den Eingangsbereich mit Mensa, Aula, Verwaltung und Café gruppieren. „Mir wurde zugesichert, dass das neue Gebäude, egal wo es entsteht, einer modernen Pädagogik und dem Raumkonzept gerecht wird“, sagt Schmieta.
Da der Neubau auf sich warten lässt, ist der Schulleiter froh über die Reparaturen, die am Standort Steinkamp vorgenommen wurden. Im vergangenen Jahr sind mehrere große Baumängel behoben worden: Das Dach wurde erneuert, Fenster ausgetauscht, instand gesetzt und mit Wärmeschutzfolie versehen, einige Baukörper mit Stahlstützen verstärkt. In Kürze soll noch die Fassade neu gemacht beziehungsweise befestigt werden, erzählt der Schulleiter. „Wahrscheinlich werden die Schüler, die jetzt in die sechste Klasse kommen, das neue Gebäude nicht mehr betreten. Sie sollen trotzdem eine schöne Schulzeit haben.“
Die Planung der neuen Schule ist nur eine der Herausforderungen, denen sich Schmieta bereits im ersten Jahr als Leiter der Oberschule Lesum stellen musste. Kaum hatte er seinen Job angetreten, kam der erste Lockdown. Die erste Zeit beschreibt er als „skurril“: „Ich bin jeden Tag in einen leere Schule gegangen und habe mit den Kolleginnen und Kollegen telefoniert, ohne sie persönlich zu kennen.“
Dann musste innerhalb kürzester Zeit der Fernunterricht organisiert werden. „Wir haben das Schulleben innerhalb eines Jahres sehr digitalisiert“, sagt Schmieta und nennt Beispiele: Alle Schüler und Lehrer nutzen mittlerweile die Lernplattform Itslearning und haben iPads bekommen, die Klassenräume wurden mit neuen digitalen Tafeln samt Beamern ausgestattet und es gab zahlreiche Fortbildungen zum Thema Digitalisierung. „Es ist eine große Leistung, die das Kollegium und die Schüler da erbracht haben. Allein die Nutzung der Technik auf Distanz beizubringen, war extrem schwierig. Wer jemals versucht hat, jemandem am Telefon zu erklären, wie ein Handy funktioniert, weiß das.“
Trotz aller Probleme und Unsicherheiten hat Schmieta die inhaltlichen Ziele, die er für die Oberschule Lesum erreichen möchte, nicht aus dem Blick verloren: Er plant den Ausbau der Berufsorientierung und möchte bilinguale Angebote einführen. Beides möchte er angehen – ganz unabhängig davon, wo und wie die Schüler künftig lernen werden.
Die Standortfrage
Seit mehreren Jahren wird über die Zukunft der Standorte der Oberschule Lesum Im Heisterbusch und Steinkamp debattiert. Die Gebäude sind zum größten Teil marode und sanierungsbedürftig. Zunächst schlug die Verwaltung vor, die Oberschule an der Adresse Im Heisterbusch zu konzentrieren. Dann wurde der Standort Steinkamp favorisiert, das Heisterbusch-Areal wurde für Wohnungsbaus empfohlen.
Inzwischen will man beide Standort erhalten, vor allem weil eine zusätzliche Grundschule benötigt wird. Der Beirat ist für eine Grundschule am Heisterbusch, die mit der Paul-Goldschmidt-Schule für körperliche und motorische Entwicklung an der Louis-Segelken-Straße kooperieren könnte, sowie eine Oberschule am Steinkamp.
Eine Machbarkeitsstudie, die ein Hamburger Architekturbüro erstellt hat, eröffnete kürzlich allerdings zwei ganz andere Varianten. Diese werden von Bildungsbehörde und Immobilien Bremen bevorzugt. Eine sieht die Konzentration der Oberschule auf dem Areal Im Heisterbusch und Neubau einer Grundschule auf einem Teil des Steinkamp-Geländes vor. Die zweite Variante beinhaltet die vollständige Aufgabe des Schulstandortes Im Heisterbusch und die Neubauten von Oberschule und Grundschule am Steinkamp.