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Papageienschutz-Centrum Hilfe für Papageien

Papageien sind keine Haustiere. Davon ist Hans-Hermann Braune überzeugt, der mit viel Aufwand ein Papageienschutz-Centrum leitet.
03.08.2023, 09:00 Uhr
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Von Anke Velten

Vier Jahre lang hatte man von den Findorffer Papageien nichts gesehen oder gehört – die Pandemie war schuld. Doch nun ist wieder Besuchszeit. An den beiden Sonntagen vom 6. August und 17. September öffnet das Papageienschutz-Centrum seine Türen für die Öffentlichkeit. Die Besucherinnen und Besucher sind willkommen, die Vögel zu beobachten, die hier ihr Refugium gefunden haben. Aber: „Wir sind kein Zoo“, betont der Vereinsvorsitzende Hans-Hermann Braune. Seit 25 Jahren engagiert sich der Verein für Aufklärung, damit sich in den Köpfen und in der Politik etwas bewegt.

In den beiden gläsernen Flughallen, sechs Meter hoch und zusammen 560 Quadratmeter groß, geht es den Tieren so gut wie nie zuvor. Die Graupapageien und Amazonen finden hier Artgenossen und Partner, Platz zum Fliegen, eine Vegetation, die ihnen Abwechslung bietet, Rückzugsorte und Ruhe vor den Menschen. Die ausgebildeten Tierpfleger kennen jeden ihrer Vögel, doch sie nähern sich ihnen mit professioneller Distanz. „Wir suchen nicht die Beziehung“, erklärt Tierpflegerin Sandra Schulz. „Die Vögel dürfen hier Vögel sein.“ Eine wirklich artgerechte Haltung kann es dennoch nicht sein, weiß Braune. „Wir jubeln das nicht hoch“, sagt der 70-Jährige.

„Wir müssen die Käfige leeren, nicht vergrößern“: Mit diesem Zitat des Tierrechtlers Tom Regan werden Besucher der Vereins-Homepage papageienschutz.de empfangen. Es wird geschätzt, dass weltweit 50 Millionen Papageienvögel als Haustiere gehalten werden, 3,5 Millionen in Deutschland. Der Verein hat dazu eine ganz klare Position. „Gefangenschaft ist niemals artgerecht“, sagt Braune. „Artgerecht ist nur die Freiheit.“

Viele Papageienarten sind vom Washingtoner Artenschutzabkommen streng geschützt, der Wildfang ist verboten. Dass der lukrative illegale Handel dennoch floriert, ist kein Geheimnis. Für seltene Arten wird in Europa gutes Geld bezahlt, von Leuten, die die imposanten Exoten als luxuriöses Dekorationsobjekt oder Statussymbol besitzen wollen. Gut die Hälfte der lebendigen Schmuggelware überlebt den Transport nicht.

Von Tieren, die in Kisten oder Jutesäcken zwischen Autositzen geklemmt verendet entdeckt wurden, berichtete die Süddeutsche Zeitung kürzlich in einer Reportage. Der Bremer Verein fordert ein grundsätzliches Verbot der Papageienhaltung – das schließt auch Nachzüchtungen ein, erklärt Braune.

Gegründet wurde der Verein im Jahr 1998 von einer Gruppe von Papageienhalterinnen und –haltern, die ihren eigenen Tieren eine bessere Umgebung ermöglichen wollten, erzählt die Vereinschronik. Doch die Wurzeln des Engagements gehen auf Elisabeth Willich-Braune zurück, die auf mehreren Südamerikareisen mit eigenen Augen sah, wie Papageien in Freiheit leben, erzählt ihr Ehemann. „Sie sagte: Was machen wir mit den Vögeln!“

Seit 2004 betreibt der Verein sein „Fluggehege für geschädigte Papageien“ auf dem Gelände einer ehemaligen Gärtnerei im Findorffer Parzellengebiet. Die Vögel, die in Findorff gelandet sind, stammen aus ganz Deutschland, so Braune – „weil wir einzigartig sind.“ Einige hatten ihre Besitzer überlebt und wurden als unerwünschte Erbmasse in Tierheimen abgegeben, andere stammen aus Beschlagnahmungen von Behörden. Mit 45 Papageienvögeln ist die Einrichtung längst an ihre räumlichen und personellen Grenzen gelangt, es gilt ein Aufnahmestopp. Ausnahmen werden nur in Notfällen gemacht, erklärt Braune.

Graupapagei Nelly war ein solcher Fall. Als sie im Februar ins Papageienhaus kam, sah man ihr ihre Geschichte sofort an. Aus Verzweiflung und Einsamkeit hatte sie sich fast ihr gesamtes Gefieder ausgerupft. „In Gefangenschaft neigen Papageien zur Selbstzerstörung“, erklärt Braune. Mittlerweile hat Nelly sich gut erholt, sitzt entspannt auf ihrem Ast und nagt an einem Hirsekolben.

Die Versorgung und Betreuung der Tiere ist aufwendig – und sehr teuer. Der Verein beschäftigt drei ausgebildete Tierpflegerinnen und Tierpfleger und einen Mitarbeiter, der sich um die Gehege kümmert, die Pflanzen pflegt und die Astkonstruktionen baut, die den Vögeln zum Knabbern und Klettern dienen.

„Ehrenamtlich ist das nicht zu leisten“, erklärt Braune. Monatlich zwischen neun- und zehntausend Euro muss der Verein für den Betrieb des Papageienschutz-Zentrums aufbringen, für die Gehälter der Mitarbeiter, für Futter und die nicht unerheblichen Tierarztkosten. Vom Bremer Tierschutzverein gibt es dafür einen monatlichen Zuschuss. Dankbar sei der Verein auch für die beiden Biohändler vom Findorffmarkt, die das Gehege regelmäßig kostenlos mit Obst und Gemüse versorgen. Verbleiben rund 90 Prozent an Kosten, die aus den Vereinsbeiträgen der zurzeit 70 Mitglieder finanziert werden müssen, sowie aus Patenschaften und Spenden.

Auch darum sei der Verein erleichtert, mit den Besuchertagen wieder an die Öffentlichkeit gehen zu können, sagt Braune. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die Zeit genutzt, um viele kleine und größere Renovierungsarbeiten durchzuführen und die große Ausstellung im Vorraum der Flughallen zu erweitern. Unterstützen kann man den Verein durch Spenden und Mitgliedschaften – und durch Erkenntnis und Einsicht. „Das Schönste ist es für uns, wenn die Leute nach dem Besuch im Papageienschutzzentrum sagen: Wir haben hier viel gelernt“, sagt Braune, „vor allem dieses: Papageien sind keine Haustiere.“

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