Unter den Augen von Bremens Klimaschutz-Senatorin Maike Schaefer startete auf dem Findorffmarkt ein Projekt mit dem Titel „Findorff geht voran: Verpackungsmüll reduzieren, Mehrweg nutzen!“. Unter Federführung des Vereins Klimazone Findorff sollen Geschäftsleute und Kundschaft dazu motiviert werden, soweit möglich auf Einweg-Verpackungen zu verzichten. Stattdessen sollten wiederverwendbare Alternativen genutzt werden, wo immer es geht. Und es gehe viel öfter als allgemein bekannt, hieß es. Dass ein kleiner Stadtteil nicht die Welt verbessern kann, ist allen Beteiligten klar. Unmissverständlich wurde der Projektstart mit einem Appell an die politischen Entscheidungsträger verbunden.
Zum Beispiel von Jürgen Schnier, Initiator der Klimazone Findorff, die Anfang 2018 als zweijähriges Klimaschutz-Projekt des Bundesumweltministeriums begann, und sich mit Ende der Förderfrist im vergangenen Jahr in Vereinsform verstetigte. Die bisherigen gesetzlichen Maßnahmen seien allenfalls „halbherzig“, gebremst durch den Widerstand der Lobbyisten der Verpackungsindustrie, kritisierte Schnier. „Wir brauchen jetzt richtig große Schritte“, mahnte der Findorffer Klimaschützer. Ein Jahr lang hatte er das Projekt vorbereitet, Gleichgesinnte gesucht, sich mit den zuständigen Behörden abgestimmt, Informationsmaterial erarbeitet, und zum Projektstart 35 Markt-Beschicker und rund 20 Findorffer Geschäftsleute für die Sache einbinden können. Erkennbar machen sie sich mit dem gemeinsamen Markenzeichen: einem grünen Smiley auf knallig pinken Grund. Projektpartner sind Bremens Senatorin für Umwelt und Klimaschutz, Ortsamt West und Beirat Findorff, die Bremer Stadtreinigung, das Bündnis für Mehrweg sowie das Nachhaltigkeitsnetzwerk Renn.nord.
Auch beim Großmarkt Bremen sei man sehr aufgeschlossen für das Thema, sagte Jörg Niepel, Sprecher des Findorffmarkts. Denn die Wochenmärkte könnten zum Vorreiter dabei werden, Verpackungsmüll erst gar nicht entstehen zu lassen. „Wir begrüßen es, wenn Kundinnen und Kunden ihre Mehrwegbehälter oder den Baumwollbeutel zum Einkaufen mitbringen“, so der Marktsprecher. Auf der anderen Seite scheitere der gute Wille oft am Kostenfaktor. Sein Beispiel: „Wenn ich eine Palette Beeren kaufe, besteht sie zu zwei Drittel aus Plastik“. Umweltfreundlichere Verpackungen könnten sich nicht durchsetzen, weil sie doppelt so teuer seien. Darum müsse „politisch was passieren“, so Niepel.
Dies konnte auch Meike Schaefer bestätigen. Bremens Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Stadtentwicklung erwartet von der Bundesregierung, die Verpackungsverordnung zu überarbeiten. „Es gibt weltweit ein riesiges Problem mit Plastik in der Umwelt“, so Schaefer. „Aber das Bewusstsein ändert sich.“ Auf Landesebene sei man bereits aktiv geworden, etwa mit einem Vorstoß zum Verbot von Einweg bei Veranstaltungen. „Wir müssen Systeme entwickeln, die für die Verbraucher bequem sind“, so die Senatorin.
Im Alltag sei die Umsetzung je nach Sortiment ganz unterschiedlich kompliziert, erklärte Marcella Dammrat-Tiefensee, Vorsitzende des Vereins der Findorffer Geschäftsleute e.V. Plastiktüten sind in ihrer Boutique schon lange kein Thema mehr, und auch in Papiertaschen werde nicht automatisch verpackt. „Wir fragen immer proaktiv, ob die Kundin oder der Kunde einen Einkaufsbeutel dabei hat, und bieten auch die Findorff-Stofftaschen an.“ Zerbrechliche Ware werden in altes Zeitungspapier gewickelt. „Manche Kunden finden das komisch. Aber dann sage ich immer: Das habe ich von meinen umweltbewussten Kindern gelernt.“
Doch selbst fertige Speisen, Feinkost, Suppen oder andere Frischwaren können und dürfen durchaus komplett müllfrei in eigenen Behältnissen eingekauft werden: Darüber informiert die projektbegleitende Broschüre „Wir machen mehr weg“, die den Ablauf einer hygienisch sicheren und sauberen Übergabe zusammenfasst und Schritt für Schritt bebildert. Grundsätzlich gelte: Trotz Corona seien Annahme und Befüllen mitgebrachter Behältnisse erlaubt, solange gewisse Regeln eingehalten würden, erklärte Jürgen Schnier, der sich zuvor unter anderem bei Lebensmittelüberwachung und Gesundheitsbehörde abgesichert hat. Den meisten Menschen sei bewusst, wie wichtig der Klimaschutz ist, sagte er zum Projektstart. „Aber sie müssen wissen, woran sie sind und was sie dürfen. Das alles muss viel besser und einfacher kommuniziert werden.“