Lesum. „Schnee über Venedig“ lautet der Titel – und abgesehen von diesen Buchstaben ist das Buch schneeweiß. Grünes, wildes Astgewirr ziert hingegen „Die Reise zum Mittelpunkt des Waldes“, während das Cover des Buches „Das ist das Bauhaus!“ gradlinig und übersichtlich gestaltet ist. Trotz unterschiedlichster Themen haben diese drei und weitere 22 Bücher eines gemeinsam: Ihre besondere Gestaltung, für die sie ausgezeichnet wurden. Die Buchhandlung "Lesumer Lesezeit" präsentiert in Kooperation mit dem Kunstraum Lesum "die schönsten deutschen Bücher des Jahres 2019“. Ausgewählt hat sie die Stiftung Buchkunst.
Beim Wettbewerb 2019 konkurrierten 682 eingereichte Titel um die Auszeichnung. Aus ihnen wählten 14 Juroren in einem zweistufigen Verfahren die 25 schönsten deutschen Bücher des Jahres – jeweils fünf in den fünf Kategorien „Allgemeine Literatur“, „Wissenschaftliche Bücher, Lehr- und Schulbücher“, „Ratgeber, Sachbücher“, „Kunstbücher, Fotobücher, Ausstellungskataloge“ sowie „Kinderbücher, Jugendbücher“. Die schlussendlich ausgewählten Bücher sind laut Jury „vorbildlich in Gestaltung, Konzeption und Verarbeitung“ und zeigen eine große Bandbreite gestalterischer und herstellerischer Möglichkeiten. Außerdem verdeutlichen die prämierten Bücher wichtige Trends und Strömungen der deutschen Buchproduktion.
Die Auswahl ist vielseitig, im wahrsten Sinne des Wortes. Mit dabei sind Kataloge wie zum Beispiel der Katalog zu der Ausstellung „Hans Christian Andersen. Poet mit Feder und Schere“, die in der Kunsthalle Bremen zu sehen war. In der Kategorie Kinderbuch findet sich das Buch „Begel, der Egel“, das in leuchtenden Farben die Abenteuer eines überraschen sympathischen Blutsaugers erzählt. Und auch neu aufgelegte Klassiker gehören zu den Preisträgern; so hat Kat Menschik in grellem Orange Edgar Allan Poes „Unheimliche Geschichten“ illustriert.
Svenja Esch, Inhaberin der Lesumer Lesezeit, gefällt, dass die aktuellen 25 schönsten deutschen Bücher vollkommen unterschiedlich sind, sowohl in der Gestaltung, bei den Themen und bei den verwendeten Materialien. Ihr Favorit ist „Oh, eine Pflanze“ von Felix Bork. Das farbenfrohe Werk, das von der Kritik begeistert aufgenommen wurde („Dieses Buch ist vermutlich das lustigste Sachbuch über Pflanzen, das Sie je gelesen haben.“), kommt gleich mit 230 Illustrationen daher. „Die Art, wie er die Pflanzenwelt künstlerisch, aber auch sehr präzise darstellt und die kleinen gestalterischen Raffinessen, die überall zu entdecken sind – das ist in seiner Gesamtheit einfach wunderbar“, sagt Svenja Esch. Schon der Vorgänger-Band „Oh, ein Tier“ gehörte zu den 25 schönsten deutschen Büchern des Jahres 2017.
Die ausgewählten Bücher gehen außerdem ins Rennen um den mit 10 000 Euro dotierten „Preis der Stiftung Buchkunst“. Das Gewinnerbuch 2019 "Name Waffe Stern“ beschäftigt sich mit dem Emblem der Roten Armee Fraktion. Entstanden ist es aus der Diplomarbeit dreier Absolventen der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst: Felix Holler, Jaroslaw Kubiak und Daniel Wittner. Dem Buch ging eine ausführliche Materialrecherche voraus, deren Funde collagenartig zusammengefasst sind: Fotos, Publikationen, Erinnerungsberichte, Einschätzungen und Behauptungen, Asservate und Polizeiakten.
„Das ausgezeichnete Buch zeigt, wie aus Buchstaben und Bildern Waffen werden. Eine zeichentheoretische Entzauberung, hoch willkommen in Zeiten, da zum RAF-Komplex scheinbar alles gesagt ist und das Logo der Terrorgruppe als historische Ikone längst in die Pop-Kultur Einzug gehalten hat“, sagte die Leipziger Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke in ihrer Laudatio zur Preisverleihung im September in Frankfurt.
Die prämierten Bücher werden in einer Wanderausstellung gezeigt – eine Station ist seit rund drei Jahrzehnten die Buchhandlung an der Hindenburgstraße. Deren damaliger Inhaber Peter Liebricht hatte den Kontakt zur Stiftung Buchkunst hergestellt. „Als ich die Buchhandlung übernommen habe, habe ich die Ausstellung sozusagen geerbt“, erzählt Svenja Esch. Cornelia Lohmann stellt ihren Kunstraum für die Ausstellung zur Verfügung. Schließlich solle der Kunstraum ein Raum der Begegnung sein – und derzeit dient er der Begegnung mit den schönsten Büchern.
Ergänzt wird die Ausstellung durch die kleine Nebenausstellung „Unsere Schönsten“, in der die Mitarbeiter der Lesumer Lesezeit eigene Buch-Entdeckungen der jüngsten Zeit präsentieren. Bei diesen Kleinoden steht ebenfalls die Gestaltung, aber auch der Inhalt im Mittelpunkt, exemplarisch sei hier das Reise- und Kochbuch „Schwarzes Meer“ genannt, das durch schwarzen Wellenschlag auf dem Cover auffällt.
Weitere Informationen
„Die schönsten deutschen Bücher 2019“ sind in der Buchhandlung Lesumer Lesezeit und im Kunstraum Lesum, beide Hindenburgstraße 57, zu sehen. Die Ausstellung läuft noch bis Sonnabend, 25. Januar. Öffnungszeiten sind Montag bis Freitag jeweils von 9 bis 13 Uhr und 14.30 bis 18.30 Uhr sowie Sonnabend von 9 bis 14 Uhr. Weitere Auskünfte gibt es unter Telefon 04 21 / 63 37 99.