Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Bremen-Findorff Immer wieder Wasser im Keller

Die Bewohner der Holzmindener Straße in Bremen-Findorff sind verzweifelt: schon viermal standen in diesem Jahr ihre Keller unter Wasser. Aber woran liegt das, und was kann man dagegen tun?
06.11.2023, 07:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Anke Velten

Von den starken Regenfällen dieses Jahres waren zahlreiche Bremer Haushalte betroffen. Doch manche stärker als andere. Nachbarn aus der Holzmindener Straße im Findorffer Ortsteil Regensburger Straße haben vor einigen Wochen einen Brief an Hansewasser und an die Bausenatorin geschickt. Die Antworten waren verständnisvoll und ausführlich – hilfreich waren sie nicht, sagen die Absender. Sie fragen sich, ob es wirklich nur höhere Gewalt ist, die zu der Häufung von Überschwemmungen geführt hat, oder ob möglicherweise etwas anderes dahintersteckt.

Arnold Müller hat vor drei Jahren eine Hebeanlage einbauen lassen. Im Juni dieses Jahres nützte ihm die Investition in fünfstelliger Höhe nichts: „Zweimal ist der Schacht vollgelaufen. Das Wasser verteilte sich im gesamten Keller“, erzählt der Findorffer. Nachdem der Kellerboden ausgepumpt und trockengefeudelt war, sickerte noch tagelang Wasser durch die Fliesenfugen, berichtet Ehefrau Petra Scheunemann.

Probleme gibt es immer nachts

Nach der ersten Überschwemmung am 20. Juni habe er sich noch selbst die Schuld gegeben, erklärt Andreas Rath, der mit seiner Familie auf der gegenüberliegenden Straßenseite wohnt. „Der Deckel des Revisionsschachtes war etwas rostig. Nachdem ich ihn sofort ausgetauscht hatte, dachte ich, wir wären auf der sicheren Seite. Doch zwei Tage danach kam das Wasser durch den Kellerboden.“ Die undichte Stelle habe er immer noch nicht entdeckt, so der pensionierte Physiklehrer.

Viermal stand in diesem Jahr bei Günther Hagedorn der Keller unter Wasser. „Im Oktober waren es 35 Zentimeter“, erzählt er. Helmut und Ursula Gottwald haben vor Jahren den Kanal unter ihrem Haus fachgerecht sanieren und einen Rücklaufschutz installieren lassen. Der Keller sei dennoch viermal vollgelaufen, „so wie bei 90 Prozent aller Häuser in unserer Straße.“

Immer wieder nachts

Auffällig findet Petra Scheunemann, dass die Überschwemmungen ausschließlich nachts passiert seien. Und sie fragt sich, ob da jemand in der Schaltzentrale nicht richtig aufgepasst hat. Die eine Straßenseite grenzt an die große Findorffer Sportanlage. Hinter der anderen sind – für Findorffer Verhältnisse – sehr große und grüne Gärten, die visavis an ebenso große Gärten der Augsburger Straße grenzen. Dort gebe es die Probleme mit den überschwemmten Kellern aber nicht. „Es ist schon merkwürdig“, sagt Helmut Gottwald, der den Brief an die zuständigen Stellen im Namen von 65 unterzeichnenden Nachbarinnen und Nachbarn formuliert hatte: „Zwölf Jahre war hier Ruhe im Karton, obwohl es auch zwischendurch immer mal heftige Regenfälle gab. Irgendetwas stimmt doch hier nicht!“ In der Straße herrsche „große Resignation“, weiß Ursula Gottwald. Sie sagt: „Man lässt uns hier gepflegt absaufen.“

„Kanal ist voll leistungsfähig“

Am Kanalsystem liege es jedenfalls nicht, betont man bei Hansewasser. Eine Inspektion vor zwei Jahren habe ergeben, dass der Mischwasserkanal voll leistungsfähig sei, erklärt Hansewasser-Sprecherin Jana Küffner. Auch das Pumpwerk Findorff habe in den betreffenden Nächten „ordnungsgemäß mit voller Förderleistung“ gearbeitet und „alle Optionen zur sofortigen Entlastung des Kanalnetzes ausgeschöpft.“ Die hohen Wasserstände seien folglich nicht durch Überstau aus dem Kanalnetz, sondern auf Oberflächenabfluss zurückzuführen. Die Frage, warum selbst unmittelbar benachbarte Straßen und Häuser völlig unterschiedlich von Oberflächenwasser betroffen sein können, erklärt Katherina Seiter vom Geologischen Dienst Bremen mit den „sehr heterogenen“ Untergrundverhältnissen. Grundsätzlich sei das Versickerungspotenzial in ganz Findorff mit seinem Untergrund aus Schluff und Ton begrenzt. Sie bildeten in einer Tiefe von einem bis etwa vier Metern eine nahezu undurchlässige Schicht, durch die das Oberflächenwasser nicht oder nur langsam versickern könne, erklärt die Diplom-Geologin.

Wenig hilfreiche Antwort

In einem ausführlichen Brief drückt Bremens Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft, Kathrin Moosdorf, den Nachbarn ihr Bedauern über ihre Schäden aus und zählt die unterschiedlichen Ursachen für die Überschwemmungen auf: Das Oberflächenwasser, das bei tiefer gelegenen Gärten in Häuser fließe, der mangelnde Rückstauschutz, schadhafte Grundleitungen in den Häusern, undichte Keller. „Das wissen wir alles“, sagt Helmut Gottwald. Mit Allgemeinplätzen sei nicht zu helfen, und auch nicht mit individuellen Beratungsterminen. „Wir haben hier kein punktuelles, sondern ein ganzheitliches Problem“, erklärt der Findorffer. In der Nachbarschaft habe man den Eindruck, dass die Verantwortung auf die Hauseigentümer abgeschoben werde. „Die Kommune überlässt die Bürger ihrem Schicksal nach dem Motto: Pech gehabt!“.

Ärger auch in Walle

„Es muss sich doch irgendetwas verändert haben“, glaubt auch eine Anwohnerin der Wulsdorfer Straße in Walle, die vor einigen Tagen im Namen einer großen Gruppe von Nachbarn im Waller Beirat vorsprach. „Wir wollen das nicht mehr hinnehmen.“ Auch die Häuser in der kleinen Seitenstraße der Vegesacker Straße seien in diesem Jahr „viermal abgesoffen, teilweise kniehoch“, mittlerweile könne man nicht mehr ruhig schlafen, wenn Regenfälle vorhergesagt würden, so die Wallerin. Mit Tränen in den Augen berichtete eine weitere Anwohnerin über Sanierungskosten in Höhe von 28.000 Euro, und davon, dass sie keine Besucher mehr ins Haus lasse. „Alles stinkt!“, erzählte sie. In der Nachbarschaft wird vermutet, dass das Kanalsystem den Anforderungen nach den zahlreichen Neubauten nicht mehr gewachsen sei. Zudem sei der Kanal unter der Vegesacker Straße seinerzeit nicht tief genug verlegt worden und drücke bei Höchstbelastung das Abwasser in die Seitenstraßen, hieß es. Der Beirat hatte keine spontanen Erklärungen und Lösungsvorschläge. Beschlossen wurde daher, Vertreter von Hansewasser und aus den zuständigen senatorischen Ressorts in Kürze nach Walle zu bitten.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)